Landtag,
2. Sitzung vom 28.06.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 13 von 74
wir nunmehr in den Grenzregionen Deutschland, Österreich und auch Italien
diese Auseinandersetzungen auch zu tragen haben, die die Auswirkung dieser Energiefinanzierungspolitik
aus Europa gewesen sind. Das muss man auch immer mitbedenken.
Da gilt dasselbe, was ich dann auch vorhin sagte: Die Auflösung dieses
Konflikts hat auf demokratische Weise zu erfolgen. Auf demokratische Weise, die
in erster Linie natürlich davon ausgeht, dass man die Gespräche führt, und ich
füge hinzu, auch den Melker Prozess fortsetzt und nicht umkehrbar macht. Aber
das schließt auch gemäß unseren Gesetzen ein, dass man auf demokratische
Aktionen zu setzen hat, die darauf aufmerksam machen, wenn bestimmte Rechtsvorgänge
und Rechtsgepflogenheiten in diesem Europa von der anderen Seite nicht
eingehalten werden.
Präsident Johann Hatzl:
Weitere Zusatzfrage stellt Herr Abg Parzer.
Abg Robert Parzer (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Landeshauptmann!
Ein bisserl haben Sie die Frage schon vorweggenommen.
Meine Frage, was tut das Land Wien, um den von Bundeskanzler Schüssel
eingeleiteten Melker Prozess insbesondere durch mögliche Energiepartnerschaften
zu unterstützen - ein kleiner Zusatz - beziehungsweise was tut das Land Wien,
oder denkt das Land Wien an eine Installierung eines Atomschutzbeauftragten?
Präsident Johann Hatzl:
Also, die erste Zusatzfrage gilt, der zweiteTeil ist eine Bemerkung. - Herr
Landeshauptmann.
Lhptm Dr Michael Häupl:
Zunächst einmal halte ich den so genannten Melker Prozess von seiner Prozesshaftigkeit
her gesehen für gut, wenn auch das Ergebnis von Melk ja keines in der Sache
selbst gewesen ist, sondern den Weg zu einem letztendlich für uns
befriedigenden Ergebnis, nämlich die de facto Nicht-Inbetriebnahme von Temelin
zu ermöglichen, vorbereitet hat.
Ich halte diesen Prozess für unumkehrbar. Ich halte ihn deswegen für gut,
weil er es auf demokratische Art und Weise ermöglicht, auf einer Dialogebene diesen
Prozess fortzusetzen und es eigentlich nicht notwendig machen sollte, dass man
durch öffentlichkeitswirksame Aktionen - ich betone noch einmal - im Rahmen der
österreichischen Gesetze auf Missstände in einem derartigen Entwicklungsprozess,
insbesondere auch eine Verletzung des europäischen UVP-Rechts, hinweist. Aus
diesem Grunde halte ich das für richtig.
Ich habe allerdings Verständnis dafür, wenn man sich
die Unterlagen angeschaut hat, die von der tschechischen Seite dazu vorgelegt
wurden, denn das ist wahrscheinlich für viele besorgte Mitbürger, und die
müssen nicht "nur" - nur unter Anführungszeichen - von
Umweltorganisationen kommen, im Grenzbereich zu einer Provokation angesiedelt.
Aus diesem Grunde verstehe ich manche Reaktionen.
Ich denke nur, man sollte den Melker Prozess als Weg
zu dem gemeinsamen Ziel, unmittelbar mit unseren Nachbarn zu einer
kernenergiefreien Energiepolitik in Europa zu kommen, nicht verlassen. Er ist
alternativlos.
Präsident Johann Hatzl:
Die vierte Zusatzfrage stellt Herr Abg Dr GÜNTHER.
Abg Dr Helmut GÜNTHER (Klub der Wiener Freiheitlichen): Herr Landeshauptmann!
Die Vorgangsweise
des Managements von Temelin, aber auch der tschechischen Regierung, hat in
Österreich zu einer intensiv negativen Einstellung zu dieser Frage geführt.
Heutzutage sind über 80 Prozent der österreichischen Bevölkerung der
Meinung, wenn es zu keiner ordentlichen Regelung mit Temelin kommt, dass
Österreich ein Veto gegen den Beitritt Tschechiens zur Europäischen Union
einlegen sollte.
Wie stehen Sie zu diesem in der Bevölkerung sehr hohen
Quorum, zu dieser Frage?
Präsident
Johann Hatzl: Herr
Landeshauptmann.
Lhptm Dr
Michael Häupl: Herr
Abgeordneter!
Zunächst will
ich einmal Ihr Ergebnis ein bisschen in Frage stellen. Ich habe mir das sehr
genau angesehen. Es ist richtig, dass die Vorgangsweise des Atommanagements -
ich bleibe bei diesem Begriff -, aber auch der Umgang der tschechischen
Regierung mit diesem Dialogprozess großen Unmut ausgelöst haben. Aber jetzt nahtlos
daraus zu schließen, das sei mit einem Veto zu verknüpfen, lässt sich schon
durch die Folgefragen nicht unbedingt nachvollziehen, denn es gibt natürlich
noch andere Argumentationen, die mit ähnlich hohem Prozentsatz von der
Bevölkerung angenommen werden. Sei dem, wie dem auch sei.
Wesentlich erscheint mir dabei Folgendes zu sein: Ich denke, dass es
wichtig ist, dass im Rahmen der Verhandlung des Energiekapitels die
österreichische Position klar gemacht wird und diese österreichische Position
zweifelsfrei mit der Position der deutschen Bundesregierung nicht nur ident,
sondern auch in diesen Verhandlungen zu akkordieren ist. Wir führen diese
Verhandlungen ja nicht alleine. Es geht nicht um einen Beitritt der
Tschechischen Republik zu Österreich oder Österreichs zur Tschechischen
Republik, sondern wir führen gemeinsam mit den anderen 14 EU-Ländern die
Verhandlungen, auch zu diesem Energiekapitel. Und gerade die Grenzregionen oder
- in dem gegenständlichen Fall - die Nachbarländer werden für dieses Thema und
für diese Problematik eine besondere Sensibilität zu entwickeln haben.
Ich sehe auf der anderen Seite aber auch, dass die Hoffnung auf das
Schließen solcher Kernkraftwerke, wie es Temelin darstellt, das eine
Besonderheit hat, nämlich dass nicht einmal die mechanischen Teile
funktionieren, geschweige denn der eigentlich radioaktive Teil, durch EU-Recht
eine besonders hohe ist. Würde Temelin etwa in einem der neuen Bundesländer
Deutschlands stehen, dann wäre das gar nicht erst in Betrieb gegangen. Es hätte
nicht einmal die erste Betriebsbewilligung bekommen. Daher denke ich, dass es
vernünftig ist, die Inkompatibilität des Zustands
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