Gemeinderat,
25. Sitzung vom 06.03.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 39 von 91
Österreich öffentliche Dienstleistungen bleiben sollen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich an dieser
Stelle vielleicht noch ein paar allgemeine Bemerkungen zu diesen
GATS-Verhandlungen machen. Diese Verhandlungen sind auch heute wieder von
linken Politikern, von ultralinken Politikern bis hin zu anderen Politikern der
linken Mitte, sehr kritisiert worden. Sie werden vielfach wie ein
kapitalistisches Teufelswerk dargestellt. Aber diese Verhandlungen und der
freie Welthandel insgesamt sind eigentlich dazu da, die Entwicklungsrückstände
in den Entwicklungsländern aufzuholen. (GR
Mag Thomas Reindl: Wissen Sie, wovon Sie sprechen?) Es sind gerade die
Entwicklungsländer jene Länder, die unmittelbar auf diesen freien Welthandel
angewiesen sind, weil die Entwicklungsländer ihre Waren, ihre Dienstleistungen
auf den reichen, den industrialisierten Märkten mit hoher Kaufkraft verkaufen
wollen. (GR Dipl Ing Martin Margulies: Das ist doch nicht die
Realität!)
Herr Kollege, es wird daher diese laufende
Verhandlungsrunde - das kommt nicht von ungefähr - ausdrücklich als
Entwicklungsrunde bezeichnet. Diese Entwicklungsrunde wurde auch in einem
Entwicklungsland begonnen, nämlich bei einer Verhandlung im arabischen Emirat
Katar. Die Verhandlungen, die momentan laufen, sind auch nach dem
Verhandlungsort in Katar, der Stadt Doha, benannt. Die laufenden Verhandlungen
bilden den Rahmen der so genannten Doha-Entwicklungsrunde. Diese Verhandlungen
sollen den Entwicklungsländern möglichst rasch zusätzlichen Zugang zu den
Weltmärkten mit hoher Kaufkraft ermöglichen. (Mag Thomas Reindl: Warum öffnen dann die USA nicht die Märkte für die
Entwicklungsländer?)
Meine Damen und Herren, es haben zwei Fraktionen in
diesem Haus heute Beschluss- und Resolutionsanträge zu diesem Thema
eingebracht, nämlich die sozialdemokratische Fraktion auf der einen Seite und die
Grünen auf der anderen Seite. Beide Fraktionen fordern in ihren Anträgen gleich
lautend einen sofortigen Stopp dieser Verhandlungen. Der Stopp dieser
Verhandlungen würde auch bedeuten, dass der Abschluss der laufenden
Doha-Entwicklungsrunde auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben wird. Ein Stopp
der Verhandlungen würde bedeuten, dass damit auch alle Förderungsmaßnahmen für
die Entwicklungsländer in weite Ferne geschoben werden. (GR Dipl Ing Martin Margulies: Das wäre gut!) Eine weitere
Verzögerung dieser Entwicklungsrunde wäre damit ein Rückschlag für die
Entwicklungsländer und für die Entwicklungshilfe. (GR Mag Thomas Reindl: Zählen Sie fünf Vorteile auf!) Die
freiheitliche Fraktion wird schon aus diesen Gründen diese beiden Anträge
ablehnen. (Beifall bei der FPÖ.)
Meine Damen und Herren, natürlich versucht jedes Land
bei diesen internationalen Verhandlungen für sich das Beste herauszuholen. Das
ist selbstverständlich. Jedes Land präsentiert einen für sich selbst optimalen
Vorschlag. Die Vorschläge - darauf hat der Herr Stadtrat im Rahmen dieser
Verhandlungsrunde hingewiesen - sollen bis zum 31. März dieses Jahres,
also noch in den nächsten drei Wochen, abgegeben werden. Herr
Vizebürgermeister, Sie haben in diesem Zusammenhang heute wieder eine Sorgfaltspflicht
der Regierung bei diesen Verhandlungen eingefordert, eine Sorgfaltspflicht für
die Wirtschaft, aber auch für die Länder, die Gemeinden und die Städte. Die
Bundesregierung hat diese Sorgfaltspflicht für unsere österreichischen
Interessen bei diesen Verhandlungen sehr genau erfüllt. Die österreichische
Bundesregierung hat bei ihren Verhandlungen in Brüssel etwa durchgesetzt, dass
jene Dienstleistungen, die unsere österreichischen Interessen berühren, eben
nicht in diesem Verhandlungsvorschlag der EU enthalten sein werden. Die EU wird
diesen Verhandlungsvorschlag bis Ende März an die Welthandelsorganisation
übermitteln. In diesem Verhandlungsvorschlag, Herr Vizebürgermeister, wird auf
ausdrücklichen Wunsch Österreichs die Gesundheit nicht enthalten sein. In
diesem Verhandlungsvorschlag wird die Bildung nicht enthalten sein. Darin
werden Kunst, Kultur und Film nicht enthalten sein. Dieses Verhandlungsangebot
wird auch nicht das für uns alle in Wien so wichtige Wasser umfassen. Im
Angebot wird natürlich auch nicht der öffentliche Personennahverkehr enthalten
sein. Die Bundesregierung wird daher die vitalen österreichischen Interessen im
Rahmen dieser GATS-Verhandlungen sehr erfolgreich vertreten.
Meine Damen und Herren, die Bundesregierung hat sich
in ihrem Arbeitsübereinkommen, weil Sie das eingemahnt haben, auch dazu
verpflichtet, bei diesem Verhandlungsprozess ein maximales Maß an Transparenz
sowohl gegenüber dem Parlament als auch gegenüber der Öffentlichkeit zu
garantieren.
Meine Damen und Herren, zum Abschluss noch ein Wort
zum Wasser: Wir Freiheitlichen haben uns seit jeher zu unseren Wasserressourcen
bekannt. Wir waren vor zehn Jahren noch die Einzigen, die einsamen Rufer in der
Wüste, als wir im Zuge des EU-Beitritts dieses Thema angeschnitten haben.
Damals sind die sozialistischen Beschwichtigungshofräte durch das Land gezogen
und haben die Menschen gewarnt. (GR Paul Zimmermann: Das glauben Sie aber
selber nicht!) Selbstverständlich! (GR
Paul Zimmermann: Sie übertreiben wieder!) Wir haben vor zehn Jahren schon
darauf hingewiesen, dass das österreichische Wasser in der EU, aber auch bei
Verhandlungen auf internationaler Ebene, bewahrt werden muss. Damals hat es
geheißen, das ist Angstpropaganda der Freiheitlichen, daran ist überhaupt nicht
gedacht.
Vorsitzende GRin Josefa Tomsik
(unterbrechend): Herr Kollege Schock, darf ich Sie bitten, zum Schluss zu
kommen.
GR DDr Eduard Schock (fortsetzend):
Meine Damen und Herren, ich komme nun zum Schluss.
Heute, zehn Jahre später, haben auch Sie die Notwendigkeit
des Schutzes des österreichischen Wassers erkannt. Wir haben in Brüssel
durchgesetzt, dass gerade beim Thema "Wasser" die Einstimmigkeit in
der EU, das Einstimmigkeitsprinzip, weiterhin erhalten bleibt. Wir haben damit
durchgesetzt, dass Österreich ein Veto in
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