Gemeinderat,
25. Sitzung vom 06.03.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 7 von 91
Standorte determiniert – das muss nicht nur die Innenstadt
sein –, wo man darüber hinausgehend, sozusagen im Zuge eines Wiener Kinoplans,
konkret Hilfe leisten will und die man konkret erhalten will?
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Bitte.
Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Herr Gemeinderat!
Im Unterschied zu Ihnen bin ich etwas skeptisch den
reinen Marktmechanismen gegenüber, dass sozusagen einfach die Nachfrage dann
auch das Angebot bestimmt. Ich meine, dass man hier durchaus auch politisch
handeln muss, denn sonst wären wir sehr bald in einer Situation wie in vielen
anderen vor allem amerikanischen Großstädten, in denen die Innenstadt kulturell
sehr ausgedünnt wird. Davon sind wir in Wien auch durch bewusste Kulturpolitik
sehr, sehr weit entfernt. Ganz im Gegenteil. Aber dazu gehören eben auch
Maßnahmen wie das konkrete politische Eingreifen, die Förderung und auch die
Unterstützung, sei es über die generelle Kinoförderung, sei es aber auch über
konkrete Maßnahmen, was einzelne Kinos anbelangt.
Sie werden wissen, dass wir über die drei von mir
genannten Kinos hinaus ja nicht nur über die allgemeine Kinoförderung, sondern
auf unterschiedlichste Art und Weise auch andere Programmkinos unterstützen.
Andernfalls gäbe es diese innerstädtische Kinokultur nicht oder jedenfalls
nicht in diesem Ausmaß, und es gäbe auch die zahlreichen unterschiedlichen
Ausrichtungen der Kinos nicht.
Das heißt, wir haben in der Vergangenheit bereits
zahlreiche Kinos unterstützt, und die funktionieren auch sehr gut. Momentan
gibt es konkret keine weiteren Pläne, über die vorhandenen Maßnahmen hinaus, über
die Kinoförderung hinaus Kinos zu unterstützen. Wir sind, was die einzelnen von
mir genannten Kinos anbelangt, im Grunde auch erst in der Anfangsphase. Es ist
dies auch ein – das sage ich ganz offen – nicht unriskantes Projekt. Das kann
auch scheitern. Es ist auch ziemlich viel öffentliches Geld dahinter. Ich
meine, dass man erst nach einem Jahr – und da ist noch einige Zeit hin –
wirklich sagen kann, ob dieses Experiment geglückt ist. Dann werden wir uns auf
Grund unserer Erfahrungen die weiteren Schritte überlegen.
Zu Ihrer Anfrage konkret die Antwort: Momentan ist
über das hinaus, was wir ohnedies tun, an keine konkrete Unterstützung für
Kinos mehr gedacht.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Dritte Zusatzfrage: Herr Mag Ebinger.
GR Mag Gerald Ebinger (Klub
der Wiener Freiheitlichen):
Sehr geehrter Herr Stadtrat!
Wir
befürworten und unterstützen, dass traditionelle Kinostandorte erhalten werden
wie zum Beispiel das Metrokino, aber meine Frage geht ein bisschen darüber
hinaus. Es gibt eine Studie im Auftrag der Stadt von der Consulting-Kanzlei
Emmerich, die festgestellt hat, dass die Situation nach wie vor keine gute ist,
dass nach wie vor ein großer Verdrängungswettbewerb stattfindet, dass nach wie
vor – Sie haben das von den 32 000 Sitzplätzen selbst erwähnt –
20 000 Sitzplätze das Höchstmaß dessen ist, was Wien verträgt. Das
heißt, wir müssen davon ausgehen, dass auch in Zukunft ein
Verdrängungswettbewerb stattfinden wird.
Die Studie
geht weiters davon aus, dass Multiplex-Kinos nach vier Jahren ihre
Besucherzahlen verlieren, und die Studie geht davon aus, dass für die Erhaltung
der derzeitigen Kinostandorte in Wien 4,4 Millionen zu wenig Besucher da
sind.
Meine
Frage geht jetzt dahin – und da stimme ich Ihnen völlig zu, die Politik kann
schon etwas machen und soll auch etwas machen –: Was ist geplant? Ist geplant,
die Widmungen von solchen Multiplex-Kinos in Zukunft strenger zu gestalten? Ist
insbesondere geplant, Nachnutzungskonzepte schon zum Gegenstand der Widmung zu
machen? Wenn der Immobilienbesitzer einmal pleite gegangen ist, kann die Stadt
bekanntermaßen nicht mehr viel machen. Ist geplant, dass man
Nachnutzungskonzepte von Großkinos in Zukunft schon für die Genehmigung voraussetzen
wird?
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Bitte.
Amtsf StR Mag Dr Andreas Mailath-Pokorny:
Herr Gemeinderat!
Ich kann Ihnen im Grunde nur das sagen, was die
Kulturpolitik tut. Die Kulturpolitik hat in der Vergangenheit Maßnahmen ergriffen,
die sehr weitgehend sind, wo wir auch gemeinsam Konzepte erarbeitet haben, wo
wir die Finanzmittel zur Verfügung gestellt haben und wo wir versucht haben,
jedenfalls für den innerstädtischen Bereich dieses Konzept der Art-House-Kinos
zu verfolgen. Das werden wir auch weiterhin tun.
Die Frage der Widmungen und der Nutzungen ist
jedenfalls keine Frage der Kulturpolitik, ich meine aber, dass man mit
Sicherheit aus dieser Erfahrung der Vergangenheit die richtigen Schlüsse ziehen
wird müssen, was zukünftige Konzepte für Multiplex-Kinos und andere anbelangt.
Soviel ich weiß, ist allerdings das Interesse neuer Investoren in
Multiplex-Kinos – sagen wir einmal – enden wollend. Ich glaube, momentan haben
wir eher mit dem Problem zu kämpfen, dass die vorhandenen ausreichend gefüllt
werden.
Aber auch da meine ich, dass es im Grunde
wahrscheinlich auch an der Programmpolitik liegt. Wir sind da mit einigen im
Gespräch, und wie sich zeigt, lässt sich mit entsprechenden Bespielungen,
Premieren und dergleichen mehr ein Kinostandort durchaus attraktiv gestalten,
auch dann, wenn er sozusagen nicht exklusive Filme, sondern Mainstream zeigt.
Ich meine, dass sich nicht zuletzt auch mit den
Maßnahmen der Wiener Kulturpolitik da etwas einpendeln wird, was auch dem Publikumsinteresse
und der Nachfrage entspricht.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Die vierte Zusatzfrage: Herr GR Reiter.
GR Günther Reiter (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats):
Herr Stadtrat!
Es stimmt schon, der Markt regelt nicht alles, wie der
Kollege uns hier vermitteln wollte. Hätte man in der Vergangenheit diese
Expertenstudie über München bezüglich der Kriterien zur Errichtung dieser
Kinozentren noch
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