Landtag, 7. Sitzung vom 25.05.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 38 von 43
me gibt wie etwa private Zuzahlungen zu medizinischen Leistungen. Und das ist auch eine gefährliche Entwicklung. Das wissen wir sozusagen auch über diese MRT-Schiene: Menschen bezahlen aus Angst, dass man etwas übersieht und weil sie nicht so lange warten wollen, die MRT-Untersuchung oder die CT-Untersuchung letztlich privat.
Es ist also nicht ELGA das Hauptproblem. Ich habe den Eindruck, ELGA ist das Hauptproblem der Ärztekammer, und ich hoffe, dass die Bedenken ausgeräumt werden können und dass es zu einer breiten Umsetzung kommen wird, weil das natürlich, wie auch im Bericht erwähnt wird, vor allem bei älteren und chronisch erkrankten Menschen eine große Unterstützung ist. Man kann nämlich nicht verlangen, dass sich ein älterer Mensch die Namen der zehn verschiedenen Medikamente, die er einnimmt, merkt und immer auch den Zettel mit sich führt, auf dem diese aufgeschrieben sind. Und man kann auch nicht erwarten, dass das immer aktualisiert wird. Daher wäre es eine enorme Hilfe und auch Qualitätsverbesserung in der medizinischen Behandlung, wenn ELGA flächendeckend umgesetzt werden könnte. Das ist meine Überzeugung.
In diesem Bericht ist ein Beispiel angeführt, dass in einem Privatspital ein Patient wegen Verdachtes auf Lungenkrebs aufgenommen war. Bei einem Eingriff, der vorgenommen wurde, um eine Probe aus der Lunge zu entnehmen, ist es zu einer lebensgefährlichen beziehungsweise sehr gefährlichen - eine Lungenblutung an sich ist gefährlich - Komplikation gekommen, und der Patient musste in ein öffentliches Spital transferiert werden. - Daraus abgeleitet ergibt sich schon die Forderung, die wir ja stellen, dass bei onkologischen Erkrankungen die Abklärung und Therapie in spezialisierten Zentren erfolgen sollten. Belegspitäler sind aber nicht unbedingt spezialisierte Zentren. Der Belegarzt muss nämlich nicht unbedingt ein Spezialist sein, und wenn er es ist, dann ist das auch zu wenig, denn in der Onkologie ist es mittlerweile Standard, dass man Entscheidungen über Diagnostik, Therapie, Nachsorge und weiteres Vorgehen in Tumor-Boards, also in interdisziplinären Besprechungen, trifft. Das ist ein unabdingbares Qualitätskriterium, und deswegen ist es nicht sinnvoll, dass das in Belegspitälern geschieht.
Warum geschieht das in Belegspitälern? - Weil die Zusatzversicherungen dafür werben. Diese kassieren ja viel Geld, und je älter man wird, desto mehr zahlt man für eine Zusatzversicherung. Der Endeffekt ist letztlich, wenn man das jetzt sehr kantig formulieren will, dass man, wenn man eine Diagnose betreffend eine bösartige Erkrankung hat - und dafür gibt es Beispiele -, finanziell noch bis zum bitteren Ende ausgepresst wird, indem man in irgendeinem Privatspital dann von irgendeinem onkologisch Halbgebildeten noch irgendeine Chemotherapie verabreicht bekommt und dafür kräftig bezahlt. Solche Beispiele gibt es! Warum aber kommt es nie dazu, dass diese veröffentlicht werden? - Die Angehörigen haben dann nämlich, wenn sie einen solchen Fall in ihrer Familie miterlebt haben, schon genug und möchten auf Grund ihrer persönlichen Bewältigung dieser Situation nicht mehr, dass dieser Fall noch einmal aufgerollt wird und man entsprechend vorgeht. Das ist die Wahrheit!
Das gilt auch für Privatzahlungen für Hüftoperationen, die sehr oft über irgendeinen Privatdoktor irgendwo in einem Krankenhaus schneller gemacht werden. Darüber redet man dann auch nicht, weil man froh ist, dass das vorbei ist.
Das ist das Problem, und wir haben uns schon oft darüber verständigt, dass es wichtig wäre, dass Patienten und Patientinnen das nicht nur so erzählen, sondern das Ganze dann auch dezidiert darstellen, aber ich verstehe auch, dass man, wenn alles erledigt ist, seine Ruhe haben will.
Jedenfalls ist das aber, wie gesagt, ein großes Problem, und mit diesen Angelegenheiten müssen wir uns auch auseinandersetzen und den Menschen sagen, dass eine Privatversicherung keine Garantie ist, dass man - unter Anführungszeichen - besser behandelt wird, denn es ist nicht immer ein Vorteil, wenn der Primar die Behandlung übernimmt. Das ist nicht immer so. Und oft sagen die Versicherungen dann auch ab einer bestimmten Liegedauer, jetzt sind es vier Wochen, jetzt ist es genug, jetzt zahlen wir nicht mehr! - Auch das müssten wir den Patientinnen und Patienten im Vorhinein sagen, bevor sie einen solchen Schritt gehen und ihr Geld in etwas investieren, was im Endeffekt nicht immer von Vorteil ist, sondern manchmal sogar von Nachteil.
Ich möchte noch auf eine wichtige Empfehlung eingehen, die auch in Ableitung einiger Missstände in diesem Bericht ausgesprochen wird, nämlich dass durch die Etablierung onkologischer Schwerpunktpraxen ein wesentlicher Beitrag zu einer patientengerechten und volkswirtschaftlich effizienten Behandlung geleistet werden könnte. - Ich bin überzeugt davon, dass das in vielen Bereichen, aber vor allem in der Onkologie, Entlastungen bringen würde. Derzeit wird ja nur in Spitälern beziehungsweise Zentren behandelt. Bei bösartigen Erkrankungen gibt es die entsprechenden Behandlungen nur im Spital, außer wenn durch orale Medikation, also durch Schlucken von Tabletten, behandelt werden kann. Das wird in Zukunft nicht mehr haltbar sein, sondern es wird auf Grund der großen Menge an Patientinnen und Patienten sicherlich notwendig sein, im niedergelassenen Bereich zumindest gewisse onkologische Therapien vorzunehmen.
Derzeit ist es so, und das wird wahrscheinlich auch so bleiben, dass die Pharmaindustrie für die neuen Medikamente vor allem in der Onkologie teilweise Phantasiepreise festsetzt. Die Begründung lautet immer, dass die Entwicklungskosten so hoch gewesen seien, wobei in die Entwicklungskosten natürlich auch die Marketingkosten, die Werbungskosten und sonstige Kosten mit hinein gerechnet werden. Die Konzerne setzen diese Preise mit der Gewissheit fest, dass sie ja das Monopol für ein gewisses Medikament haben, und diese Preise bringen sogar uns Onkologen - das sage ich jetzt aus meiner beruflichen Praxis - manchmal zum Staunen und zur Empörung.
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