«  1  »

 

Landtag, 31. Sitzung vom 29.06.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 32 von 93

 

Abg Johannes Prochaska.), dass die Opfer der NS-Militärjustiz rehabilitiert werden, aber was schon mehr als ein Schönheitsfehler ist, ist, dass sich beide Regierungsparteien – vor allem auf Grund des BZÖ, aber die ÖVP ist da mitgegangen – geweigert haben, den Begriff "Deserteure" ins Gesetz zu schreiben. Das ist eindeutig der Fall und ist auch argumentiert worden: Weil das BZÖ das nicht will. Und das ist schon auch etwas, was wir nicht hinnehmen können. (Beifall bei der SPÖ und bei den GRÜNEN.)

 

Man hat dort gesagt, man macht ohnehin eine Ausschussbemerkung, und in der soll drinnen stehen, dass da die Deserteure auch mit gemeint sind und dann juristisch vermutlich schon auch unter diese Bestimmung des Gesetzes fallen. Aber dass man ausdrücklich das Wort nicht drinnen haben will im Gesetz, das war politisch sicher nicht korrekt.

 

Eine weitere Bemerkung vielleicht: Ich halte es auch für unerträglich, dass Gudenus oder Kampl weiterhin Mitglied – wenn ich richtig informiert bin – der freiheitlichen Bundesratsfraktion sind und damit quasi sicherstellen, dass die FPÖ weiterhin in den Bundesratsausschüssen vertreten ist. Ich glaube, hier hätte man sicher korrekter vorgehen müssen. Wenn sie schon noch immer dort Mitglied sind – bei Gudenus ist es ganz, ganz, ganz besonders schlimm –, dann dürften sie wenigstens keiner Fraktion angehören.

 

Dadurch, dass wir Personen in den Bundesrat delegieren, sind wir auch zuständig, kurz darüber zu reden. Was ich wirklich für unerträglich halte, ist, dass jetzt genau die Parteien, die für Leute wie Gudenus und Kampl verantwortlich sind, deshalb, weil diese Leute unerträgliche und absolut unakzeptable Äußerungen von sich geben, sagen, man soll den Bundesrat abschaffen.

 

Also man kann grundsätzlich über den Bundesrat diskutieren. Es ist im Konvent viel darüber diskutiert worden. Man kann sagen, er soll aufgewertet werden, seine Funktion soll geändert werden. Man kann auch politisch vertreten, er soll abgeschafft werden, was natürlich in einem Bundesstaat schwierig ist. Aber jetzt auf Grund dieser Äußerungen von zwei Personen zu sagen, dieses Gremium der Republik gehört abgeschafft, ist auch nicht die richtige Vorgangsweise, um es korrekt auszudrücken.

 

Ich kann mich erinnern, es hat auch ein Landeshauptmann aus dem Süden die ordentliche Beschäftigungspolitik im Dritten Reich gelobt und er hat vor SS-Veteranen vollkommen unerträgliche Äußerungen von sich gegeben, aber zu Recht hat natürlich damals niemand gesagt, die Funktion des Landeshauptmannes gehört abgeschafft. Oder als Gudenus im Nationalrat diese vorher zitierte Äußerung von sich gegeben hat, hat auch niemand gesagt, der Nationalrat gehört abgeschafft. So gesehen, ist es natürlich nicht akzeptabel, auch nicht von den Medien, zu behaupten, der Bundesrat gehört abgeschafft, weil Gudenus und Kampl diese Äußerungen getätigt haben.

 

Man kann, wie gesagt – darüber hat gestern sogar der ÖVP-Klubdirektor des Parlamentklubs in einer Tageszeitung einen Artikel geschrieben –, über den Bundesrat diskutieren, im Rahmen einer Gesamtreform kann man darüber diskutieren, was mit ihm geschieht, ob er aufgewertet, geändert oder sonst irgendetwas wird, aber jedenfalls hat es sich der Bundesrat und hat es sich die überwältigende Mehrheit der Bundesräte nicht verdient, mit den Herren Gudenus und Kampl in einen Topf geworfen zu werden. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Nur ganz kurz noch, weil auch das Verbotsgesetz gefallen ist. Ich habe es auch nicht für richtig gefunden, dass von einem grünen Abgeordneten – durchaus aus edlen Motiven, unterstelle ich einmal – eine Änderung des Verbotsgesetzes wegen des Herrn Gudenus gefordert wurde. Ich glaube, das Verbotsgesetz ist gut, wie es ist. Insofern würde man wirklich dem Herrn Gudenus zu viel der Ehre zukommen lassen, wenn man nach jeder seiner unerträglichen Äußerungen ein ganz wichtiges Basisgesetz, ein Verfassungsgesetz unserer Republik änderte. Also das würde meiner Ansicht nach in der Dimension nicht richtig sein.

 

In der Dimension schon richtig ist allerdings, dass wir heute eine namentliche Abstimmung verlangen, weil ich meine, dass es wirklich ganz klar dokumentiert werden soll, wer tatsächlich für diesen Auslieferungsantrag stimmt.

 

Als Letztes noch ein paar Worte zur Immunität, weil das auch angesprochen worden ist. Die Immunität ist ein verfassungsrechtlich eingerichtetes Rechtsinstitut, welches von der Grundidee her die gesetzgebende Körperschaft und deren Mitglieder vor allfälligen Willkürhandlungen, insbesondere der Exekutive, hat schützen sollen. Insofern ist es auch unerheblich, ob der Betreffende seiner Auslieferung zustimmt oder nicht. Es wird wohl in ganz Österreich, in unserer Republik keinen Menschen geben, der seine fünf Sinne beisammen hat, der die beantragte Strafverfolgung beziehungsweise die Zustimmung des Landtages als Willkürakt bezeichnen würde, vielmehr sind in diesem Raum alle der Meinung, es ist korrekt, diese Zustimmung zu geben.

 

Es ist auch deshalb korrekt, weil die Zweite Republik als Antithese zum kriminellen Gewaltregime der Nationalsozialisten errichtet worden ist. Antifaschismus ist eine Grundsäule dieser Republik. Auf dieser Grundsäule basiert die Erwartung von allen von uns, dass es solche Verbrechen nie mehr geben darf, und das Verbotsgesetz ist der juristische Ausdruck dieser Grundsäule. Wer sich daher dem begründeten Verdacht aussetzt, gegen das Verbotsgesetz verstoßen zu haben, wird zu Recht strafgerichtlich verfolgt. Die Entscheidung darüber liegt dann bei den unabhängigen Gerichten. Aber wir haben als politische Mandatare – das gilt auch für jeden mündigen Bürger, jede mündige Bürgerin – doch die Aufgabe, vielleicht auch diesen Fall zum Anlass zu nehmen, noch konsequenter gegen jeden faschistischen und rechtsextremen Ungeist vorzugehen, gegen Geschichtsfälschung, gegen Rassismus, Antisemitismus und Intoleranz. Wir sollten auch dafür eintreten, dass natürlich unsere Jugend bestmöglich aufgeklärt wird und der Geschichtsunterricht, der schon besser geworden ist, darauf

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular