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Landtag, 17. Sitzung vom 29.06.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 25 von 67

 

Wenn ich solche Signalwörter in einem Tätigkeitsbericht lese, dann glaube ich, dass die Stadt diese Signalwörter ernst nehmen sollte und reagieren muss. Als Alarmsignal wird gewertet, dass sich die Belastungssituation zugespitzt hat. Wir haben beim Verwaltungsgericht Wien die höchste Pro-Kopf-Arbeitsbelastung von allen österreichischen Verwaltungsgerichten. Trotz gesteigerter richterlicher Leistungszahlen ist die Zahl offener Verfahren weiter angestiegen. Die Entlastung durch die Rechtspfleger, und wir haben das ja in vergangenen Jahren und vergangenen Debatten auch öfter thematisiert, hat leider Gottes nicht so funktioniert, wie man sich das vorgestellt hat. Die Opposition war immer skeptisch. Wir haben vor einem Rechtspflegergericht gewarnt. Und leider Gottes, muss ich sagen, wurden jetzt unsere Bedenken durch die Wirklichkeit bestätigt. Es ist absolut notwendig, dass das Gericht materiell und personell ausreichend ausgestattet ist. Weitere Budgetkürzungen sind sicherlich nicht denkbar. Es ist zu befürchten, dass sich die Verfahrensdauer verlängert, dass die Qualität der Erledigungen leidet und dass der Rechtsschutz nicht im erforderlichen Ausmaß gewährleistet ist. Die Funktionsfähigkeit wird in dem Tätigkeitsbericht ausdrücklich angesprochen.

 

Es ist die Funktionsfähigkeit nicht richtig gewährleistet, wenn es kein eigenständiges Budget gibt. Das ist natürlich nachvollziehbar. Man braucht klare organisatorische und budgetäre Vorgaben und man braucht eine Eigenständigkeit, in der man agieren kann. Es muss daher unbedingt passieren, dass dieses Budget zumindest im Budget und im Rechnungsabschluss gesondert ausgewiesen wird. Derzeit gibt es keinen eigenen Ansatz für so eine riesige Einheit wie das Verwaltungsgericht Wien. Man kann sich ja ausrechnen, wir haben da Personal in der Größenordnung von, sage ich jetzt einmal, rund 100 Personen. Man kann sich also leicht ausrechnen, welch großer Betrag für diese Einrichtung zur Verfügung gestellt werden soll. Dass dieser Betrag einfach in der Geschäftsgruppe 0 der Magistratsdirektion aufgeht, ist für mich nicht nachvollziehbar.

 

Die gerichtliche Unabhängigkeit ist im Zusammenhang mit dem Präsidenten als Dienstbehörde angesprochen. Es ist keine volle gerichtliche Unabhängigkeit gewährleistet, wenn der Präsident nicht auch Dienstbehörde über das Verwaltungspersonal sein kann. Es kann ja nicht wirklich wahr sein, dass der Magistrat Dienstbehörde für die Mitarbeiter der Richter ist. Es soll ja der Magistrat geradezu überprüft werden, in den meisten Fällen durch das Verwaltungsgericht Wien. Da überprüfe ich aber eine Behörde, die in Wahrheit die Dienstaufsicht über meine Mitarbeiter hat. So stelle ich mir das unabhängige Funktionieren eines Gerichtes nicht vor!

 

Wir haben noch einmal die Unabhängigkeit des Gerichtes angesprochen und zwar bei der Ausschreibung der offenen Richterdienstposten. Hier ist davon die Rede, dass es einen die Unabhängigkeit des Gerichtes beeinträchtigenden Einflussbereich des Magistrats gibt. Das sind schon sehr deutliche Worte, die hier gefunden wurden.

 

Ich wurde schon darauf angesprochen, dass die Belastungszuspitzung darauf zurückzuführen ist, dass die Rechtspfleger jetzt weniger Angelegenheiten erledigen dürfen. Hier gibt es also eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes. Die dürfen statt 3.563 Angelegenheiten nur noch 1.162 bearbeiten, eine Differenz von über 2.000 Angelegenheiten. Dass die durch die Richter nicht leicht aufgefangen werden kann, ist nachvollziehbar.

 

Das Wort Alarmsignal taucht in Zusammenhang mit dem Anstieg der offenen Verfahren um 16 Prozent von 7.535 auf 8.724 im Jahr 2016 auf, was auch auf die Säumnisbeschwerden zurückzuführen ist, vor allem und stark auf die Säumnisbeschwerden, und da wiederum im Bereich des Staatsbürgerschaftsrechts. Wir haben ja einen vernichtenden Rechnungshofbericht über die Abteilung, die mit Staatsbürgerschaftsangelegenheiten befasst ist, einen vernichtenden Bericht des Stadtrechnungshofes. Es geht dort drunter und drüber, mussten wir lesen. Und so überrascht es auch nicht, dass gerade in dem Bereich der Magistrat eine Delegation der Entscheidung vornimmt, nämlich vom Magistrat zum Verwaltungsgericht Wien in nicht weniger als 117 Angelegenheiten. Das ist natürlich problematisch, denn es sollte schon die Behörde entscheiden, die dafür zuständig ist, und das ist der Magistrat. Diese Arbeitsverlagerung ist kompetenzrechtlich nicht vorgesehen. Man darf ja auch nicht vergessen, dass auf die Art und Weise eine ganze Rechtsschutzinstanz dem Betroffenen genommen wird.

 

Stärkung der gerichtlichen Unabhängigkeit wird noch einmal vom Verwaltungsgericht im Zusammenhang mit der Novellierung des Organisationsgesetzes VGWG verlangt, und in Zusammenhang mit den Ausschreibungen der Richterdienstposten und in Zusammenhang mit dienstrechtlicher Zuständigkeit für das Verwaltungspersonal. Noch einmal ist davon die Rede, dass die Stärkung der Unabhängigkeit des Verwaltungsgerichtes durch einen eigenen Budgetansatz notwendig wäre.

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Deutliche Worte, deutlicher Bericht, deutlicher Auftrag an uns Landtagsabgeordnete, aber ein noch deutlicherer Weckruf, der eigentlich an die Landesregierung ergehen sollte. Wir haben ja nur ganz beschränkte Möglichkeiten der Einflussnahme.

 

Ich beobachte die Entwicklung der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Österreich jetzt schon viele Jahre. Diese Entwicklung war nicht immer friktionsfrei. Ich kann mich noch an Diskussionen mit dem Landtagspräsidenten Hatzl in der Vergangenheit erinnern. Es war nicht der amtierende Stadtrat selbstverständlich zuständig, sondern es waren drei Stadträtinnen. Ich glaube, dass letztendlich trotz des hinhaltenden Widerstandes von großen Teilen in diesem Haus wir jetzt ein sehr gutes Verwaltungsgericht Wien haben. Ich glaube aber, dass es mit dem neuen Stadtrat natürlich auch eine neue Chance gibt, das Verhältnis zum Verwaltungsgericht Wien noch weiter zu verbessern. Ich kenne den Herrn StR Czernohorszky als jemanden, der versucht, Dinge anzupacken und der in einer sehr offenen Art und Weise auf Probleme zugeht und eine prinzipielle Lösungsorientierung an

 

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