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Gemeinderat, 15. Sitzung vom 22.11.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 23 von 110

 

Finanzkrise waren, die auch die Realwirtschaft erfasst hat, und zwar nicht nur in den USA, sondern im Anschluss daran auch in allen anderen Teilen der Welt. Wir stehen daher heute vor der ersten großen Weltwirtschaftskrise, die alle Erdteile gleichermaßen umfasst, im Unterschied zu früheren Wirtschaftskrisen, die es immer wieder auch seit dem Zweiten Weltkrieg gegeben hat.

 

Also, wenn man will, eine sehr schwierige Situation, wo man auch sehr genau beobachten kann, welche unterschiedlichen Auswirkungen diese Krise in verschiedenen Ländern und Städten gebracht hat. Denn nicht nur in den USA hat es große Schwierigkeiten gegeben, auch in vielen europäischen Ländern, ich denke nur an das Platzen der Immobilienblase in Spanien mit der daraus resultierenden sehr großen Arbeitslosigkeit in Spanien und den vielen leerstehenden Wohnungen, die sich auch die spanische Bevölkerung nicht leisten kann.

 

Von da her, denke ich, ist die Situation in Wien eine Bestätigung des sehr richtigen Weges, den wir in den letzten Jahrzehnten eingeschlagen haben, und dieser richtige Weg besteht aus mehreren Kategorien, wie ich meine. Ein ganz wichtiger Bereich ist die sehr gute Zusammensetzung zwischen Objekt- und Subjektförderung. Das heißt, dass wir auf der einen Seite den Neubau und die Sanierung des Wohnungsbestandes finanziell unterstützen, zum anderen aber auch versuchen, punktuell genau jenen Menschen zu helfen, die diese Hilfe auch benötigen.

 

Die Kollegin Hebein hat ja auf diese Bedeutung der sozialen Unterstützung hingewiesen und auch darauf, dass wir uns – und da bin ich schon in der Perspektive für das kommende Jahr – auch gemeinsam bemühen wollen, ein Wohngeld zu schaffen, das aus den bisherigen Mietbeihilfen und Wohnbeihilfen gespeist wird, transparenter ist, vielleicht auch für die Betroffenen leichter zugänglich gemacht wird.

 

Ich denke, wir sollten gemeinsam auch darüber nachdenken, wie wir die Wohnungssicherung gesetzlich, vielleicht auch mit einer Richtlinie, verankern, damit sichergestellt werden kann, dass Menschen, die von einer Delogierung bedroht werden, bereits frühzeitig eine entsprechende Sicherung erfahren. Hier gibt es gute Erfolge, die wir im geförderten, aber zum Teil auch im freien Wohnungsmarkt erzielt haben, und dieser Erfahrungen sollten wir uns bedienen. Also diese sehr gute Mischung aus Objekt- und Subjektförderung ist sicher ein Grund für die gute Situation in Wien.

 

Ein anderer Grund ist sicher, dass wir einen sehr hohen Wohnungsbestand haben, der nicht dem freien Wohnungsmarkt ausgesetzt ist. Richtig ist – der Kollege Chorherr hat darauf hingewiesen –, dass es einen regulierten Wohnungsmarkt in Wien gibt, und dazu bekennen wir uns als Sozialdemokraten seit vielen Jahrzehnten. Wohnung ist ein Menschenrecht und kann deshalb auch nicht dem Markt alleine überlassen werden. Regulierung durch das Mietrecht ist wichtig, aber auch Regulierung durch einen Wohnungsbestand, über den wir auch als Stadt verfügen können. Es ist ein Wohnungsbestand, der nach wie vor ein sehr großer ist.

 

Frau GRin Frank, ich bin da nicht Ihrer Meinung, dass es schrumpfende Restbestände sind, wie Sie gesagt haben, sondern wir haben nach wie vor 220 000 Gemeindewohnungen und 200 000 geförderte Wohnungen, geförderte Miet-, geförderte Genossenschaftswohnungen. 60 Prozent aller Wienerinnen und Wiener leben in einer geförderten Wohnung. Wir liegen damit im absoluten internationalen Spitzenfeld, und es ist auch nicht daran gedacht, auch nicht von mir als Stadtrat, diesen Bestand zu reduzieren, sondern ganz im Gegenteil. Wir versuchen beispielsweise auch durch Dachgeschoßausbauten, auch in Gemeindebauten, die Anzahl der frei verfügbaren Wohnungen zu erhöhen. Und ich denke, dass dieser geförderte Wohnungsbestand mit ein Grund ist, dass die Mieten nicht nur für die Gemeindebaumieterinnen und -mieter sehr stabil sind, sondern auch eine preisdämpfende Wirkung für den gesamten Wohnungsmarkt in unserer Stadt haben.

 

Sieht man jetzt von der Ausnahme Berlin ab, die Sie zitiert haben – Berlin ist deshalb eine Ausnahme, weil es einen sehr starken Leerstand gibt; ich sage, noch, denn es wird gerade daran gearbeitet in Berlin, diesen Leerstand zu reduzieren, und damit, und das beobachten wir auch, werden wir auch in Berlin steigende Miethöhen haben; es gibt auch sehr viele österreichische Investoren, die in Berlin tätig sind, auch aus diesem Grund heraus –, aber sieht man jetzt von der Ausnahme Berlin ab, sind die Miethöhen in allen anderen europäischen Städten deutlich höher als in Wien. In London beispielsweise dreimal so hoch, in Paris doppelt so hoch. Aber auch, wenn ich Städte wie Mailand, Hamburg, Barcelona hernehme, Städte also, die von der Größe her vergleichbar sind mit Wien, sind die Mieten im Schnitt um 100 Prozent höher, und in München, einer Stadt, die kleiner ist als Wien, aber von der regionalen Bedeutung her vielleicht noch vergleichbar, ist die Miete im Durchschnitt um 40 Prozent höher.

 

Also es muss ja Gründe geben, warum in Wien die Situation eine sehr gute ist, und diese Gründe sehe ich auch in den von mir angeführten historischen Entwicklungen, auch in der jahrzehntenlangen historisch gesicherten, auch politisch gesicherten Tradition, die es in unserer Stadt gibt, denn viele andere Städte sind ja den Versuchungen des Neoliberalismus erlegen und haben ihre Wohnungsbestände verkauft, was sie heute bitter bereuen, weil sie damit auch ein ganz wichtiges Lenkungsinstrument verloren haben. Wir in Wien haben diesen Verlockungen widerstanden und sind sehr stolz darauf, dass wir unsere Gemeindebauten nicht verkauft haben und das auch in Zukunft nicht tun werden, im Unterschied allerdings – das sage ich auch ganz deutlich – zum Beispiel zum Bund, wo in der ÖVP-FPÖ-Bundesregierung damals die BUWOG-Wohnungen verkauft worden sind. Auch das sollte man vielleicht nicht ganz vergessen, denn es ist immer gut, in der Theorie Dinge zu postulieren, aber ich sage immer: Erkennt sie auch an ihren Taten.

 

Von der Wiener Sozialdemokratie weiß man, dass wir

 

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