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Gemeinderat, 25. Sitzung vom 06.03.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 38 von 91

 

als dass man den Privatsektor eben über intelligente Modelle an der Besorgung von öffentlichen Aufgaben, von kommunalen Dienstleistungen, etwa beteiligt. Solche intelligenten Modelle betreffen ja etwa auch die Organisationsform dieser Dienstleistungen.

 

Es ist sicherlich nicht mehr zeitgemäß, wenn wir hier beim Thema Wasser bleiben, die Wasserversorgung beispielsweise auch in Zukunft von einer Magistratsabteilung hoheitlich durchführen zu lassen, von der MA 31 eben. Wir haben ja bereits vor zwei Jahren in diesem Haus einen entsprechenden Vorschlag vorgebracht. Wir wollen, dass die Magistratsabteilungen 30 und 31, also Kanal und Wasser, gemeinsam mit den Entsorgungsbetrieben Simmering in die Wiener Stadtwerke ausgegliedert werden. Dann wäre in Wien für diese Daseinsvorsorge ein einzelnes Unternehmen zuständig.

 

Dieser Reformvorschlag der Wiener Freiheitlichen, mit den Wiener Stadtwerken einen umfassenden kommunalen Versorger zu schaffen, entspricht ja auch der internationalen Entwicklung. Überall auf der Welt entstehen Anbieter, die neben Strom, Gas und Fernwärme zugleich auch Wasser anbieten. Das ist die Richtung, in die sich dieser Markt in Zukunft entwickeln wird.

 

Herr Stadtrat, Sie erklären immer wieder, dass sie gegen Privatisierung sind. Wir sollten uns aber nicht gegen ein gutes Geschäft in diesem Bereich wehren. Wir sollten uns nicht dagegen wehren, dass wir vielleicht auch einmal als Stadt in dieser Branche mit unserem Know-how bei Wasser und Abwasser, wo wir mit den EBS ja weltweit im Know-how führend sind, auch einmal ein gutes Geschäft machen könnten. Und, meine Damen und Herren, dieses Modell...(VBgm Dr Sepp Rieder: Sie waren nicht im Saal, wie ich gesprochen habe!) Herr Stadtrat, Sie haben eigentlich immer nur über GATS und über die Bundesregierung gesprochen, Sie haben aber mit keinem Wort die Notwendigkeit von Reformen in Ihrem ureigensten Bereich angeschnitten. (VBgm Dr Sepp Rieder: Ich glaube, Sie waren nicht im Saal, als ich gesprochen habe, sonst könnten Sie jir das ja nicht unterstellen!) Sie haben nicht angeschnitten, dass wir auch hier Reformen setzen müssen, um eben nicht das Vordringen auch ausländischer Konzerne zu ermöglichen. Wir müssen Reformen setzen, damit wir auch mit unseren Wiener Stadtwerken in dieser Branche tatsächlich konkurrenzfähig bleiben können. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Herr Stadtrat, andere Städte wie auch Berlin etwa zeigen uns das vor. Berlin-Wasser etwa macht tolle Geschäfte in den Reformländern oder in der Dritten Welt, wo nach Umweltlösungen ja eine steigende Nachfrage existiert und wo es über die Weltbank günstige Finanzierungen gibt. Wenn man bedenkt, dass im Zuge der EU-Erweiterung jetzt ja auch in den Reformländern, die der EU beitreten werden, durch die Wasserrechtslinie der Europäischen Union ein gewaltiger Investitionsbedarf entsteht, ein gewaltiger Markt vor unserer Haustür, dann wäre es doch naheliegend, dass wir offensiv in diesen Bereich hinein gehen und nicht nur immer Angst vor dem Ausland haben, vor der Übernahme durch ausländische Konzerne. Die richtige Strategie wäre hier, offensiv in diesen Markt hinein zu gehen und selbst etwa dieses Geschäft, das vor unserer Haustür liegt, auch anzugreifen und Gewinne zu machen. Bisher sind diese Chancen verschlafen worden, etwa sogar in Slowenien, in Kroatien. In unseren Nachbarländern, wo wir ja die Beziehungen hätten, wo wir ja das Geschäft machen könnten, sind bisher ausländische Anbieter, Konkurrenten im Wassergeschäft, zum Zug gekommen.

 

Herr Stadtrat, ich meine, wenn wir nicht wollen, dass ausländische Konzerne diesen Markt erobern, dann sollten wir im eigenen Haus Reformen setzen.

 

Dann sollten wir im eigenen Haus Reformen setzen. Wir sollten im Kerngeschäft der Stadtwerke, bei der Daseinsvorsorge Strukturreformen setzen. Wir meinen daher, Sie sollten die Effizienz dieser Daseinsvorsorge in Wien sicherstellen. Sie sollten ein Reformpakt für die Wiener Stadtwerke vorlegen und Sie sollten diesen Auftrag der Europadeklaration, die wir nach Möglichkeit gemeinsam beschließen wollen, auch ernst nehmen. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Meine Damen und Herren, ein Wort zum öffentlichen Personennahverkehr: Auch der steht für die freiheitliche Fraktion außer Streit. Wir bekennen uns ausdrücklich zum Vorrang der Wiener Linien bei der Erbringung dieser Verkehrsdienstleistungen in Wien. Sie haben selbst, Herr Stadtrat, auf die Beispiele in England hingewiesen, wo die Privatisierung über die britische Firma Rail Track eigentlich gescheitert ist, wo es zuerst den Anschein gegeben hat, dass diese Privatisierung erfolgreich ist, wo es Aktien, Kursvervielfachungen und große Dividendenausschüttungen gegeben hat, sich dann aber herausgestellt hat, dass diese am Anfang volle Performance auf Kosten der Sicherheit gegangen ist, weil der private Betreiber viel zu wenig in die Sicherheit des Schienennetzes investiert hat. Am Schluss hat es dann zwei dramatische Unfälle in England gegeben, die eigentlich gezeigt haben, dass die Privatisierung des Schienennetzes gescheitert ist. Erst im Vorjahr musste die britische Rail Track dann wieder vom Staat saniert und daher de facto wieder verstaatlicht werden.

 

Meine Damen und Herren, die freiheitliche Fraktion hat daher auch diesem Vertrag mit den Wiener Linien über den Personennahverkehr in Wien zugestimmt. Wir haben uns ausdrücklich zum Vorrang unserer Wiener Linien bei diesem Nahverkehr bekannt. Es stehen eigentlich von unserer Seite beim Wasser, beim Personennahverkehr all diese Dinge außer Streit und diese heutige ein bisschen künstliche Debatte ist daher schon ein Ablenkungsmanöver, wenn man sich vor Augen hält, dass die neue österreichische Bundesregierung, Herr Stadtrat, sich ebenfalls zur Daseinsvorsorge bekennt und in der Sache überhaupt keine andere Meinung vertritt. Die Bundesregierung bekennt sich in ihrem Arbeitsübereinkommen dazu, dass öffentliche Dienstleistungen wie Wasser, aber auch Kunst und Kultur, nicht weiter liberalisiert werden. Die neue österreichische Bundesregierung bekennt sich in dem aktuellen Arbeitsübereinkommen, das nicht einmal noch eine Woche alt ist, auch dazu, dass das Gesundheitswesen und das Bildungswesen in

 

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