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Gemeinderat, 61. Sitzung vom 29.06.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 7 von 110

 

Meiner Meinung nach sollten alle, die hier im Haus sind, ganz egal, von welcher Seite sie kommen und welche Ideen sie haben, dagegen wirken, dass die Leute auseinanderdividiert werden und schauen, dass ein gemeinsames, neues, großes Ganzes entsteht und zwar mit allen Menschen, die in Wien leben. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Da muss man darauf eingehen. Warum tun Sie das nicht?) Das sind alles Wienerinnen und Wiener. Alle. Und wir müssen schauen, dass sie hier gerne leben und dass sie hier gut leben und dass sie sich vertragen.

 

Vielleicht ganz rasch zu Ihrem Antrag bezüglich „Sprechen in der Pause“. Sie haben von Respekt gesprochen. Ich glaube, der Respekt wäre doch der, jedes Kind in der Freizeit so sprechen zu lassen, so wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Einfach von innen heraus reden lassen, wie die Kinder reden wollen. Was anderes ist das Sprechen im Unterricht. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Sprachförderung für Deutsch. Mein Respekt ist die Sprachförderung für Deutsch!)

 

Ja. Nein. Das ist eben nicht der alleinige Respekt. Der Respekt in Bezug auf die Sprache eines Menschen wäre nicht einseitig zu betrachten, sondern wieder von beiden Seiten. Selbstverständlich sollen alle Kinder die Möglichkeit haben, gut Deutsch zu lernen, Deutsch perfekt zu lernen. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Ja, ja, ein Kauderwelsch!) Das steht völlig außer Diskussion. Das andere, was Kinder tun und können sollten, ist (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Ja, ja, das ist Respekt!), sich in ihrer Muttersprache äußern zu können, wenn sie unter sich sind, wenn sie in ihrer Freizeit sind. Und jetzt füge ich noch eines dazu: Auch im Unterricht macht es Sinn, diese Muttersprache zu verwenden. Zum einen dann, wenn es darum geht, die Muttersprache auch gut und perfekt zu lernen, denn wir wissen, dass das eine Vorbedingung dafür ist, dass sie auch gut Deutsch lernen. Aber auch in einem anderen Fall. Ich glaube, Sie haben auch darauf Bezug genommen. Ich weiß es nicht genau. Da gab es eine Schule im 10. Bezirk, eine KMS, wo ein Mathematiktest stattgefunden hat, wo auch, ich glaube, auch Serbisch war es, aber auch Türkisch, verwendet wurde. Jetzt macht das dann Sinn, wenn ich herausfinden will, ob Kinder, die nicht gut Deutsch können, Mathematik können. Dann ist es vielleicht ganz gut, wenn man sie zwischendurch in ihrer Muttersprache anspricht, weil dann erfahre ich, ob sie Mathematik können. Sonst erfahre ich nur (GR Mag Wolfgang Jung: So kann man das nicht machen!), er kann diese Aufgabe nicht lösen, aber ich weiß nicht, warum. Ich weiß nicht, ob diese Aufgabe nicht gelöst wird, weil jemand nicht Deutsch kann oder nicht Mathematik kann. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Nicht im Regelunterricht!) Das heißt, in der Regel ist es so, dass man sich die Dinge im Detail anschauen muss und dass man dann Problemlösungen finden muss, die auf die jeweiligen Kinder passen. Es hat die Frau Abg Matiasek ja gestern von der babylonischen Sprachverwirrung gesprochen. Na, Wien ist ja sehr viel weiter. Wir haben ja nicht 72 Sprachen, wie in Babylon, sondern wir haben in Wien 200 gesprochene Sprachen, also, sehr, sehr viel mehr. Und wir sind der Meinung, dass alle diese Kinder perfekt Deutsch lernen und können sollen, dass aber auch die Muttersprache gepflegt werden soll und dass es darum geht, dieses Potenzial zu nutzen. Ich bringe daher einen Beschlussantrag in diesem Sinne ein:

 

„Man möge dafür sorgen, dass die Kinder auch in ihrer Muttersprache geschult werden und das würde bedeuten, in einem ersten Anlauf“ - und diesen Antrag stelle ich hiermit – „mindestens 500 Lehrkräfte einzustellen, die entweder Native Speaker sind oder eine Sprachausbildung in einer der rund 10 nachgefragten Sprachen haben.

 

In formeller Hinsicht beantragen wir die sofortige Abstimmung des Antrages.“

 

Die Frau Abg Matiasek, es tut mir leid, dass sie jetzt nicht da ist, weil ich jetzt einige Male auf sie zurückkomme, hat auch noch einmal Folgendes gesagt: „Erst Deutsch, dann Schule“. Tatsächlich ist es so, dass die Freiheitlichen seit zehn Jahren diese Forderung erheben und tatsächlich ist es so, dass die Damen und Herren Abgeordneten der SPÖ dieses Ansinnen, zuerst Deutsch, dann Schule, zehn Jahre lang tapfer abgewehrt haben und auch der Freiheitlichen Partei immer wieder gesagt haben, das wäre ein rassistisches Ansinnen, das ist Ausländerfeindlichkeit pur. Jetzt ist es aber so, dass es eine Partei gibt, die das sagt, nämlich die Freiheitlichen, aber eine zweite Partei gibt, die das macht, und das ist die SPÖ. Es ist genau dieses „Erst Deutsch, dann Schule“, das sie mit der Einführung der Vorschule umgesetzt haben. Und es waren etliche, etliche sozialdemokratische DirektorInnen, die Ihnen Briefe geschrieben haben und die auch dem Bürgermeister Briefe geschrieben haben, um Ihnen zu sagen, das ist Rassismus, das darf man nicht machen. Und wir haben schon darüber geredet, aber ich tue es heute noch einmal. Ich bin der Meinung, dass sie diesen Fehler nun eben begangen haben, aber Fehler kann man auch wieder gut machen, man kann das zurücknehmen. Ich fordere Sie auf, diese Vorschule als Modell wieder zurückzunehmen. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren der SPÖ! Die Frau Abg Ludwig-Faymann hat gestern etwas sehr Richtiges gesagt: Im Grunde genommen geht es für uns alle darum zu zeigen, wofür stehen wir und wofür stehen die anderen. Das ist den Wählerinnen und Wählen gegenüber fair, denn die sollen ja erfahren, wofür die Parteien stehen und was sie machen, machen wollen, machen werden für den Fall, dass sie auch in eine Rolle kommen, wo sie etwas umsetzen können.

 

Ich möchte jetzt nur zwei Punkte herausnehmen, wo die ganz großen Probleme in Wien seit Jahrzehnten liegen. Ich bin seit neunzehn Jahren in diesem Haus und seit neunzehn Jahren reden wir über diese zwei Probleme und wo man Problemlösungskompetenz zeigen muss. Das Problem Nummer 1 lautet: Es gibt keine Chancengerechtigkeit in unserem Schulsystem. Kinder aus sozioökonomisch benachteiligten Familien werden von der Schule noch einmal benachteiligt. In diesem Punkt ist es Ihnen bislang nicht gelungen, Problemlösungskompetenz zu zeigen und Sie werden nicht mehr

 

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