Gemeinderat,
23. Sitzung vom 17.01.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 19 von 32
gerecht zu den Organisationen, seien Sie gerecht zu allen
Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen und bevorzugen Sie nicht die, die in
sozialdemokratisch geführten Organisationen tätig sind! Das ist einer
Stadträtin nicht würdig. (Beifall bei den
GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Danke. - Als Nächster ist Herr GR Dr Hahn zum Wort
gemeldet. Ich erteile es ihm.
GR Dr Johannes Hahn
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren!
Es ist heute, glaube ich, schon hinreichend über die
Qualität, die unbestrittene Qualität der Versorgung in diesem Bereich in
unserer Stadt gesprochen worden. Es wird hier auch, glaube ich, niemand
wirklich sagen wollen, dass das nicht der Fall ist, nur: Die ständige
Diskussion, die wir hier führen - nicht zum ersten Mal und wahrscheinlich auch
nicht zum letzten Mal -, ist sozusagen das ewige Ringen darum, dass dieses
Leistungsniveau auch in der Zukunft sichergestellt werden kann. Dazu ist es
unabdingbar, dass man sich von Zeit zu Zeit die Fragen stellt und stellen
lässt: Sind die Leistungen, wie wir sie in der jetzigen Form erbringen, noch
zeitgemäß, noch adäquat? Kann ich auf etwas verzichten, weil ich woanders etwas
anderes brauche? Irgendwo sind ja die finanziellen Möglichkeiten nach oben hin
im Großen und Ganzen gedeckelt, und ich kann eben nur durch intelligente,
vernünftige, den zeitgemäßen Erfordernissen angepasste Veränderungen
sicherstellen, dass ich neuen Anforderungen gerecht werden kann.
In diesem Sinne ist einzumahnen - und das ist in
erster Linie an Sie, Frau Stadträtin, adressiert, weil ich nicht glaube, dass
das von den Organisationen untereinander bewerkstelligt wird, sosehr sie sich
auch, das muss man konzedieren, im Rahmen des Dachverbands darum bemühen -: Wir
brauchen einheitliche Qualitätsstandards - diesbezüglich gibt es ja schon
durchaus vernünftige Ansätze - und die Konsequenz dieses einheitlichen
Qualitätsstandards müsste dann die Normkostenstunde für die diversen zu
erbringenden Leistungen sein. Wenn das gegeben ist, dann, glaube ich, haben wir
eine Art von Transparenz, die eine Diskussion wie die heutige und
möglicherweise auch einen Kontrollamtsbericht wie den vorliegenden obsolet
erscheinen lässt.
Das ist also die Aufgabe, und da bitte ich Sie, da
fordere ich Sie auf, Frau Stadträtin: Machen Sie Dampf, damit diese
Qualitätsstandards definiert werden und, daraus abgeleitet, entsprechende
Normkostenstunden festgelegt werden, die dann für die Organisationen den Effekt
haben sollten, dass sie über jeden Verdacht erhaben sind, sich irgendwo einen
Groschen oder einen Cent zur Seite zu legen. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich möchte in diesem Zusammenhang aber auch etwas
anderes klar und deutlich sagen, und ich stehe auch nicht an zuzugeben, dass es
auch im großen Dunstkreis meiner Gesinnungsgemeinschaft Leute gibt - nicht in
Wien -, die durchaus eine gewisse Faszination an dem Pflegescheck finden. Ich
darf aber sagen, dass das für uns eine nicht brauchbare Lösung ist. Ich habe
schon Verständnis dafür, dass sich da Organisationen eine Marktabsicherung
schaffen wollen - das ist ja durchaus legitim -, nur: Die ursprüngliche Idee -
und diese halte ich nach wie vor für gut, für brauchbar und für richtig - des
Pflegegeldes war, dass damit den Betroffenen Geld zur Verfügung gestellt wird,
das sie nach ihrem Ermessen verwenden sollen: entweder dafür, dass sie sich
professionelle Hilfe kaufen, oder aber auch dafür, dass sie Verwandte,
Angehörige oder Freunde, die ihnen helfen, dafür in einer gewissen Weise auch
entlohnen oder entschädigen.
Nun weiß ich und wissen wir, dass es hier mitunter
Effekte, Phänomene und Entwicklungen gibt, die wir alle nicht goutieren, aber
unterm Strich, alles in allem gesehen, ist es, so sage ich, das wertvollere Gut
für den Einzelnen, das Geld zur Disposition zu haben und darüber entscheiden zu
können, als wieder einen Scheck zu bekommen und sich nur an ausgewählte Adressaten
wenden zu können, um diesen Scheck einzulösen. Es muss unser Anliegen sein,
auch wenn wir gerade die Ehrenamtlichkeit und die Freiwilligenarbeit forcieren,
dass wir genau mit diesen Möglichkeiten, wie sie das Pflegegeld bietet, auch
die Voraussetzung dafür schaffen, dass Angehörige oder Freunde auch in Zukunft
in diesem Bereich tätig werden können und dafür etwas bekommen. (Beifall bei
der ÖVP.)
Das, was allerdings - und das ist ja Gegenstand der
Debatte - die Andersen-Studie ganz deutlich aufzeigt, sind die demographischen
Entwicklungen und auch die Entwicklungen, die sich bei diversen Krankheiten,
auch was deren Breite betrifft, abzeichnen, und aus diesen gilt es
entsprechende Konsequenzen zu ziehen. Diese Konsequenzen können nur darin
bestehen, dass wir uns um eine nachhaltige Verlagerung von stationären zu
teilstationären oder ambulanten Leistungen bemühen. Darum müssen wir uns
bemühen, darum müssen wir ringen. Da ist die Führungs- und Gestaltungskompetenz
von Ihnen, Frau Stadträtin, gefordert. Wir brauchen diese Verlagerung, denn wir
brauchen Pflegeeinrichtungen, stationäre Pflegeeinrichtungen - die tatsächlich,
wie es ja der demographische Befund zum Ausdruck bringt, notwendig sein werden
-, um den Erfordernissen gerecht zu werden und um die Nachfrage zu befriedigen.
Daher ist es notwendig, dass wir Personen, die in Wahrheit heute in der
stationären Pflege nichts verloren haben, aus dem Pflegebereich herausbekommen.
Manchmal habe ich das Gefühl, dass wir zwar mit dem Begriff "Geriatriezentrum
am Wienerwald" einen herrlichen Marketing-Trend gesetzt haben, aber da und
dort gilt eben noch das alte Wort "Versorgung", und es gibt ja in
unmittelbarer Nähe auch noch die Versorgungsheimstraße. Das Ziel muss in der
Tat darin bestehen, dass sich in einem Pflegeheim wirklich nur mehr Personen ab
der Pflegestufe 3 befinden. Wir haben das schon oft genug gesagt.
Unabhängig davon könnte man sich wirklich nachhaltig
bemühen, bei der Pflegestufenjustierung aktuell zu sein, zu registrieren, wann es
Veränderungen gibt, und sicherzustellen, dass es hier zu einer Neuordnung der
Pflegestufeneinteilung kommt. Wir haben das wiederholt
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