Gemeinderat,
25. Sitzung vom 06.03.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 32 von 91
nicht verloren, sondern hätten die Zeit dort genutzt, um
tatsächlich zu diskutieren.
Bgm Häupl hat heute in der Beantwortung der
ersten Anfrage gemeint, er bedauere, dass die GRÜNEN keinen Minister haben.
Jetzt nehme ich das nicht ganz so ernst und noch viel mehr bedauert er es
wahrscheinlich, dass er keinen roten Bundeskanzler hat. Aber nichts desto
trotz, wenn ich mir jetzt die Sozialdemokratie anschaue, dann bedaure ich es
wirklich, dass wieder Schwarz-Blau gekommen ist und dazu rechnerisch keine
Alternative möglich war, nämlich eine, wo keine der beiden Parteien in der
Regierung sitzt, weder die ÖVP noch die FPÖ. Diese beiden Parteien sind nämlich
maßgeblich dafür verantwortlich, dass, wenn es nicht gelingt, dass sich in
diesem GATS-Prozess europaweit der zivilgesellschaftliche Widerstand verstärkt,
Österreich in der jetzigen Situation nicht mehr sehr viel mitzureden haben
wird, denn diese ÖVP und FPÖ-Bundesregierung, die alte wie die neue, hat
zugelassen, dass in den Forderungslisten über Wasser diskutiert wird. Diese
ÖVP-FPÖ-Bundesregierung hat zugelassen, dass in den GATS-Forderungslisten über
Bildung diskutiert wird. Das ist das große Problem und nicht jetzt sich
hinzustellen und mit einer Regierungserklärung - ich habe sie da vor mir liegen
- zu sagen: „Die Bundesregierung wird sich auf EU-Ebene dafür einsetzen, dass
in den laufenden GATS-Verhandlungen öffentliche Dienstleistungen wie Gesundheit
und Bildungswesen, Wasserversorgung, Kunst und Kultur nicht weiter
liberalisiert werden.“
Ja das sind ja alles Lippenbekenntnisse, wo wir
spätestens seit der Transitfrage wissen, welche Umfallerpartie sowohl beim
Atomstrom als auch in der Frage Transit die Volkspartei und die Freiheitlichen
sind! Wer sich jetzt im GATS-Prozess auf die österreichische Bundesregierung
verlässt, ist verlassen! Das ist das Problem, vor dem wir tatsächlich stehen
und - Volkspartei und Freiheitliche - ich spreche Ihnen jede Glaubwürdigkeit
ab, im Interesse der Bevölkerung zu handeln und zu verhandeln! Sie verhandeln
im Interesse der großen Konzerne. (StRin Dipl Ing Dr Herlinde Rothauer: Die
Industriellenvereinigung verhandelt ja!) Ja, die Industriellenvereinigung
verhandelt in ihrem Interesse! Während es uns um die Menschen geht, geht es
Ihnen um die wohlhabenden Unternehmer - bleiben wir in Wien im 19.Bezirk -,
damit die weiter ihre Interessen wahr nehmen und ihre Gewinne machen können.
Das ist das große Problem!
Kommen wir zum Bereich der Daseinsvorsorge. Was heißt
denn Daseinsvorsorge? Da geht es doch um all jene Bereiche, wo wir eigentlich
der Meinung sind, dass sich Staat, Länder und Gemeinden zum Wohle der
Bevölkerung dafür einsetzen müssten, dass Leistungen für die gesamte
Bevölkerung bereitgestellt werden. Das heißt, es ist Aufgabe des Staates
sicherzustellen, dass Leistungen bereitgestellt werden. Und an diesen
Leistungen wollen Sie durch weitere Liberalisierungmaßnahmen profitieren,
Profit machen. Das ist absurd und widerspricht dem Daseinsvorsorgebegriff! Das
heißt nicht, dass es nicht in manchen Bereichen durchaus sinnvoll ist,
Überschüsse zu erzielen, um andere Bereiche damit zu finanzieren, aber
Profitorientierung und Daseinsvorsorge schließen sich aus. Das ist ein ganz ein
wichtiger Punkt und das sollten wir meines Erachtens auch für die Zukunft
festhalten.
Wir haben kurz über die Regierungserklärung und auch
wie sich die ÖVP tatsächlich bei der Abgabe der Forderungen verhalten hat,
gesprochen, aber wir haben ein bissel das Gefühl, es wird da auch unterschätzt,
in welche Richtung gegenwärtig die Bundesregierung steuert. Da geht es einmal
um die gesamte Privatisierung der ÖIAG. Alles, was dort noch als Rest der
Daseinsvorsorge drinnen ist, soll endgültig privatisiert werden. Na
hervorragend! Da geht es um die Einleitung weiterer Liberalisierungsschritte -
innerösterreichischer Liberalisierungsschritte - in den unterschiedlichsten
Bereichen. Und da ist noch immer diese Debatte Pflichtversicherung -
Versicherungspflicht und schauen wir uns doch an, wie die Pensionen gesichert
sind und schauen wir uns an, wie gegenwärtig Freiheitliche und ÖVP in trauter
Einigkeit und hoffentlich auch Einsamkeit an der Zerschlagung des
österreichischen Pensionssystems arbeiten! Bis zu 30 Prozent
Pensionseinbußen von Frauen wird vorausgesagt, wenn das ÖVP-FPÖ-Modell
durchgeht! Ja damit bereitet man den Boden für Liberalisierungen vor, denn wenn
die öffentliche und kommunale Daseins-vorsorge nicht mehr funktioniert, dann
wird natürlich der Ruf nach Privatem lauter! Und das ist das große Problem und
Sie arbeiten in diese Richtung! Sie wollen die Zertrümmerung, damit einige
Wenige ihre privaten Gewinne machen können! Und diese Politik lehnen wir ab! (Beifall
bei den GRÜNEN.)
Wie kurz das Gedächtnis der
Sozialdemokraten und der Freiheitlichen ist, möchte ich an einem Beispiel
illustrieren:
Hans Salmutter, Sozialversicherungsvorsitzender,
Präsident, was auch immer - was hat man ihm gesagt, warum er gehen muss? Er
muss gehen, weil ihm zur Sanierung der Krankenversicherung nur
Beitragserhöhungen einfallen und zwar, glaube ich, 0,1 Prozentpunkt hat er
damals gesagt. Das war weniger, als was jetzt passiert! Ja, Ihre Regierung
schreibt es ins Regierungsprogramm! Was ist jetzt los, haben Sie schon beim
Herrn Salmutter Abbitte geleistet? Oder leben Sie mit dem Kurzzeitgedächtnis,
das immer wieder dazu führt, dass man sich ein bissel später nicht mehr daran
erinnern kann, was man eigentlich vor ein, zwei Jahren gesagt hat?
Man merkt, es ist Ihnen damals überhaupt nicht um die
Krankenversicherung gegangen so wie es Ihnen auch jetzt nicht um die
Krankenversicherung gegangen ist. Ihnen ist es vor der Wahl und nach der Wahl
um dasselbe gegangen: Um Postenschacher und um das Unterbringen Ihrer Personen,
aber niemals um das Interesse der österreichischen und der öffentlichen Daseinsvorsorge,
sondern nur um Ihr ureigenstes Interesse. Und ich hoffe doch sehr, dass mit
diesem Regierungsprogramm, das Sie jetzt vorgestellt haben, den Österreichern
und Österreicherinnen tatsächlich einmal die Augen aufgehen werden, denn das,
was jetzt passiert, das
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