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Gemeinderat, 25. Sitzung vom 06.03.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 65 von 91

 

Am 3. Mai 1995 wurde von einem Bauträger namens C & R Ökologische Bauprojekte GesmbH ein Widmungsansuchen für ein Wohnhausprojekt in der Tautenhayngasse 19 bei der Magistratsabteilung eingereicht. Der Wunsch der Firma war reine Wohnwidmung. Gewidmet wurde gemischtes Baugebiet beziehungsweise Wohnbaugebiet, Bauklasse III, 16 Meter Höhe. Nur die Ordnungsnummer 19 in der Tautenhayngasse, wo eben der Besitzer des Grundstückes C & R ist, wurde als GB, gemischtes Baugebiet, Strukturgebiet, gewidmet, hat mehr Trakttiefe – etwas, was immer wieder bekämpft worden ist – und eine Bauhöhe von 23 Metern, also auch mehr als bei den anderen. Das ist auch bei all den Fällen bekrittelt worden. Und das bedeutet ausgerechnet eine Kubaturerhöhung von sage und schreibe 102 Prozent gegenüber der alten Widmung.

 

Das ist eine saftige Wertsteigerung, meine sehr verehrten Damen und Herren, und so etwas nennt man ja bekanntlich Widmungsgewinn, der da in eine private Firma eingeflossen ist. Das ist der Unterschied zur Baugenossenschaft, die den Widmungsgewinn an den Mieter weitergeben würde.

 

Und jetzt kommt das Spannende. Wissen Sie, wer in dem Widmungsbegehren der Firma C & R Geschäftsführer und Gesellschafter war? Das war ein Gemeinderat der Stadt Wien. Es wäre nicht auszuschließen, dass es, wenn das einer von der SPÖ oder der ÖVP wäre, Tobsuchtsanfälle gebe. Skandal! Skandal! Das ist es. (GR Günter Kenesei: Ihr macht es über Dritte!) Aber nein, meine Damen und Herren, es war ein grüner Gemeinderat. Es war ein grüner Gemeinderat, der – jetzt sage ich es sehr genau – zum Zeitpunkt des Widmungsbegehrens am 3. Mai 1995 und bei der Beschlussfassung am 9. August 1996 diesem Haus angehörte und auch noch heute diesem Hause angehört. Ich bin gespannt, wie die Grünen damit umgehen. Die nachfolgenden Redner werden das sicher erklären. (GR Godwin Schuster: Doppelmoral! Totale Doppelmoral!

 

Es ist ein bisschen eine schiefe Optik dabei: Ein grüner Gemeinderat sucht an in Bezug auf eine Firma, bei der er Gesellschafter und Geschäftsführer ist und beschließt sich im Gemeinderat gleich selbst die Flächenwidmung, wodurch es eine Kubaturerhöhung gibt. Noch einmal: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen, meine Damen und Herren. Ich will aber den Kollegen nicht kriminalisieren.

 

Ich sage nur: Der Gemeinderat hat nicht die Grundaufwertung beschlossen, sondern 10 000 Wohnungen in Wien neu zu bauen, und dafür da hat er für Grundflächen zu sorgen.

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man könnte noch länger darüber reden. Es ist eben so ein Bild: Man wirft dem anderen etwas vor, muss aber dabei aufpassen, dass man selbst nicht ertappt wird. Das ist halt doch eine gewisse Zweigleisigkeit, und das wirft auch ein Licht, glaube ich, auf die Glaubwürdigkeit so mancher Oppositionspolitiker.

 

In diesem Sinne ersuche ich Sie trotzdem um Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr GR Mag Chorherr. Bitte.

 

GR Mag Christoph Chorherr (Grüner Klub im Rathaus): Meine Damen und Herren!

 

Die gesamte Geschichte des Widmungsskandals – ja, des Widmungsskandals – hat ja eine Reihe von Akten. Ich werde, gerade wegen der Rede des Kollegen Ekkamp, auf alle diese Akten eingehen und versuchen, mit einer gewissen Ruhe einfach eine Analyse dessen vorzunehmen.

 

Der Akt eins ist das, was die Ursache des Ganzen war und worüber man sich immer wieder wundert. Es gibt übergeordnete Interessen dieser Stadt: Grünpläne, Stadtentwicklungspläne, Wünsche des Bezirks, Überlegungen, was wie dicht wo gebaut werden soll. Und dann gibt es Wünsche des Bezirksvorstehers (GR Godwin Schuster: Der Bezirksvertretung!), der Bezirksvertretung, alle möglichen Dinge. Und wenn man heute durch gewisse Siedlungen geht, fragt man sich oft: He, wieso ist denn der Spielplatz so klein, oder warum ist es dort so dunkel, warum fällt da kein Licht ein? Und dann denkt man: Wer hat den da so komisch geplant?

 

Tatsache ist, dass alle Grundstückseigentümer, ob Genossenschaften oder Private, aus kommerziellen Gründen eine einzige Rechnung vornehmen, wenn sie ein Grundstück kaufen. Diese Rechnung lautet: Ganz schnell einen Architekten drübergehen lassen, der berechnen kann, wie viel erzielbare Nutzfläche dort möglich ist, weil sich der Wert eines Grundstückes aus der erzielbaren Nutzfläche bestimmt. Und man wird alles versuchen, um die Nutzflächen zu erhöhen.

 

Soweit, so ein sichtbarer Interessenkonflikt. Und dass auch eingereicht wird mit dem Wunsch, ich hätte dort gerne eine höhere Widmung, das ist ja soweit legitim.

 

Der Punkt ist der – und das war der Grund des Widmungsskandals, das war der Grund des Untersuchungsausschusses; dabei bin ich noch immer nur beim ersten Akt –, dass bei allen dokumentierten Fällen am Rande der Legalität mit dubiosen Methoden immer den Wünschen gewisser Bauträger Rechnung getragen wurde. Entgegen übergeordneten Interessen! Das ist der zentrale Punkt.

 

Und dass da nichts herausgekommen wäre, möchte ich Ihnen mit einem einzigen Satz jetzt hier widerlegen. Der dritte Akt lautet dann: Wie reagiert die SPÖ auf das? Ich zitiere den Herrn Kontrollamtsdirektor Dr List vom 4.12., der berichtet hat, dass er gewisse Teile an die Staatsanwaltschaft übermittelt würde, mit folgender wörtlichen Begründung. Nur weil Sie sagen, es ist eh nichts passiert, Herr Kollege Ekkamp. Ich zitiere den Kollegen List, denn uns glauben Sie nicht, das werde ich auch nicht ändern, auch wenn hier ich fünf Stunden rede. Der Kollege List sagt: "Die Vorlage an den Staatsanwalt erfolgte in Fällen, in denen ganz konkret strafbare Handlungen vermutet werden und es hierfür nach Möglichkeit auch Beweise gibt." – Das sagt nicht der böse Kenesei oder der Chorherr oder sonst wer, das sagt der Kollege List: "konkrete strafbare Handlungen vermutet" und "hierfür nach Möglichkeit auch Beweise gibt".

 

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