Landtag,
31. Sitzung vom 29.06.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 51 von 93
Prüfersuchen gestellt haben an das Kontrollamt in Bezug auf den Fonds Soziales Wien, denn wir haben hier und im Ausschuss und im Beirat immer wieder diskutiert, dass die Umstellung des Systems von Dienstleistungsverträgen auf Förderverträge große Fragen aufwirft, dass vor allem bei der Opposition die Sorge besteht, dass durch diesen Paradigmenwechsel in der Versorgung im Gesundheits- und Sozialbereich möglicherweise Risken eingegangen werden, die man noch nicht abschätzen kann, die einerseits das EU-Wettbewerbsrecht betreffen, andererseits die Versorgungssicherheit durch diese neuen Strukturen. Wir meinen, dass wir guten Grund haben und dass es hoch an der Zeit ist, sich anzuschauen, ob diese Strukturen, die da jetzt eingeführt werden und wurden, tatsächlich das halten, was sie versprechen müssen, nämlich eine Versorgungssicherheit für die Menschen und Klarheit für die Anbieterorganisationen hinsichtlich ihrer Situation.
Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass der
Dachverband der Wiener Sozial- und Pflegeeinrichtungen sehr klar in einer
Studie, die jetzt im Februar vorgelegt wurde, große Bedenken geäußert hat, dass
mit diesen neuen Strukturen zweckmäßig und wirtschaftlich gearbeitet werden
kann. Sie sagen, dass unter dem Förderregime die angebotenen Dienstleistungen
neu zu definieren wären, dass mehr administratives Personal nötig wäre und dass
die Übernahme dieser Aufgabenbereiche, wenn sich die Organisationen sozusagen
um Förderverträge bewerben müssen, vermutlich den Preis der Dienstleistung
erhöhen würde. Das halte ich nun doch für eine sicher nicht akzeptable und vor
allem, nehme ich doch an, nicht intendierte Entwicklung, die hier
möglicherweise vor der Tür steht. Außerdem sagen sie, dass es zu einer
Machtkonzentration oder zu einer Konzentration kommen kann, dass die Organisationen
befürchten, dass das Rote Kreuz und die Caritas der Erzdiözese Wien aufgrund
ihrer Bekanntheit und Größe einen Wettbewerbsvorteil haben, der für kleine
Anbieter das Aus bedeuten könnte.
Auch das kann nicht im Interesse der Stadt sein, und
eigentlich muss der Fonds Soziales Wien die Quadratur des Kreises schaffen. Wie
das gelöst werden soll, ist uns völlig unklar. Auch das sollte durch diese
Untersuchung jetzt klargemacht werden, wie soll denn gleichzeitig den
Individuen, die eine Förderung zuerkannt bekommen, jede Freiheit in der Auswahl
gegeben werden. Das ist EU-wettbewerbsrechtlich Vorraussetzung, dass man nicht
steuern darf. Und so sagt das Gutachten Schramm, das hier seitens des Fonds
Soziales Wien eingeholt wurde, dass alle faktischen Umstände aus der Serie des
FSW zu eliminieren sind, welche die Entscheidungsfreiheit der Einzelperson zur
Wahl des anerkannten Dienstleisters in Frage stellen können. Also wenn es so
ist, dass die Gesundheits- und Sozialzentren einer ihrer Kernaufgaben nicht mehr
nachkommen können, nämlich die Leute zu beraten, ihnen Hilfestellung zu geben
nach einer Spitalsentlassung oder nach einer gesundheitlichen Verschlechterung
ihnen auch Entscheidungsgrundlagen und Hilfestellungen zu geben, wenn sie das
alles nicht dürfen, sondern nur auf den Markt der Anbieter verweisen dürfen,
dann ist sehr die Frage, ob das im Interesse der Versorgungssicherheit der
Menschen sein wird.
Wir meinen, diese Fragen sind zu klären, diese Fragen
sind zu prüfen.
Es ist uns
auch besonders wichtig, dass klar ist, ob die Parameter und die Berechnungen
für Leistungsabgeltungen an die Anbieterorganisationen transparent, gerecht und
objektiv erstellt werden, denn auch das ist eine Voraussetzung dafür, dass
diese Förderstruktur EU-wettbewerbsrechtlich hält. Es muss auch klar sein, dass
es nicht zu Überförderungen kommt, das heißt - und das wird jetzt für viele
Anbieterorganisationen gar nicht ganz leicht sein - es muss Klarheit und
Transparenz darüber geben, woher sonst die Anbieterorganisationen ihre Mittel
beziehen, ob es zum Beispiel aus anderen öffentlichen Händen Mittel gibt, ob es
Bundesmittel gibt, ob es klar ist, dass es keine Quersubventionen gibt oder
eine Überdeckung aus Spenden und so weiter und so weiter.
Das alles
soll durch einen Prüfauftrag ans Kontrollamt geklärt werden und nicht zuletzt
auch die Frage, die ich zuerst gestellt habe, nämlich hinsichtlich der Rechte
der Leistungsbezieher, also der Förderungsbezieher, der Menschen, die eine
Leistung von einer Anbieterorganisation bekommen und die in dieser neuen
Struktur halt ein Bewilligungsschreiben, eine Zuerkennung der Förderung
bekommen und die Frage, wie hier eine Beschwerdeinstanz hergestellt wird. Wie
hier, wenn es keine Bescheide gibt, klargestellt werden soll, dass es ohnedies
einen Instanzenzug für Beschwerden geben muss, dass klar sein muss, dass
derjenige, der eine Förderung beansprucht, auch jemanden haben muss, an den er
sich wenden kann, wenn er den Eindruck hat - er oder sie oder die Angehörigen
-, dass es hier vielleicht keine gute Qualität gibt oder dass nicht ausreichend
gepflegt wird oder was immer.
Diese Strukturen vermissen wir und sehen wir auch im
Fonds Soziales Wien nicht. Wir wissen von Betroffenen, dass es jetzt schon
Unsicherheiten und Unklarheiten gibt und dass diese Bewilligungsstruktur auf
großes Unverständnis insbesondere dort stoßt, wo es um hoheitliche Aufgaben und
die Vollziehung von Gesetzen geht.
Wir haben dieses Prüfersuchen noch rechtzeitig
eingebracht. Es soll vor Auflösung des Gemeinderats auch noch offiziell in
Auftrag gegeben sein und wir hoffen, dass wir möglichst bald und umfassend und
profund Antworten auf unsere Fragen bekommen. Es ist im Interesse der
Opposition, aber noch viel mehr im Interesse des Fonds, hier Klarheit zu haben
und ganz besonders im Interesse der Bürger und Bürgerinnen in dieser Stadt. -
Danke schön. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Präsidentin Mag Heidemarie Unterreiner:
Als Nächste ist Frau Abg Lakatha gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.
Abg Ingrid Lakatha (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Frau Präsidentin! Frau Stadträtin! Meine Damen und
Herren!
Endlich hat sich auch die Wiener
SPÖ entschlossen, die von uns schon so lange geforderte Patientencharta
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular