Gemeinderat, 2. Sitzung vom 14.12.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 25 von 91
im späten Frühling, Anfang Sommer ein Sieben-Punkte-Programm beschlossen – gelauncht sagt man jetzt, glaube ich, auf Neudeutsch (GRin Nurten Yilmaz: Vorgelegt!) –, vorgelegt, das die Prostituierten zur freiwilligen Standortaufgabe – unter anderem, das war einer der sieben Punkte – bewegen soll. Da frage ich Sie ganz ehrlich: Haben Sie das wirklich ernsthaft geglaubt? Oder war das einfach nur ein Wahlkampf-Gag? Oder wie haben Sie die Situation real eingeschätzt?
Man muss kein Wirtschaftsfachmann sein, um zu wissen, dass der Wiedererkennungswert eines Produktes oder das Wissen um den Standort einer Dienstleistung ganz essenziell ist, um diese nachfragen zu können. Wenn ich nicht weiß, wo ich was bekomme, kann ich einfach nicht nachfragen. Das ist klar. Für die Prostituierten dort ist der Standort daher ein essenzieller Wirtschaftsfaktor, ganz abgesehen davon, dass sie vielleicht dort Lokale, Wohnungen et cetera, also Infrastruktur haben.
Das heißt, zu glauben, dass die, nur wenn Sie hergehen und bitte, bitte sagen, jetzt ihre gesamte wirtschaftliche Existenz oder fast ihre gesamte wirtschaftliche Existenz verschieben, das ist doch vollkommen absurd. Dennoch haben Sie dieses Experiment gewagt, und es ist selbstverständlich das rausgekommen, was auf der Hand gelegen ist: Dass die Prostituierten dort selbstverständlich nicht weggegangen sind, und die Bevölkerung in den betroffenen Gebieten von Ihnen über den Sommer wiederum alleingelassen worden ist und den Sommer verbracht hat, wie sie jeden Sommer verbracht hat, nämlich mit Belästigung, Lärm, Gestank und Kriminalität, meine Damen und Herren.
Das Zweite, was im Sieben-Punkte-Programm von Ihnen entworfen wurde, war das so genannten Beschwerdemanagement durch den Verein Sophie-Mobil. Wir stehen oder zumindest ich stehe der Prostitution relativ neutral gegenüber, ich habe da keine Dünkel oder sonst irgendwas. Man soll die Frauen durchaus auch in gewissen Bereichen unterstützen, man soll ihnen sagen, wie sie vor Geschlechtskrankheiten geschützt werden, alles kein Thema. Nur, dass man das als Beschwerdemanagement verkaufen will, dass man den Leuten einreden will, dass sie bis 17 Uhr anrufen können, das ist vollkommen widersinnig. Damit leistet man keinen Beitrag zur Deeskalation, wie man glaubt, sondern eigentlich provoziert man die Bevölkerung dadurch, dass man sagt, du kannst dich irgendwo hinwenden, und dann rufen die Leute an, wann Prostitution normalerweise stattfindet, nämlich nicht vor 17 Uhr, sondern nach 17 Uhr, und dann können sie ihren Frust auf ein Tonband abladen. Das bitte, meine Damen und Herren, ist ein Witz, ein Hohn der Bevölkerung gegenüber. (Beifall bei der FPÖ.)
Mit anderen Worten, dieses durchaus teure Projekt hätte man sich über den Sommer sparen können. Man hätte die freiheitlichen Forderungen, die durch den Kollegen Kowarik seit längerer Zeit eindringlich auf den Tisch gelegt wurden, jederzeit aufgreifen können, und ich darf sie, damit es vielleicht noch deutlicher wird, noch einmal wiederholen.
Man muss eindeutige Zonengrenzen schaffen, was bedeutet, dass grundsätzlich ein Totalverbot der Straßenprostitution in Wien anzustreben ist; zweitens gesetzlich eine Verordnungsermächtigung einbauen, dass auf gewissen Straßenzügen, wo Straßenprostitution sozial verträglich ausgeübt werden kann, Straßenprostitution zugelassen werden kann – ich denke da an Ausfallsstraßen, zum Beispiel, an Stadtrandnähe beziehungsweise bei mir im Bezirk zum Beispiel an das Gebiet im Auhof, wo ja größere Flächen frei sind –; zum Dritten selbstverständlich auch eine Bestrafung der Freier, wenn sie in Gebieten, wo Prostitutionsanbahnung verboten ist, auf Prostituierte zugehen und solche Dinge anbahnen.
Die Bestrafung der Prostituierten alleine ist natürlich wenig hilfreich, wenn man den Hintergrund dieser Frauen kennt. Es kommt ein Großteil aus dem Osten, ein Großteil wird quer über Europa verschoben, ein Großteil deswegen, damit sie sich nicht integrieren und fixieren können, kein soziales Umfeld aufbauen können, weswegen sie natürlich auch hier Menschenhändlern im Wesentlichen schutzlos ausgeliefert sind. Das ist selbstverständlich zu bekämpfen, effizient zu bekämpfen, hart zu bekämpfen und konsequent zu bestrafen.
Das heißt, diese drei Punkte liegen seit geraumer Zeit auf dem Tisch. Der Kollege Kowarik hat sie eindringlich aufgezeigt. Die Umsetzung liegt bei der Sozialdemokratie und bei den GRÜNEN. Wir warten darauf, die Bevölkerung hofft darauf. Lassen Sie sie nicht weiter im Stich! – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Mag Kowarik. Ich erteile es ihm.
GR Mag Dietbert Kowarik (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Frau Stadträtin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich danke dem Vorredner, der das Problem, das ja auch mir ein Anliegen ist, sehr gut umrissen hat. Ich möchte da vielleicht nur ganz kurz zwei, drei Sachen noch dazusagen.
Dieses berühmte Sieben-Punkte-Programm hat ja auf der ganzen Linie nicht funktioniert. Das haben inzwischen auch die Sozialdemokraten selbst eingesehen, der Herr Bezirksvorsteher hat es uns mitgeteilt, und auch die Frau Stadträtin hat eingesehen, dass das nicht den Erfolg gebracht, den man sich vorstellt hat. Ich glaube, so kann man das neutral ausdrücken.
Sie werden sich auch erinnern, Frau Stadträtin, dass ich von Anfang an gesagt habe, dass das Projekt so, wie es geplant war, von vornherein zum Scheitern verurteilt war.
Interessant in dem Zusammenhang ist auch – das sollte man fairerweise dazusagen –, dieses Sieben-Punkte-Programm wurde ja so in der vorgelegten Version auch von den GRÜNEN kritisiert, zu Recht, vielleicht aus anderen Sichtweisen, als wir sie hatten, das ist selbstverständlich, aber trotzdem.
Es ist auch interessant, was aus einer Anfragebeantwortung der vormaligen Kollegin Lachkovics herausgekommen ist, nämlich betreffend die Kosten für dieses Projekt. Das möchte ich Ihnen nur ganz kurz auch noch
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