Landtag,
4. Sitzung vom 22.11.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 56 von 60
45,6 Prozent, die wir jetzt haben. Dazu muss ich schon
sagen - und deshalb sollte sich diese Bundesregierung nicht rühmen -, hätten
wir in den vergangenen 20 Jahren eine Abgabenquote von 45,6 Prozent
gehabt, hätten Sie es massiv kritisiert, aber jeder Idiot hätte das Nulldefizit
zustande gebracht, wenn wir diese Abgabenquote durchgehend gehabt hätten. (Beifall bei den GRÜNEN. - Abg Dr Helmut
GÜNTHER: Wer hat das Defizit zustande gebracht? - StRin Dipl Ing Dr Herlinde
Rothauer: Bei der Ausgabenfreudigkeit sicher nicht!)
Es ist nicht schwer, wenn man vor allem der breiten
Masse und darunter den Ärmsten der Armen das Geld aus der Tasche zieht (Abg Johann Driemer: Wir müssen Schlimmeres
verhindern!), einerseits den Reichen etwas zu schenken und trotzdem ein
Nulldefizit zustande zu bringen! Aber wie ernst ist die Kritik der
Sozialdemokratischen Fraktion zu nehmen, die mit dem Abschluss dieses
Stabilitätspakts genau diese Nulldefizit-Politik, die diese Bundesregierung
fährt, unterstützt? - Wer den Stabilitätspakt unterschreibt, kann diese
Nulldefizit-Politik der Bundesregierung nicht mehr kritisieren! Er trägt
genauso die Verantwortung dafür, dass auf Kosten der Steuerzahler und
Steuerzahlerinnen, auf Kosten aller in Österreich lebenden Menschen, gespart
wird! Er kann sich nicht mehr darauf ausreden und sagen, uns bleibt in Wien
nichts anderes übrig, wir müssen einsparen, die Bundesregierung ist schuld!
Ich hätte mir von einem Lhptm Häupl erwartet, dass
er, bevor er diesen Stabilitätspakt mit der Bundesregierung diskutiert, erstens
die Diskussion darüber im Landtag, im Gemeinderat und in den Ausschüssen sucht,
um zu versuchen, einen gemeinsamen Konsens über die Haltung der Stadt Wien zu
bekommen, und zweitens hätte ich mir erwartet, als Land Wien, als Gemeinde Wien
ganz massiv gegen diese verantwortungslose Politik der Bundesregierung
aufzutreten. Das Gegenteil war der Fall. Hinter verschlossenen Türen wurde der
Stabilitätspakt ausgehandelt und diesem von Lhptm Häupl und auch von
Finanzstadtrat Rieder zugestimmt.
Das lehnen wir ab! Daher, meine sehr geehrten Damen
und Herren, ist der Zusammenhang zwischen Stabilitätspakt und
Nulldefizit-Politik evident. Reden Sie daher bitte nicht mehr von sozialer
Verantwortung! Wir lehnen den Stabilitätspakt ab! - Danke sehr. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Präsident Johann Hatzl:
Die nächste Wortmeldung kommt von Frau StRin Dipl Ing Dr Rothauer.
StRin Dipl Ing Dr Herlinde Rothauer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr
Stadtrat! Meine Damen und Herren!
Ich muss als ersten Unterschied zu meinem Vorredner
herausarbeiten (Abg Dipl Ing Martin
Margulies: Sie stimmen zu!), dass wir zustimmen. Richtig! Ich überrasche
Sie sichtlich mit dieser Mitteilung, aber sie muss gesagt werden. Ich möchte
dazusagen, dass wir gerne zustimmen, weil wir davon überzeugt sind, dass es
auch im Interesse der folgenden Generationen ist, wenn wir mit Budgetmitteln
sorgfältiger umgehen, als es früher der Fall war, und dass wir auch dafür Sorge
zu tragen haben, dass die öffentlichen Haushalte in Ordnung sind. (Beifall bei der ÖVP. - Abg Gerhard
Pfeiffer: Das ist wahre Verantwortung!)
Das tut die jetzige Bundesregierung und das tut sie zum
Vorteil der Bevölkerung, der Bürger, aber auch nicht ganz zum Nachteil der
Kommunen und Länder. Ich möchte schon daran erinnern - da wiederhole ich mich
zur Budgetdebatte -, dass es nicht zum Nachteil von Wien geraten wird, wenn
jetzt das Nulldefizit durch die hohe Steuerleistung der Wirtschaft erreicht
wird, was schließlich dem Budget der Stadt Wien zu Gute kommen wird. Das ist
aber schon die einzige Wiederholung, die ich machen werde. Keine Sorge, meine
Damen und Herren, auch ich werde jetzt nicht die Debatte über das Wiener Budget
fortsetzen, die wir schon zwei Tage lang geführt haben. (Abg Johann Driemer: Das ist auch schon beschlossen!)
Ich möchte nur zu einem Aspekt Stellung nehmen, den
mein Vorredner, Herr Margulies, in Frageform formuliert hat, wie ernst die
Kritik der Sozialdemokraten zu nehmen ist. Diese Kritik möchte ich mir schon
etwas vornehmen. Es ist so, dass Herr Lhptm Häupl schon Anfang Juni, vor der
Rechnungsabschlussdebatte in diesem Hause, den Stabilitätspakt in Frage
gestellt, massiv kritisiert und angekündigt hat, dass er das angesichts der
Positionen der Bundesregierung offensichtlich nicht anerkennen wird. Dennoch -
trotz dieser geäußerten Skepsis - hat der Herr Landeshauptmann am
29. August diesen Pakt unterschrieben. (Abg
Dr Matthias Tschirf: Hört, hört!) Das ist die gute Nachricht an dem Ganzen.
(Abg Gerhard Pfeiffer: Er ist gescheiter
geworden!)
Die schlechte Nachricht ist, dass die Kritik nicht
ganz verständlich war. Ich kann nur sagen, wenn man einen Pakt abschließt, muss
man auch zur Kenntnis nehmen pacta sun cernanda. Ich glaube auch, dass ich über
Herrn LhptmSt Rieder in diesem Fall wohl sagen kann, dass Sie, Herr StR Rieder,
sicher nichts unterschreiben würden, woran Sie nicht glauben. Ich nehme an,
dass Sie auch an eine Sparpolitik oder an eine vernünftige Haushaltspolitik -
so will ich sie nennen - glauben. Daher kann ich mich in diesem Fall nicht
einer gewissen Verwunderung erwehren, wieso Sie dann, Herr StR Rieder, immer
wieder, je nachdem, wie es gerade gebraucht wird, mit Bedauern oder mit
scharfer Kritik gegen den Stabilitätspakt und diese vorgenommenen Einsparungen
vorgehen, wenn Sie glauben, dass es gerade in das Konzept hineinpasst, nämlich
in das Gesamtkonzert, dass da heißt: "Gemma Bund kritisiern!"
Da werden sogar - ich habe hier eine Äußerung vom
14. November - Wirtschaftsförderungsinstitute bemüht und zitiert, die
angeblich kritisieren, dass man sich auf das Nullbudget-Defizit jetzt nicht
einlassen sollte. (Abg Dr Kurt
Stürzenbecher: Warum angeblich?) Da wird diese Tatsache immer dazu herange-
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