Landtag,
4. Sitzung vom 22.11.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 58 von 60
BIP zu haben und 2002 bis 2004 maximal 0,75 Prozent des
BIP zuzulassen. Die Länder verpflichten sich, von 2001 bis 2004 gemeinsam einen
durchschnittlichen Haushaltsüberschuss von 0,75 Prozent des BIP, jedenfalls
aber 23 Milliarden S, zum gesamtstaatlichen Konsolidierungspfad beizutragen.
Die Gemeinden außer Wien - weil Wien wird als Land und nicht als Gemeinde
gesehen - sollen ausgeglichen budgetieren. Das sind die Fakten, die man vorausstellen
muss.
Man muss dazusagen, dass auch die Finanzausgleichpartner
den grundsätzlichen Abschluss im Wortlaut schon im Juni dieses Jahres gefunden
haben. Im August hat das der Landeshauptmann von Wien unterzeichnet, aber im
Juni, in der damals wirtschaftlich wesentlich besseren Phase, ist das ausgearbeitet
und der eigentliche inhaltliche Abschluss getroffen worden.
Heute befinden wir als Landtag darüber, ob der
Abschluss dieser Vereinbarung zu genehmigen ist. Die SPÖ tritt dafür ein, den
Stabilitätspakt zu genehmigen. (Beifall
bei der SPÖ.)
Wien ist grundsätzlich pakttreu, denn Verträge sind
einzuhalten. Das ist einfach ein Rechtsgrundsatz, der für jedes Gemeinwesen,
für jedes Zusammenleben ein außerordentlich wichtiger ist, damit alles funktioniert.
Dieses wichtige Prinzip ist aufrecht zu halten. Es muss aber schon
grundsätzlich die Frage erlaubt sein, wie man darauf reagiert, wenn nach einer
Vereinbarung, die in einer Phase der Hochkonjunktur erarbeitet worden ist,
Veränderungen eintreten, nach Abschluss eine wirtschaftliche Schwächephase eintritt.
Darüber soll man auch nachdenken können. Darüber soll man kreativ nachdenken.
Aber natürlich wird Wien diesen Pakt sicher nicht einseitig aufkündigen. Es
wird aber die Frage an Herrn Finanzminister Grasser erlaubt sein, was er
eigentlich dazu sagt, dass, nachdem der Stabilitätspakt abgeschlossen worden
ist, er praktisch ein Körberlgeld von zusätzlich 13 Milliarden S über
diese Vorsteuerleistungen bekommt. Er hätte an sich das Nulldefizit ja ohne
diese 13 Milliarden S erreichen müssen. Deshalb, glaube ich, ist die
Forderung sehr berechtigt, dass man deutlich ausspricht, dass diese
zusätzlichen Mittel im Infrastrukturbereich eingesetzt werden sollten. (Beifall bei der SPÖ.)
Die schlechte Konjunkturentwicklung und der Anstieg
der Arbeitslosigkeit erfordern in diesem Sinne eine Kurskorrektur und
Infrastrukturprojekte. Das ist überhaupt kein Gegensatz zu
Maastricht-Spielregeln.
Wenn diese Kurskorrektur
nicht erfolgt, sagen Wissenschaftler - nicht nur angeblich, sehr geehrte Frau
Stadträtin, sondern wirklich -, dann wäre auch ein dauerhafter
Konjunktureinbruch möglich. Der ist doch wirklich nicht in unserem Interesse!
Da muss man schon sagen, dass heute zum Beispiel in der "Kronen
Zeitung" steht, dass österreichweit - wird hier berichtet - weniger investiert
wird, als allein Wien in den Hochbau steckt. Das ist doch relativ bezeichnend.
Ich meine, dass man den Spielraum, den die
Wirtschafts- und Budgetpolitik nach wie vor bis zu einem gewissen Grad hat,
möglichst sinnvoll nutzen muss. Das Wiener Budget - das ich jetzt nicht noch
einmal nachdiskutieren will, aber nur ein Satz dazu - hat eben mehr für
Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung getan. Man wird mehr in berufliche
Qualifikation und Ausbildung stecken. Das ist der richtige Weg und den sollte
man beibehalten! Daran sollte sich auch der Bund ein Beispiel nehmen! (Beifall
bei der SPÖ.)
Eines soll wirklich in aller Deutlichkeit überall in
Österreich gesagt werden: Nicht der Bundesminister für Finanzen mit seiner
neuerlichen Schuldenaufnahme in der Höhe von 20 Milliarden S brachte
das Nulldefizit, sondern die Länder mit den Haushaltsüberschüssen haben den
wesentlichen Beitrag dazu geleistet! Das ist einmal ganz deutlich zu sagen! (Beifall
bei der SPÖ. - StRin Karin Landauer: Die Steuerzahler!)
Unsere Zustimmung zum Stabilitätspakt kann natürlich
nicht heißen, dass es eine allgemeine inhaltliche Zustimmung zur Finanz- und
Budgetpolitik der Bundesregierung überall geben muss. Das kann es nicht heißen.
Vielmehr ist die Bundesregierung aufgefordert, ihr unflexibles, auch irgendwie
stures Festhalten an einem eingeschlagenen Budgetkurs zu ändern, weil sich die
wirtschaftlichen Rahmenbedingungen geändert haben.
Österreich hat die höchste Steuer- und Abgabenquote.
Das ist nicht gut. Unternehmer werden jetzt angehalten, Steuern vorauszuzahlen,
also dem Staat Kredite zu gewähren. Die öffentlichen Investitionen des Bundes
sind zurückgegangen, sind vergleichsweise geringer als in den USA. Überhaupt
kann man an den USA sehen, dass dort nicht ideologisch Wirtschaftspolitik
gemacht wird - das sagen auch die Wirtschaftsforscher -, sondern dass man dort
wirklich so reagiert, dass die Wirtschaft wieder in Schwung kommt, und zwar
nicht nach den Lehrbüchern, sondern nach den Fakten. Das könnte sich die Bundesregierung
auch vornehmen!
In diesem Sinne hoffe ich, dass es von der Bundesregierung
Unterstützung für eine Infrastrukturoffensive im Straßenbau und für die Bahn
geben wird. Ich hoffe, dass von dort aus mehr in die Ausbildung investiert wird
und hoffe, dass das wirklich durchgeführt wird.
Abschließend kann ich sagen: Die SPÖ bekennt sich mit
ihrem heutigen Beschluss zum Stabilitätspakt. Die Bundesregierung wird aber im
Interesse unserer Wirtschaft, im Interesse einer erfolgreichen Zukunft unseres
Landes und im Interesse der Menschen unseres Landes dringend zu einer
grundlegenden Kurskorrektur aufgefordert! (Beifall bei der SPÖ.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Zum Wort
ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Der Herr Berichterstatter hat das Schlusswort.
Berichterstatter LhptmSt Dr Sepp Rieder:
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
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