Gemeinderat,
23. Sitzung vom 17.01.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 8 von 32
Pflegebedürftige beträgt im stationären Bereich rund
50 Prozent, im ambulanten Bereich rund 28 Prozent.
In dem heute angesprochenen Kontrollamtsbericht ist
auch gefordert worden, dass es zu einer Valorisierung und einer Tarifanpassung
kommen muss und dass dies jährlich erfolgen sollte. Die rechtliche Deckung des
Kostenersatzes wie auch der Beitragsleistung für die ambulanten Dienste sind im
Wiener Sozialhilfegesetz festgelegt. Das Subsidiaritätsprinzip der Sozialhilfe
bedingt diese Kostenbeiträge beziehungsweise den Kostenersatz, da die
Sozialhilfe auch von der eigenen finanziellen Leistungsfähigkeit des Pflege-
und Betreuungsbedürftigen abhängt.
Um weitere finanzielle Belastungen der jüngeren
Generation und der Angehörigen zu verhindern, haben Wien und Salzburg - wie
schon vorhin erwähnt - auf den Kostenersatz durch Angehörige in auf- und
absteigender Linie verzichtet. Selbstverständlich ist jedoch das Vermögen der
Pflegebedürftigen und von deren Partner oder Partnerin für die Begleichung der
Pflegeleistung heranzuziehen.
Unterhaltungsverpflichtungen werden nur gegenüber
Ehegatten geltend gemacht, und Eltern müssen für Leistungen an ihre
minderjährigen Kinder einen Beitrag aus ihrem Einkommen leisten. Sollten Eltern
das Unglück haben, dass ihre erwachsenen Kinder pflegebedürftig wären - wie es
nach schweren Unfällen der Fall sein kann -, so sind sie nach dem, was sie für
die Gesellschaft durch die Obsorge für ihre Kinder bereits geleistet haben,
nicht noch bis an ihr Lebensende finanziell zu belasten. Man muss bedenken,
dass ihr Lebensstandard verglichen mit Kinderlosen über einen langen Zeitraum,
wenn nicht für immer, niedriger ist. Daher bin ich äußerst froh, dass wir in
Wien auch für diese bedauernswerten Menschen, die in jungen Jahren eine
Pflegebedürftigkeit erreichen, dies zur Verfügung stellen, ohne dass die
direkte Linie dafür bezahlen muss.
In letzter Zeit wurde eine Abteilung ausgezeichnet, die
sich besonders um die Wachkoma-Patienten kümmert, Patienten oder so genannte
Pflegefälle, die in den Bundesländer irgendwo untergehen, weil sich die
Angehörigen professionelle Pflege und Rehabilitierung nicht leisten können. Ich
bin sehr glücklich, dass wir in Wien ein Bundesland sind, das so sozial ist,
dass die Risken nicht individualisiert, sondern von der Gemeinschaft getragen
werden. (Beifall bei der SPÖ.)
Die Neugestaltung des Pflegegeldes nach dem
Sachleistungsprinzip wäre eine wünschenswerte Notwendigkeit, da dann auch der
Einsatz dafür gesichert wäre.
Der Kontrollamtsbericht, der auch als Grundlage für
diese Gemeinderatssitzung dient, beschäftigt sich ausführlich mit
wirtschaftlicher Bewertung und Kontrolle der durch die MA 47 vergebenen
Leistungen und ortet auch Einsparungspotenziale. Zusammenfassend hat das
Kontrollamt im stationären Bereich und im betrieblichen Bereich der MA 47
keine wesentlichen Einsparungspotenziale feststellen können. Bei den ambulanten
Diensten, der Vergabe der sozialen Dienste, Hauskrankenpflege, Heimhilfe und
dergleichen hat das Kontrollamt dies zum Anlass genommen, Berechnungen über
Einsparungspotenziale anzustellen, von den Überlegungen ausgehend, dass sich
die Preise zumindest mittelfristig auf dem unteren Niveau der Anbieter
angleichen lassen könnten und Einsparungspotenziale möglich sind.
Die MA 47 hat in ihrer Stellungnahme darauf
hingewiesen, dass diese Preisunterschiede aus den Vertragskonstruktionen vor
dem 1.1.2001 verständlich sind. Es wurde damals das wirtschaftliche Risiko auf
die privaten Organisationen übertragen. Um einen Bestand der Dienstleistungen
zu gewährleisten, auf die rund 30 000 Haushalte per Jahr angewiesen sind,
hat die MA 47 den Prozess der Festlegung eines einheitlichen, betriebswirtschaftlich
gerechtfertigten Verrechnungspreises in Angriff genommen.
Die Kritik der Andersen-Studie richtet sich darauf,
dass die MA 47 zu einer Verzerrung des Marktes beitrage, da der Aufbau
eines nachfrageorientierten Marktes verhindert wird. Der öffentliche Sektor
wäre, wie von dieser Studie gesagt, ineffizient, da es keine ökonomischen
Anreize gibt. Nur ein Wettbewerb würde solche Anreize schaffen.
Ich frage Sie: Teilen Sie diese Vorstellung eines
neoliberalen Konzepts, das besagt, dass der Markt am besten geeignet ist, die
Gesundheitsvorsorge zu steuern? Ich frage Sie: Wollen Sie wirklich
hilfsbedürftige SeniorInnen in Zukunft am freien Markt die notwendigen
Versorgungsleistungen suchen und einkaufen lassen? (GR Gerhard Pfeiffer:
Ja!)
Ich sage dazu dezidiert: Nein! Der Wiener Weg steht
für Solidarität und Sicherheit. Denn gerade hilfs- und pflegebedürftige
Menschen brauchen Sicherheit: Sicherheit, dass sie auf hoch qualifizierte
Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen zurückgreifen können, die ihren Bedürfnissen
entsprechen und die unabhängig von der finanziellen Situation leistbar sind! (Beifall bei der SPÖ.)
Dieser klientenorientierte Ansatz, den wir haben, ist
arbeitsintensiv und erfordert kontinuierliche Beschäftigung mit neuen Methoden.
Natürlich haben die größeren Organisationen mehr Vorhaltekosten. Sie müssen im
Notfall einspringen können, sie haben durch länger arbeitende MitarbeiterInnen
bereits mehr Krankenstände, und dadurch haben sie auch höhere Overhead-Kosten.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie sich wünschen, dass diese Personen -
vor allem sind es Frauenarbeitsplätze - dann gekündigt werden müssen.
96 Prozent sind Frauen! 30 Prozent der MitarbeiterInnen sind jünger
als 40 Jahre, 45 Prozent sind zwischen 40 und 50 Jahre alt, und
ein Viertel ist zwischen 50 und 60 Jahre alt. Da kann man nicht einmal von
Frühpension sprechen. Viele von ihnen sind über zehn Jahre bei der Organisation
beschäftigt. Ich werde mich dagegen aussprechen, dass man Änderungskündigungen
vornehmen muss, nur um ein günstiges Preisverhältnis gestalten zu können! (Beifall bei der SPÖ.)
Zur Vergabepraxis und zum freien Markt möchte ich noch etwas
feststellen. Es gibt gegen drei Bundesländer - das sind nicht
sozialdemokratisch regierte Bundesländer, nämlich Steiermark, Kärnten und
Oberösterreich -
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