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Landtag, 4. Sitzung vom 18.03.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 241 von 251

 

Hilfe braucht, erhält er Unterstützung. Wenn Sie an zwei Beispielen aufzeigen, dass keine Hilfe in unserer Stadt möglich ist, dann bitte ich alle Menschen, die Probleme haben, sich nicht an die FPÖ, sondern an die Stadt Wien zu wenden, weil das gibt es doch nicht! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Jetzt ein Bereich, der immer nebenbei fällt und immer im Zusammenhang gebracht wird, dass wir uns die Mindestsicherung nicht leisten können. Mehr oder weniger wird suggeriert, das liegt an den Flüchtlingen. Ich muss und werde noch Stellungnahme zu Ihren Anträgen, werte ÖVP, geben. Es kann doch nur, wenn man sozialpolitisch verantwortlich handelt, eine Antwort bei den laufenden Diskussionen und Verhandlungen der 15a-Vereinbarung geben. Wir müssen bundesweit die Mindestsicherung vereinheitlichen und nicht kürzen. Das wäre die vernünftigste Antwort. Das ist die vernünftigste Antwort, dass wir hier bundesweit Mindeststandards haben, wo Menschen, wenn sie Unterstützung brauchen, diese auch erhalten. Wenn wir es ernst nehmen und sagen, es ist nicht das Ziel, dass wir Rekordzahlen bei der Mindestsicherung haben, dann wäre es auch vernünftig zu sagen, schaffen wir auch eine Ausbildungsgarantie im Zuge dieser Verhandlungen, schaffen wir auch Qualifikationsmaßnahmen. Aber hier auf Kosten der Ärmsten Politik zu machen, hier die Menschen gegenseitig auszuspielen, und das als eine christlich-soziale ÖVP, da finde ich kaum mehr einen Punkt, wo Sie sich von der FPÖ in dieser Frage unterscheiden!

 

Wenn wir es ernst nehmen, dass wir hier gegen Armut und nicht gegen Arme kämpfen, dann sind Ihre Anträge auch strikt abzulehnen. Was sagen Sie? Ich habe es gestern sehr kurz angedeutet.

 

Ein Antrag ist die Obergrenze von 1.500 EUR, wo Sie nichts anderes sagen, als dass Familien mit mehreren Kindern Pech gehabt haben. Sie stürzen diese Familien in noch größere Probleme. Das ist einer Ihrer Anträge.

 

Der andere Antrag ist eine Verschlechterung bei subsidiär Schutzberechtigten. Das ist juristisch höchst umstritten, laut EU-Recht, bei Flüchtlingen zu unterscheiden. Und es bringt so etwas von gar nichts. Nicht einmal Ihnen kann es in dieser Frage um Geld gehen. Wie viele subsidiär Schutzberechtigte gibt es denn zur Zeit in Wien in der Mindestsicherung? Die NEOS haben nicht zu Unrecht gesagt, wir brauchen wieder transparente Zahlen. Diese kommen nach der Abrechnung, wie jedes Jahr übrigens, erst im April, weil der Abrechnungszeitraum wegen der Bearbeitung immer bis März ist. Wir haben 1 bis 2 Prozent subsidiär Schutzberechtigte in der Mindestsicherung. Ist das tatsächlich Ihr Problem, werte ÖVP, dass man genau bei diesen Menschen noch mehr kürzt? Oder ist es eher der Punkt, dass man hier kommunizieren kann, dass man sagen kann, es ist zu viel, wir können es uns nicht leisten und schuld daran sind die Flüchtlinge? Diesen Vorwurf müssen Sie sich gefallen lassen, weil Sie hier auf Kosten der Ärmsten Politik machen, derjenigen, die eh wenige Möglichkeiten haben! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Was aber auch stimmt, ist, dass es ein massives Ungleichgewicht zu Lasten Wiens gibt. Darüber müssen wir offen diskutieren. Es gibt einen Kostenersatz. Es gibt einen Länderausgleich. Selbstverständlich gibt es diesen. Ich glaube, 2015 hat Wien 2,4 Millionen EUR daraus lukriert. Aber das steht in keinem Verhältnis zu den tatsächlichen Kosten, wenn Menschen aus den Bundesländern nach Wien kommen, weil es dermaßen veraltete Fristen gibt.

 

Ich nenne nur eine Frist, weil diese ist nämlich das Hauptproblem. Wenn Menschen aus den Bundesländern nach Wien kommen, auf der Suche nach einer Lebensperspektive, auf der Suche nach Arbeit, nach Wohnung, und nicht schon innerhalb von vier Wochen einen Mindestsicherungsantrag stellen, übernimmt das Bundesland keine Kosten mehr. Das ist ein Punkt, der zu Lasten Wiens geht. Das geht schlichtweg nicht, dass die Bundesländer, die bei der Mindestsicherung kürzen, rechtswidrig übrigens, die Menschen mehr oder weniger Richtung Wien vertreiben und wir hier noch unzureichenden Kostenausgleich haben. Das ist dann nicht zu verantworten. Dann muss man sagen, hier wird Wien nicht die Last tragen, hier braucht es einen Ausgleichsfonds, einen Fonds, der das gerechter beziehungsweise sozialer macht. Es kann nicht sein, dass sich hier die Bundesländer aus der Verantwortung schleichen. Ich halte es für total wichtig, dass wir uns dieser Diskussion stellen.

 

Noch ein Wort zu der sogenannten Residenzpflicht: Ich glaube, Sie von den NEOS befürworten das sehr. Ich empfehle Ihnen dringend, alle Untersuchungen und Erfahrungen, die Deutschland damit gemacht hat, zu lesen. Diese Residenzpflicht, dieser Wohnungszwang, löst kein einziges Problem der Kommunen. Kein einziges Problem! (Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: Das tut sie schon!) - Nein! Schauen Sie sich das wirklich einmal an! Sie schicken nur Menschen hin und her! Es ist schlichtweg so, wenn Sie nicht in Gemeinden, überall, wo anerkannte Flüchtlinge sind, in Inklusion investieren, in Arbeit, in Wohnraum, in Perspektiven, werden sich die Menschen auf den Weg machen. Es ist unrealistisch, diese Menschen dort festzuhalten. Das wird nicht gehen. Es ist auch rechtlich sehr umstritten, sage ich Ihnen ganz offen. Es widerspricht auch EU-Recht. (Abg. Armin Blind: Das heißt, da sind wir wieder beim Recht!) Ich kenne das EuGH-Urteil, auf das Sie immer Bezug nehmen. Wenn es überhaupt möglich ist, ist es bei subsidiär Schutzberechtigten der Fall. (Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: Das sehe ich anders!)

 

Da ist wieder die Frage: Macht man hier Politik mit im Grunde wenigen Menschen oder diskutiert man endlich darüber, dass Inklusion ab dem ersten Tag für anerkannte Flüchtlinge geschaffen werden muss? Wir werden immer wieder zum gleichen Punkt kommen, nämlich: Wer übernimmt die Kosten? (Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: Aber das ist keine Frage, Kosten zu verteilen!) Das ist das eigentliche Ping-Pong-Spiel, das hier seit Wochen stattfindet. Wer Leistung bringt, zahlt. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Aus dem Gesichtspunkt müssen Sie es auch einmal sehen!) Dann müssen wir endlich einmal ernsthaft über Vermögensbesteuerung, über Erbschaftssteuer, über Gerechtigkeit reden. Dann reden wir darüber! (Aufregung bei FPÖ und ÖVP. - Abg.

 

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