Gemeinderat,
23. Sitzung vom 17.01.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 20 von 32
gesagt. Ich glaube, dass hier in der Tat ein zusätzlicher
finanzieller Benefit für die Stadt Wien - ich werde es in Schilling sagen, da
klingt es noch etwas attraktiver - von 100 Millionen S pro Jahr
gegeben ist, Geld, das man vom Bund abholen kann, im wahrsten Sinne des Wortes.
Dazu wird es aber auch notwendig sein, dass die einzelnen Mitarbeiter vor Ort
wissen, was sie gegenwärtig nicht wissen, nämlich in welcher Pflegestufe der
Patient ist, denn nur so können sie registrieren, ob sich etwas geändert hat,
und daraufhin dann eben Maßnahmen ergreifen, damit es zu Veränderungen kommt.
In diesem Zusammenhang möchte ich wieder einmal die
Entwicklung eines Pflegeheimplans einmahnen. Wir wissen nun aus der
Andersen-Studie, was die Erfordernisse in den nächsten Jahren sind, und darauf
abgestellt brauchen wir einen Pflegeheimplan, der darauf schlüssige Antworten
gibt. Wir brauchen auf der anderen Seite aber auch viel mehr Angebote im
extramuralen Bereich, etwa bei betreuten Wohnformen für Senioren oder bei
entsprechenden Tageszentren.
Aber, meine Damen und Herren, das wirklich Sensationelle
- jedenfalls aus meiner Sicht der Dinge - an der heutigen Veranstaltung ist,
dass es auf Grund eines geradezu mystischen Zusammenwirkens zwischen den GRÜNEN
und den Freiheitlichen der "Rathaus-Liebe-Gott" für würdig und recht
befunden hat, die Andersen-Studie dem einfachen, gemeinen - eben im Sinne von
"einfachen" - Abgeordneten, wenn er interessiert ist, zugänglich zu
machen; eine Studie, von deren Existenz wir ja schon lange Zeit gewusst haben,
die aber offensichtlich so unglaublich geheimnisvolle Dinge in sich birgt - als
ich sie gelesen habe, habe ich zwar nicht diesen Eindruck gehabt, aber umso
mehr verwundert es uns -, dass es durch Monate hindurch nicht möglich war, dieses
"Geheim-Dossier" zu bekommen. Auf der offiziellen Version steht
jedenfalls drauf, dass sie im August des Vorjahres fertig geworden ist. Wir
haben in der Zwischenzeit in den Ausschüssen wiederholt nachgefragt, was mit
dieser Studie ist, worauf man uns gesagt hat, Auftraggeber sei nicht die
Geschäftsgruppe, sondern die Magistratsdirektion, und da gebe es diese
Datenschutz- und Geheimhaltungsverpflichtung - ich weiß nicht, was. Den
gordischen Knoten hat dann der "Rathaus-Liebe-Gott" gelöst - das ist
ja auch seine Kompetenz - und er hat veranlasst, dass diese Studie ins Internet
gestellt wird. Wobei auch hier Gottes Mühlen langsam mahlen und es, wie gesagt,
von August bis jetzt gedauert hat und dieser Sondersitzung bedurfte, dass das
möglich geworden ist.
Wir haben die Studie vor einer Woche bekommen, und
Sie werden verstehen, dass man sie nicht innerhalb einer Woche in aller
Ausführlichkeit einer entsprechenden Würdigung und Betrachtung und Evaluierung,
auch mit den eigenen Experten des Vertrauens, unterziehen kann. Das dauert.
Unabhängig davon denke ich, dass darin so viele Erkenntnisse, Aufforderungen
und Einmahnungen enthalten sind, dass man sich dieser Sache intensiver widmen
sollte, und deshalb bringen wir hier und heute einen Beschluss- und
Resolutionsantrag ein, in dem wir die Einsetzung einer gemeinderätlichen
Kommission beantragen, die eben die Analyse dieser Andersen-Studie mit den
daraus schlusszufolgernden Konsequenzen zur Aufgabe hat. Diese Kommission
sollte aus Mitgliedern des Gemeinderats bestehen, aber auch die Möglichkeit
schaffen, dass Experten zu den Beratungen eingeladen werden.
In formeller Hinsicht ersuchen wir um die sofortige
Abstimmung.
Ich darf also bitten, dass Sie diesem Antrag
beitreten. Es ist höchst an der Zeit, wie gesagt. Die Studie gibt es ja schon
lange Zeit. Sie sollte nicht schon wieder unaktuell werden, ohne dass man sie
irgendeiner Würdigung unterzogen hat.
Nochmals, Frau Stadträtin: In der Analyse und auch in
manchen Konsequenzen sind wir durchaus einer Meinung. Wo die Kritik immer wieder
stattfindet, ist, dass das Tempo, die Leidenschaft, der Veränderungswille nicht
so gegeben sind, wie wir das einfach für notwendig erachten. - Danke. (Beifall
bei der ÖVP.)
Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Als
Nächster ist Herr GR Römer zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.
GR Johann Römer (Klub der Wiener
Freiheitlichen): Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Werte
Kolleginnen und Kollegen!
Wenn heute neben der Mitteilung der Frau amtsführenden
Stadträtin offensichtlich als Hauptthema die Andersen-Studie besprochen wird,
so ist es für mich schon symptomatisch für die Gemeinde Wien, für die Mehrheitsfraktion
in diesem Hause, dass dies eigentlich nur auf Grund einer Indiskretion
überhaupt möglich geworden ist, weil die Verantwortlichen ja keine Veranlassung
gesehen haben, diese Studie auch den Oppositionspolitikern freiwillig zur
Verfügung zu stellen.
Als einer, der seinerzeit mit dabei war, freut es
mich, dass diese Studie auch Hinweise enthält auf das 1993 verabschiedete
Programm "Hilfe im hohen Alter". Interessant ist, dass die Studie
diesbezüglich vermerkt, dass im Sinne dieses angesprochenen Programms eine flächendeckende
Versorgung mit sozialen Diensten und Einrichtungen, also eine durchgehende
Pflegekette grosso modo als erreicht angesehen werden kann. Nichtsdestotrotz
darf aber hier kein Stillstand stattfinden, weil wir uns ja bewusst sein
müssen, dass mit der weiteren Überalterung der Bevölkerung - drücken wir es
vielleicht so aus - auch mehr Bedarf gegeben sein wird und wir uns ja jetzt
schon anstrengen müssen, um diesen Bedarf in den nächsten Jahren und
Jahrzehnten abdecken zu können.
Aber wir sollten auch nicht übersehen, dass selbst diese
Studie davon ausgeht, dass die notwendige Betreuung und Hilfe für ältere
Menschen in Wien nicht nur von der öffentlichen Hand, sondern dass sie nur
gesichert werden kann, wenn auch Familienmitglieder, Bekannte, Freunde,
Nachbarn Betreuungsaufgaben wahrnehmen. Diese Tatsache ist ja allgemein bekannt
und immer schon bekannt und wir müssen froh sein, dass nicht der gesamte
Betreuungsbedarf von der öffentlichen Hand eingefordert wird. Und es ist uns ja
auch
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular