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Gemeinderat, 15. Sitzung vom 22.11.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 7 von 110

 

gehabt, ohne inhaltlich die Rede zu kritisieren. Und deswegen erteile ich hier wirklich keinen Ordnungsruf.

 

Zum Wort gemeldet ist Herr GR Mag Chorherr und ich erteile es ihm.

 

9.29.35

GR Mag Christoph Chorherr (Grüner Klub im Rathaus)|: Herr Vorsitzender! Herr Stadtrat!

 

Ich schlucke das hinunter und widme mich dem sehr wichtigen Thema, dem wichtigen Thema der Wohnpolitik und will ein Wort vom Kollegen Walter aufgreifen, der in der Tat von der Verantwortung gesprochen hat.

 

Es gibt einen politischen Bereich, wo ich bei allen politischen Auseinandersetzungen das Gefühl habe, dass er von allen Parteien mit einem hohen Maß an Verantwortung behandelt wird, und das ist der Bereich der Wohnpolitik.

 

Auf drei Dinge möchte ich eingehen, die es in der Tat in den nächsten Jahren auf Grund von Rahmenbedingungen nicht nur rasend einfach machen, den hohen Standard, den unstrittig hohen Standard der Wiener Wohnpolitik in ökologischer Sicht, in sozialer Sicht auszubauen.

 

Der erste Punkt ist wahrscheinlich die globale Entwicklung, das sind die Bodenpreise. Was sich hier abspielt, meine Damen und Herren, ist ein Irrsinn! Ich lasse mir, weil mich das auch von der Branche her interessiert, Bodenpreise geben, was akzeptiert ist, gezahlt zu werden. Ich habe neulich mit einem Immobilienentwickler gesprochen, der folgendes interessant Bedrohliches gesagt hat: Die am Horizont befindliche Inflation durch die Gelddruckpolitik der Amerikaner, auch der Europäischen Zentralbank - es wird damit gerechnet, dass es in den nächsten Jahren, vermuten viele, zu inflationären Tendenzen kommt. Und was macht man? Man greift zu dem, was Wert hat. Nichts ist so wertvoll, weil nicht vermehrbar, wie Grund und Boden. Und es werden Preise gezahlt, dass in manchen Bezirken überhaupt nicht mehr daran zu denken ist, sozialen Wohnbau zu ermöglichen, weil die Bodenpreise nicht um 20, 30 Prozent über den Richtwerten liegen, die wir haben, sondern über 100, 200, 300, 400 Prozent! Es werden Preise gezahlt, als gäbe es kein Morgen. Ich will jetzt nicht sagen, dass es hier bereits zu einer Blase gekommen ist, aber wir sollten dankbar sein und laut über zwei Dinge nachdenken:

 

Erstens: Gott sei Dank gibt es eine städtische Grundstückspolitik, die es noch möglich werden lässt, auch in zentralen Lagen Grundstückspreise zu halten. Ein Deckel, unter dem immer mehr Druck ist, der jene auch ökonomischen Rahmenbedingungen hat, dass es sozial durchschnittlich Ausgestatteten vom Einkommen her möglich ist, Wohnungen zu erwerben. Und ich will jetzt – das sage ich jetzt in Ihre Richtung und wirklich, ich wähle meine Worte mit Bedacht, weil es mir jetzt nicht darum geht, irgendeine, also das ist mir fern, eine Klassenkampfrhetorik zu machen. Wenn ich mir anschaue, was manche schätzenswerte Bauern, die über Generationen einen Gärtnereibetrieb gehabt haben und jetzt, weil die Stadt so dynamisch ist, eine U-Bahn gebaut wird, für Preise für Hektar Land a) verlangen und b) bezahlt bekommen, dann reden wir hier nicht über Zehn- oder Hunderttausende, sondern wir reden hier über Millionen, die gezahlt werden. Wir denken jetzt kompliziert über eine Widmungsabgabe nach. Aber ich stelle jetzt einfach fest, ohne hier ein akutes Rezept zu haben, weil das schwierig ist: Das ist zutiefst ungerecht! (Zwischenruf von GR Mag Alexander Neuhuber.) Ja, wir arbeiten daran. Und du weißt genau, wir machen, wir, die Koalition arbeitet daran. Es ist gar nicht einfach, weil die Frage ist: Erreichst du den Ersten? Ich stelle es hier nur einfach fest: Wenn es einen Bereich gibt ... (GR Mag Ing Bernhard Dworak: Sie kritisieren nur!) Nein, ich kritisiere das gar nicht, Herr Kollege Dworak. Ich stelle einfach fest, dass alles darauf hindeutet, dass der Bodendruck zunehmen wird und dass es zunehmend schwierig ist, halbwegs vernünftige Preise zu zahlen, und dass wir wirklich darüber nachdenken sollten, schärfer, schärfer, und vielleicht im Sinne der wirklich besonnenen Worte des Kollegen Walter, in gemeinsamer Verantwortung - ob wir hier schärfere Instrumente anwenden sollten, weil jemand - von mir aus lasse ich jetzt auch die Bauern, weil es mir nicht um eine Berufsgruppe geht -, nur weil er irgendwann vor vielen Generationen Grundstücke ererbt hat, jetzt auf einmal auf Grund einer Dynamik das Tausendfache erlöst, das letztendlich die Mieterinnen und Mieter zahlen müssen. Das ist eine große Frage! Die ist deswegen so groß, weil der Druck zunehmen wird. Es wird nicht weniger werden.

 

Das ist ein Bereich und ich glaube, wir sollten hier sehr grundlegend nachdenken, wo der Markt funktioniert - das sage ich ganz gezielt auch zum Kollegen Neuhuber und zum Herrn Klubobmann -, nämlich dass er Güter schafft, und wo der Markt nicht funktioniert, weil Grund und Boden im städtischen Raum nicht vermehrbar ist. Je mehr wir bauen wollen, desto mehr steigt der Preis, und ob wir hier nicht sagen sollen: Okay, wir entziehen stärker noch den Grundverkehr dem Markt oder regulieren ihn noch viel stärker. Ich glaube, wir müssen das tun! (Aufregung bei GR Mag Alexander Neuhuber.) Ich schlage hier ganz gezielt kein Instrument vor. Ich glaube nur, dass einerseits mit dem Wohnfonds und der Bodenbewirtschaftung sehr wohl ein frühzeitiger Ankauf eine kluge Politik ist, die ausgedehnt werden muss. Wir sollten auch über eigene Widmungsformen nachdenken, die sicherstellen, dass das wirklich für den sozialen Wohnbau verwendet wird. Das ist sozusagen die Spanne, die Schnittstelle Planen/Wohnen. Und wir sollten überlegen, ob es wirkungsvolle Deckel gibt.

 

Also noch einmal: Das ist nicht Klassenkampf, das ist keine Neiddiskussion, das ist eine Notwendigkeit. Also wenn pro Quadratmeter Nutzfläche, um Zahlen zu nennen, nicht im 1. Bezirk, über den rede ich schon überhaupt nicht, sondern im 15., im 16., heute bereits 1 000 EUR pro Quadratmeter gezahlt werden und mehr, dann frage ich mich, wo wir sind und wie wir das noch in einer gewissen Weise aufrechterhalten können. (GR Mag Alexander Neuhuber: Die Krise ist es!) Bitte? (GR Mag Alexander Neuhuber: Die Krise! Deshalb ist es so!)

 

Ja ich beschuldige ja niemanden. Ich rede jetzt nur mit vernünftigen Leuten mit großer Verantwortung in einer Krise. Und ich glaube, dass dieser Druck

 

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