Landtag, 4. Sitzung vom 18.03.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 91 von 251
Finanzierungslimit angelangt! Da ist doch jedem Experten, der sich damit auseinandersetzt, vollkommen klar: Wir können uns das einfach nicht mehr leisten! Und da fragt man sich: Wenn Sie diesen § 71c heute wirklich durchziehen, meine Damen und Herren, wie wollen Sie die Menschen aus diesen Barackenlagern versorgen, wenn Sie das alles mit diesem Wiener Sozialsystem durchziehen, wo es ja vorne und hinten an Geld mangelt? Es kann doch nicht die Lösung sein, dann bei den eigenen Menschen Kürzungen anzusetzen! Es kann doch nicht die Lösung sein, wie das etwa die StRin Wehsely ja schon angekündigt hat, dann bei den eigenen Staatsbürgern zu kürzen, bei den jungen Menschen, die wirklich eine Unterstützung brauchen. Dort sind bei der Mindestsicherung auf Kosten junger Menschen massive Einschnitte angekündigt. Aber es kann doch nicht die Lösung sein, und ich glaube, da sind wir uns alle einig, meine Damen und Herren, hier ausgerechnet bei den eigenen Bürgern zu kürzen! Ich frage mich daher: Ist das wirklich Ihr Ernst? Meinen Sie das wirklich? Haben Sie sich das hier wirklich überlegt, diesen § 71c, Massenquartiere, Barackenlager wie in der Dritten Welt? Meine Damen und Herren, der Wiener ist sicher ein gemütlicher Mensch, und die Leute lassen sich sehr viel gefallen, aber das heute ist zu viel. Ich meine, das geht zu weit. Sie haben den Bogen überspannt. Das werden sich die Menschen nicht bieten lassen. Wir werden die Menschen nicht im Stich lassen. Wir werden heute auch alle parlamentarischen Möglichkeiten ausnutzen, um das zu verhindern, weil heute, meine Damen und Herren, ist die „Lange Nacht der Bürgerrechte“ angesagt! (Beifall bei der FPÖ.)
Wenn Sie das wirklich mit aller Konsequenz durchziehen, meine Damen und Herren von Rot-Grün, diese verfassungswidrige Novelle der Bauordnung, wenn Sie das beinhart durchziehen, wenn Sie das alles wirklich in dieser Stadt umsetzen, Container, Zubauten in Leichtbauweise, Fertigteilbauten, verfassungswidrig ohne Baubewilligung, ja nicht einmal mit einer Bauanzeige, wenn Sie das alles hier heute durchboxen, wenn Sie Verfassungsrecht verletzen, wenn Sie grundsätzliche Nachbarrechte ausschalten, mit Füßen treten, verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte mit Füßen treten, und zwar auf 15 Jahre in einem angeblichen Provisorium, wenn Sie das alles wirklich durchziehen, Barackenlager wie in der Dritten Welt mitten in Wien, dann muss ja die Frage erlaubt sein: Wo sollen diese Menschen arbeiten? Kann dieser Wiener Arbeitsmarkt diese Migranten aus Barackenlagern zusätzlich noch verkraften?
Schauen wir uns hier die aktuellen Zahlen an, meine Damen und Herren: Im Februar 2016 ist vor allem auch wegen dieser Entwicklung die Arbeitslosigkeit in Wien um einen Prozentpunkt explodiert. In den anderen Bundesländern nicht, da ist die Arbeitslosigkeit gleich geblieben oder sogar gesunken. Bei uns ist die Arbeitslosigkeit explodiert! Und wenn Sie das heute wirklich beinhart durchziehen, dann frage ich mich: Wie wollen Sie die Menschen aus diesen Barackenlagern ausgerechnet am Wiener Arbeitsmarkt unterbringen, gerade hier in Wien am Wiener Arbeitsmarkt, der das Schlusslicht aller Bundesländer ist, wo bei uns die Situation ja jetzt schon am schwierigsten ist und wir gerade in Wien die höchste Arbeitslosigkeit unter allen Bundesländern haben?
Schauen wir uns einmal an: Wie ist das denn in Wien in der Vergangenheit gewesen? Wir haben ja solche Angebotsschocks am Arbeitsmarkt bereits erlebt, als das Angebot am Arbeitsmarkt etwa bei der Ostöffnung stark gestiegen ist. Da haben wir das Anschauungsmaterial, und da wissen wir heute, wie der Wiener Arbeitsmarkt unter dieser Ostöffnung gelitten hat, wie 10.000 Wienerinnen und Wiener durch diese Ostöffnung ihren Arbeitsplatz verloren haben. Da haben wir das Anschauungsmaterial. Und wenn wir uns dann vorstellen, dass alle diese Menschen, die Sie in Massenquartieren, in Barackenlagern hier in Wien unterbringen wollen, dann noch zusätzlich auf den Wiener Arbeitsmarkt drängen, wo bereits jetzt die Arbeitslosigkeit bei uns in Wien am höchsten von allen Bundesländern ist, und wenn wir uns schließlich auch die Zahlen des Bundes, des Finanzministeriums, anschauen, die aktuellen Zahlen, wo es ja Berechnungen gibt, wie viele Zuwanderer am Arbeitsmarkt wirklich unterkommen, wie viele hier einen Arbeitsplatz finden, dann sind ja diese Zahlen ernüchternd, meine Damen und Herren! Nach diesen Zahlen des österreichischen Finanzministeriums sind nur 7 bis 9 Prozent dieser Migranten in den Arbeitsmarkt integrierbar. Und wir wissen ja alle, das sind keine Forscher, die wir brauchen, keine Techniker, keine Universitätsprofessoren, wie Sie das vor der Wahl ja immer behauptet haben! Das stimmt alles nicht. Das Finanzministerium hat uns das ganz offiziell vorgerechnet: Nur 7 bis 9 Prozent dieser Zuwanderer, dieser Migranten, sind am Arbeitsmarkt integrierbar. Das muss man sich einmal vorstellen! 7 bis 9 Prozent! Da fragt man sich wirklich: Ist das wirklich Ihr Ernst? Menschen, zig Tausende Menschen hier in Barackenlagern mitten in dieser Stadt unterbringen zu wollen?
Ich meine daher, Sie haben heute wirklich den Bogen überspannt. Wenn Sie das durchziehen, dann gehen Sie zu weit. Das werden sich die Menschen nicht bieten lassen, und wir werden heute alle parlamentarischen Möglichkeiten ausschöpfen, die uns hier nach dieser Geschäftsordnung des Wiener Landtages zustehen, um das Inkrafttreten dieses § 71c zu verhindern, meine Damen und Herren!
Aber schauen wir uns noch einmal dieses Gesetz im Einzelnen an, den Inhalt dieser Bauordnungsnovelle, wo es um Leichtbauweise, Containerbauten, Fertigteilbauten geht, wo es darum geht, das ohne Baubewilligung, ja nicht einmal mit einer Bauanzeige, zuzulassen, und wo damit eben ganz grundsätzliche Rechte verletzt werden, vor allem auch verfassungsrechtlich gewährleistete Rechte, wofür ja unsere Vorväter Generationen lang schon in vielen Verfassungsstreitigkeiten gekämpft haben.
Wenn Sie das heute hier alles mit einem Federstrich hinwegwischen, das gesamte Recht der Flächenwidmungspläne etwa, der Bebauungspläne, und die Vorredner haben ja darauf hingewiesen, unser Klubobmann, der Kollege Nepp etwa, auch der Kollege Ulm von der
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