Gemeinderat,
23. Sitzung vom 17.01.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 14 von 32
und die dazugehörigen Berufe.
Wenn man es ernst nimmt,
dass man den außerstationären Bereich wichtig nimmt, genauso wichtig wie den Krankenhausbereich,
wenn man auch weiterhin ernst nimmt, dass man eine Professionalisierung
vorantreiben möchte, dann wird, so denke ich, der Stadt Wien nichts anderes
übrig bleiben, als die Andersen-Studie ernst zu nehmen und die darin
enthaltenen Anregungen und Kritikpunkte umzusetzen. Wir brauchen für die
sozialen Dienste in Wien Qualitätsstandards, wir brauchen auch vertikale
Durchlässigkeiten, zumindest innerhalb der Pflege- und Betreuungsberufe, der
PflegehelferInnen und des diplomierten Krankenpflegepersonals. Wir brauchen
aber auch Politiker und Politikerinnen, denen es ein Anliegen ist, in die
Gesundheitsvorsorge und -versorgung für hilfsbedürftige und pflegebedürftige
Menschen außerhalb der Krankenanstalten zu investieren und diese raschest auszubauen.
Dieses Anliegen war vor
nunmehr über zehn Jahren das Anliegen der Wiener Freiheitlichen, und sie haben
daher die "Kleinen sozialen Netze", einen kleinen gemeinnützigen
Verein, gegründet. Ich wurde Obfrau dieses Vereins und ich leite diesen Verein
nach wie vor. Ich versuche, auf die Sorgen und Nöte der Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter einzugehen und unsere sehr knappen Ressourcen verantwortlich, aber
auch wirtschaftlich zu verwalten. Da ich seit 1987 aktive Politikerin bin, ist
es mir auch eine Verpflichtung, für hilfs- und pflegebedürftige Menschen tätig
zu sein, da es für mich völlig unbefriedigend war und nach wie vor ist, immer
wieder nur für einen Pflegeheimplatz zu intervenieren.
Meiner Ansicht nach ist es
der falsche Weg, wenn die GRÜNEN und die Andersen Consulting Politikerinnen und
Politiker aus den sozialen Diensten verbannen wollen. Ich behaupte sogar, dass
es die Pflicht eines Politikers oder einer Politikerin sein muss, aktiv einen
Beitrag zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger zu leisten. Ich stelle fest, dass
ich meine Tätigkeit bei den "Kleinen sozialen Netzen" ehrenamtlich
leiste und daher dem Steuerzahler nicht noch einmal auf der Tasche liege.
Gerade am Wochenende konnte
man dem "Standard" entnehmen, dass Ehrenamtlichkeit als Wirtschaftsfaktor
ein sehr wesentlicher Bestandteil am Non-profit-Sektor ist. Ich zitiere:
"Insgesamt 16,67 Millionen Stunden pro Woche wird in Österreich
ehrenamtlich gearbeitet. Umgelegt auf Arbeitsplätze entspricht das knapp mehr
als 481 000 Vollzeitstellen. Allein in den sozialen Diensten arbeitet ein
Fünftel der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unentgeltlich."
Ohne diese ehrenamtliche
Tätigkeit wäre der Dienst an hilfs- und pflegebedürftigen Menschen gar nicht
finanzierbar und daher auch nicht anbietbar. Daher ist dieser Kritikpunkt nicht
zum Nutzen der Patientinnen und Patienten, sondern zu deren Schaden, und daher
lehnen wir diese Forderung ab!
Meine Damen und Herren! Die Wienerinnen und Wiener
werden immer älter. Daher ist die Politik gefordert: Das Versorgungsangebot
muss diesen längeren Lebenserwartungen angepasst werden. "Es gibt vielmehr
seit Jahren einen 'gleich bleibend langen'" Stau "auf der Warteliste
für Heimplätze, erklärt" Primarius Dr "Ludwig Kaspar, im Wiener
Krankenanstaltenverbund Leiter der städtischen Spitäler und der zehn
Geriatriezentren. Zwei- bis dreihundert Seniorinnen und Senioren sind dauernd
angemeldet, um nach einem Spitalsaufenthalt einen Platz in einem
Geriatriezentrum zu bekommen. Wartezeiten - von bis zu einem halben Jahr - sind
auch davon abhängig, in welch gesundheitlichem Zustand Patienten sind.'" -
Diese Erklärung stammt vom 6. November 2002, ebenfalls aus dem
"Standard". Ich habe wörtlich zitiert.
Meine Damen und Herren! Bei der Versorgung von
pflegebedürftigen Personen in Wien ist es bereits fünf Minuten nach zwölf: Es
fehlt an Geriatriezentren, es fehlt an weiteren sozialen Diensten, es fehlt an
Personal, es fehlt an Tageszentren, es fehlt an Tageskliniken, es fehlt an
einer größeren Anzahl von betreuten Wohnplätzen - ich könnte diese Auflistung
beliebig lange fortführen. Auf Grund der demographischen Entwicklung, also der
zunehmenden Überalterung der Bevölkerung, wird sich die Zahl der Betroffenen
bis zum Jahr 2011 weiter steigern. Bis zum Jahr 2050 wird sich die Zahl der
80-Jährigen sogar vervierfachen. Meine Damen und Herren, je älter die Menschen
sind, desto höher wird die Wahrscheinlichkeit, dass sie Pflege benötigen. Wie
ist Wien auf diese Problematik vorbereitet? - Ich behaupte, zu wenig.
Frau StRin Pittermann! Sie sind hier gefordert, zu
handeln, denn es ist Ihre und auch unsere Pflicht, die Betreuung von hilfs- und
pflegebedürftigen Menschen in dieser Stadt in einer menschenwürdigen Form
sicherzustellen. Seit Jahren wissen Sie, meine Damen und Herren, dass die Lebenserwartung
der Bürgerinnen und Bürger steigend ist. In Wien gibt es immer mehr
Single-Haushalte. Wo ist der von uns schon x-mal geforderte Bedarfsplan? Wo ist
das Pflegeheimgesetz? Der hilfsbedürftige Mensch hört in dieser Stadt leider
immer öfter: "Bitte warten".
Meine Damen und Herren! Auch wenn es um den letzten
Lebensabschnitt geht, müssen wir uns der Verantwortung stellen. Alt und krank
zu werden, ist ebenfalls ein Teil des Lebens. Vor diesem sehr schwierigen Teil
des Lebens darf die Politik die Augen nicht verschließen. Frau StRin
Pittermann, nehmen Sie die Andersen-Studie in die Hand und beginnen Sie zu
handeln, damit die Uhr den Zeiger wieder auf fünf Minuten vor zwölf stellen
kann! (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Als Nächster ist Herr GR Hundstorfer zum Wort
gemeldet. Ich erteile es ihm.
GR Rudolf Hundstorfer
(Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Landtags und Gemeinderats): Frau Vorsitzende! Meine sehr geehrten Damen und
Herren!
Was wir heute hier erleben, ist der krampfhafte Versuch der
grünen Fraktion - da sie quasi sonst nicht vorkommt (Ironische Heiterkeit
des GR Mag Christoph Chorherr.) -, eine der hervorragendsten
Dienstleistungen der Stadt zu skandalisieren. Liebe Kolleginnen und Kollegen
von den GRÜNEN! Das Einzige, was ihr wirklich könnt, ist, angeblichen oder
vermeintlichen Skandalen
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