Landtag,
2. Sitzung vom 28.06.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 5 von 74
eine auf
der politischen Ebene - Bund-Länder Ebene - und eine auf Beamtenebene,
eingehend mit den vorliegenden Vorschlägen zur Verwaltungsvereinfachung sowohl
seitens des Bundes als auch seitens der Beamtengruppe, so wie es auf der
Landeshauptleutekonferenz vereinbart wurde. Über die Auswirkungen wird man dann
etwas sagen können, wenn das Gesamtpaket am Tisch liegt. Das wird frühestens im
Herbst sein, was zwei Gründe hat, denn zum einen liegt bei diesen Verhandlungen
bekanntlich der Teufel im Detail und zum anderen hat sich die
Landeshauptleutekonferenz vorbehalten, so was wie eine Gesamtzustimmung zu
geben, das heißt, es wird keine Detailzustimmungen vorab geben, sondern eine
Gesamtzustimmung, was nicht zuletzt auch damit zusammenhängt, dass die
Kostenfrage bei dieser Verwaltungsreform zu berücksichtigen ist, worauf ich
noch zurückkomme.
Einige konkrete Eckpunkte allerdings möchte ich gerne hier benennen. Die
Verwaltungsreform soll in erster Linie durch eine Aufgaben- und Strukturreform
mehr an Effizienz, Effektivität und Kundenfreundlichkeit zu dem Bürger bringen.
Sie soll zu einer Entlastung des Staatshaushalts und damit des Steuerzahlers
sowie zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft, zu einer
verbesserten Übersichtlichkeit der Verwaltung und zu einer Entlastung des
Bürgers von überflüssiger Bürokratie führen. Dazu zählt im Rahmen einer
Aufgabenreform ein Screening der Staatsaufgaben, nämlich eine Überprüfung
dahingehend, welche Leistungen grundsätzlich entbehrlich sind, ausgelagert oder
auf Private übertragen werden können. Dazu gehört ebenso die Frage der
Deregulierung, nämlich die Einschränkung der Bindungsdichte der Behörden durch
eine überdimensionierte Gesetzes- und Verordnungsgebung. Die Organisation der
staatlichen Verwaltung in den Ländern soll entschieden gestärkt werden und die
Bezirksverwaltungsbehörden beziehungsweise die Magistrate als erste und einzige
Verwaltungsinstanz und darüber die Unabhängigen Verwaltungssenate mit nach
Ansicht der Länder kassatorischer Entscheidungsbefugnis eingerichtet werden.
Insbesondere sollen moderne und effiziente Strukturen im Anlagerechtsvollzug
geschaffen werden. Nach Maßgabe der sachlichen Zusammenhänge soll eine
Bündelung der Zuständigkeiten und der Abbau von Doppelgleisigkeiten erfolgen.
Die Bundesministerien selbst sollen von operativen Zuständigkeiten entlastet
und zu schlanken Zentralstellen zur Wahrnehmung strategischer Aufgaben
umgestaltet werden. Nicht zuletzt sollen durch eine Verwaltungsvereinfachung
die Rahmenbedingungen für eine effiziente Verfahrensabwicklung geschaffen
werden. Die Verwaltungsabläufe sind zu modernisieren und die Heranziehung
technischer Hilfsmittel, Stichworte-Government, zu forcieren.
Es kann allerdings keinesfalls so sein, dass die Länder, und ich füge hinzu
auch die Städte, eine Vielzahl an Aufgaben vom Bund übernehmen, ohne dass der
Bund bereit ist, den für die Länder damit verbundenen Mehraufwand abzugelten
und dies somit faktisch zu einer deutlichen Kostenmehrbelastung für die Länder
und auch für die Gemeinden führt. Letztlich kann es wohl nur so sein, dass sich
auch die Bundesverwaltung restrukturiert, um in einer gemeinsamen Anstrengung
die im Finanzausgleichsgesetz genannten Ziele zu erreichen.
Dass der Aufgabenreformkatalog des Bundes überdies auch eine Reihe von
Vorschlägen enthält, wo es ganz offensichtlich nicht um
Verwaltungsvereinfachung, sondern um Kostenverlagerung vom Bund auf die Länder
geht, wie zum Beispiel bei der Übertragung der Verwaltung der Bundesgärten, sei
hier nur am Rande angemerkt.
Wien wird daher gemeinsam mit den anderen Bundesländern, aber auch mit dem
Städtebund sehr genau die auf dem Tisch liegenden Vorschläge überprüfen, denn
die am Städtetag waren, die wissen es und ich wiederhole es hier: Ich stehe zu
dieser Verwaltungsreform und ich halte sie für sinnvoll und effizient, wenn sie
jenen Kriterien auch entspricht, die wir davon erwarten und die ich hier
genannt habe, nämlich zu einer deutlichen Beschleunigung der Verfahren führt,
einen besseren Zugang des Bürgers zum Recht ermöglicht und sohin eigentlich das
Dienstleistungsunternehmen öffentliche Verwaltung entsprechend verbessert.
Einer reinen Aufgabenverlagerung, die zu einer Kostenverlagerung vom Bund
auf die Länder oder auch vom Bund auf die Städte, wenn ich mir verschiedene
Polizeiverwaltungsaufgaben vor Augen führe, hinausläuft, dem werden wir, die
Länder, und zwar geschlossen, sicherlich nicht zustimmen.
Präsident Johann Hatzl:
Danke für diese umfassende Darstellung. - Die erste Zusatzfrage kommt von Herrn
Abg Dr Tschirf.
Abg Dr Matthias Tschirf (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Landeshauptmann!
Sie haben als einen
der wichtigsten Punkte das so genannte Screening von Staatsaufgaben
angesprochen.
Haben Sie bereits
einen Katalog von Aufgaben, die Sie sich aus Wiener Sicht vorstellen könnten,
dass sie die Stadt Wien in Zukunft aufgibt?
Präsident Johann Hatzl: Herr
Landeshauptmann, bitte.
Lhptm Dr Michael Häupl:
Zunächst einmal haben wir uns hier mit jener Aufgabe zu beschäftigen, die Sie
auch in Ihrer Fragestellung umschrieben haben, nämlich die gemeinsamen
Aufgabenstellungen des Bundes und der Länder, was letztendlich darauf
hinausläuft, dass wir eigentlich und im Grunde genommen das tun sollten, was
wir in Diskussionen um die Bundesstaatsreform insgesamt auch bisher getan
haben, nämlich alle Fragen der mittelbaren Bundesverwaltung, ja die Form der
mittelbaren Bundesverwaltung insgesamt gesehen, in Frage zu stellen. Das
scheint mir der vernünftigste, mag sein auch radikalste Ansatz, der zunächst zu
entwickeln ist.
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