Landtag,
31. Sitzung vom 29.06.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 40 von 93
EU-weit zugelassen wurden.
Meine Damen und Herren! Ich sage das in aller
gebotenen Deutlichkeit und Ernsthaftigkeit und möchte hier einen Appell
aussprechen. Ich fordere die EU-Kommissare im Allgemeinen und auch die
österreichische Vertreterin, Frau Dr Ferrero-Waldner, im Besonderen auf,
die Zwangsbeglückung der europäischen Landwirtschaft mit gentechnisch
verändertem Saatgut sowie Futtermitteln und Pflanzen raschest zu überdenken und
einzustellen. Sich über die Ablehnung und manifesten berechtigten Sorgen der
großen Mehrheit der EU-Bürgerinnen und -Bürger wiederholt hinwegzusetzen, das
ist der Stoff, aus dem die für ganz Europa schädliche Vertrauenskrise in die
EU-Institutionen ihre wachsende Nahrung erhält.
Wien wird im Gegensatz dazu auf dem Weg der gesunden
Ernährung bleiben und dem Vertrauen der Menschen in unsere landwirtschaftliche
Produktion konsequent Vorrang geben. Dazu brauchen wir dieses moderne
Gentechnik-Vorsorgegesetz als wichtigen Baustein zum Schutz der Lebensmittel
und damit zum Schutz der Gesundheit unserer Bürgerinnen und Bürger.
So wie beim Resolutionsantrag, den ich verlesen habe,
lädt die Sozialdemokratie ein, dieses moderne, wichtige
Gentechnik-Vorsorgegesetz zusammen mit uns zu beschließen. Ich danke Ihnen für
die Aufmerksamkeit und wünsche der Wiener Landwirtschaft eine erfolgreiche,
prosperierende, aber vor allem eine gentechnikfreie Zukunft. – Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Johann Hatzl:
Habe ich das falsch verstanden, Herr Abgeordneter? Sie haben einen Antrag oder
keinen? (Abg Heinz Hufnagl: Ach, den darf
ich noch überreichen! – Heiterkeit. – Abg Christian Oxonitsch: Jetzt habe ich
ihn dir extra in die Hand gedrückt!)
Ich habe keine weitere Wortmeldung. Daher ist die
Verhandlung geschlossen.
Die Frau Berichterstatterin hat das Schlusswort.
Berichterstatterin amtsf StRin Mag Ulli Sima: Herr Präsident! Meine sehr
geehrten Damen und Herren!
Wie Sie wissen, geht es
hier um ein Thema, das mich bereits seit sehr, sehr vielen Jahren begleitet,
nicht nur während meines Studiums, sondern auch während meiner Zeit als Gentechnikreferentin
bei Global 2000, und
deswegen freue ich mich wirklich ganz, ganz besonders, dass wir heute hier mit
allen fünf Fraktionen dieses Hauses das Gentechnik-Vorsorgegesetz beschließen
können.
Ich glaube, dass es ein sehr, sehr wichtiger Punkt
ist für die Zukunft der Landwirtschaft in Wien. Mein Ziel ist es, diese
Landwirtschaft auch künftig gentechnikfrei zu halten, und ich glaube, dass wir
mit dem Gentechnik-Vorsorgegesetz diesem Ziel einen ganz, ganz großen Schritt
nähergekommen sind.
Wie Sie wissen, versuchen wir mit diesem Gesetz, den
uns möglichen gesetzlichen Spielraum, der ja durch die EU-Vorgaben sehr, sehr
eng ist, bestmöglich auszunutzen. Deswegen hat das Gesetz, das wir ja bereits
im letzten Jahr auf die Reise geschickt haben, auch so lange gedauert, weil die
EU-Kommission sich sechs Monate ausbedungen hat, in denen sie dieses Gesetz
eben genauer untersucht und analysiert hat. Ich freue mich, dass wir es jetzt
noch vor der Sommerpause geschafft haben, es heute auf die Tagesordnung zu
bekommen, weil das mit Brüssel keine Selbstverständlichkeit ist, und dass wir
es heute beschließen können.
Wichtigster Punkt des Gesetzes ist sicher die
behördliche Bewilligung, ist sicher das Gentechnik-Buch, aber auch, dass wir
die Möglichkeit haben, via Verordnung für die Saatgutvermehrungsgebiete, die es
in Wien gibt, komplette Verbotszonen zu beschließen. Das heißt, dort, wo in
Wien künftig Saatgut angebaut wird – das sind doch einige Bereiche –, können
wir künftig den Einsatz von Gentechnik generell untersagen.
Wir haben dieses Gesetz auch in einer sehr engen
Abstimmung mit Niederösterreich vorbereitet, einfach aus dem Grund, dass
natürlich Wiener und niederösterreichische Bauern auf eine Zusammenarbeit und
abgestimmte Gesetze wirklich angewiesen sind und wir da niemandem etwas
erschweren wollen.
Parallel dazu – das ist schon erwähnt worden – haben
wir diese Plattform gegründet gemeinsam mit der LGV Frischgemüse und der
Landwirtschaftskammer, wo wir sozusagen in einer Art Doppelstrategie versuchen,
alle Wiener Bauern zu gewinnen, dass sie hier freiwillig mitmachen, damit wir
eben keine Gentechnik auf unseren Feldern haben.
Der Beitritt zum Europäischen Netzwerk ist, glaube
ich, auch ein nächster wichtiger Schritt, weil einfach die Vernetzung mit
anderen Regionen, die wir natürlich auf informeller Ebene schon länger
vorbereitet haben und die jetzt Gott sei dank gleichzeitig mit dem Gesetz quasi
spruchreif und abstimmungsreif geworden ist, sicher auch ein wichtiger Schritt
ist, weil alle Länder und Regionen ja das gleiche Problem haben, wie es
beispielsweise das Bundesland Wien hat, nämlich dass es eindeutige gesetzliche
EU-Vorgaben gibt, die im Prinzip sagen, Gentechnik ist zu erlauben. Wir aber
wissen, dass die Bevölkerung, die Bauern das eigentlich nicht wollen, deswegen
ist es wichtig, dass wir hier den maximalen Spielraum ausnutzen, uns aber auf
der anderen Seite auch mit anderen zusammenschließen.
Denn eines muss man schon sagen:
Bei der Gentechnik hat Österreich eigentlich eine Erfolgsgeschichte auf
EU-Ebene vorzuweisen. Anders als bei der Antiatompolitik, wo wir immer ein
bisschen als Spinner verlacht worden sind, die keine Atomkraftwerke wollen, wo
wir aber sehr allein dagestanden sind, haben wir es bei der Gentechnik
geschafft, auf EU-Ebene Verbündete zu finden. Das hat sich letzte Woche erst
wieder gezeigt, als die EU-Kommission versucht hat, die drei Importverbote, die
Österreich gegen drei sehr problematische Produkte seit Jahren aufrecht hat,
wieder einmal aufzuheben – das war, glaube ich, der zehnte Anlauf der
EU-Kommission –, und die EU-Kommission nur deswegen gescheitert ist, weil es
eine Zweidrittelmehrheit gegen den Vorschlag der Kommission gab. Das heißt, wir
haben es geschafft, sehr, sehr viele Länder als Verbündete zu gewinnen, die
Österreich in diesem Anliegen des
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