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Gemeinderat, 2. Sitzung vom 14.12.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 20 von 91

 

Pensionisten- und Pflegeheime, ohne Kindergärten, in Wien außerdem ohne Beamte in den Betrieben der Feuerwehr, der Rettung und Wiener Wohnen. Denn würde man die alle hineinrechnen, dann würden wir nämlich nicht auf ein durchschnittliches Pensionsantrittsalter von 58 Jahren kommen, sondern sogar auf ein durchschnittliches von 57.

 

Ich habe im Jahr 2009 von der Frau Stadträtin eine durchaus erhellende Auskunft bekommen über das durchschnittliche ... (GR Godwin Schuster: Kollege Ulm! Entschuldigung! Warum hat die ÖVP in der KFA alle Vorschläge zur Verbesserung der Gesundheitsförderung abgelehnt?) Auf das Argument habe ich gewartet. Wir, die ÖVP, sind diejenigen, die die gesundheitsfördernden Maßnahmen in dieser Stadt verhindern! (GR Godwin Schuster: Abgelehnt haben Sie es! Wir haben es ja beschlossen!) Nicht die SPÖ, die hier seit dem Jahre 1945 eine Mehrheit hat, sondern die ÖVP, die mittlerweile mit einem Vertreter in der Gemeinderätlichen Personalkommission sitzt. (Beifall bei der ÖVP. – GR Godwin Schuster: Aber verhindern haben Sie es wollen! Das ist der Punkt!) Wir sind diejenigen, die das zu verantworten haben, dass die Leute, die bei der Stadt Wien arbeiten, in ganz hohem Ausmaß krank werden und in Frühpension gehen müssen.

 

Ich sage Ihnen die Zahlen beim Magistrat. Eine Auskunft – für den Fall, dass Sie dem Rechnungshof weniger glauben sollten als Ihrer eigenen Stadträtin – aus dem Jahr 2009. Auch im Magistrat im engeren Sinn – keine Rettungsmänner, keine Feuerwehrleute, keine Kindergärtnerinnen, keine Krankenschwestern –: Durchschnittsalter gesunken von 57,10 auf 57,02 Jahre. Stadtwerke: eine Reduzierung des Antrittsalters von 57,2 auf 56,29 Jahre und im KAV von 57,17 auf 56,95.

 

Das ist die Wahrheit, dass Sie sich seit Jahren zu diesem großen Problem für die Mitarbeiter und auch für das Budget dieser Stadt einfach nichts überlegen, oder für den Fall, dass Sie sich was überlegen, was ja fast noch schlimmer ist, in überhaupt keiner Art und Weise darauf zu reagieren in der Lage sind.

 

Wir haben im Jahr 2006 570 Frühpensionierungen gehabt von insgesamt ungefähr 900. Es waren im Jahr 2007 627, in der Folge 582, dann 614, und heute stehen wir bei 592. – Wissen Sie, wie viel Geld da auf der Straße liegt?

 

Ich finde es ja auch ganz spannend, dass sich Rot-Grün mit diesem fast unerschöpflichen Reservoir und Potenzial an Geldbehebungsmöglichkeiten überhaupt nicht auseinandersetzt. Ich meine, wenn ich jetzt sage, ein Beamter kostet so und so viel – ich setze jetzt einmal 50 000 EUR an –, und weiß, dass im Schnitt 600 Beamte im Jahr frühpensioniert werden, und zwar mit durchschnittlich 53 bei den Frühpensionisten, dann kommen wir durch sieben Jahre hindurch zu einer, wie meine Überschlagsrechnung ergeben hat, jährlichen Belastung von 200 Millionen EUR, die uns die Frühpensionierungen kosten. Das ist in einer Periode 1 Milliarde EUR! Das ist also wirklich unglaublich, dass man sich nicht intensiver mit dieser Frage auseinandersetzt. (Beifall bei der ÖVP. – GR Dipl-Ing Martin Margulies: Das ist falsch berechnet!) Ich bin gerne bereit, Herr Kollege, dass wir uns das nachher dann noch ein bisschen genauer anschauen im Privatissimum.

 

Ein weiteres Zitat: „Die Stadt Wien bekennt sich als Arbeitgeberin zu einer Kultur der Fairness und der sozialen Verantwortung." Wahr ist: Aus organisatorischen Gründen werden pumperlgesunde Beamte in die Frühpension geschickt, und es werden Personen zwangsweise gegen ihren Willen frühpensioniert.

 

Damit Sie nicht sagen, das stimmt gar nicht, sage ich Ihnen hier auch ganz konkrete Fallbeispiele aus dem Jahr 2009.

 

Ein Amtsrat mit 57 Jahren, Gott sei Dank gesund, aber leider frühpensioniert aus organisatorischen Gründen. Der Magistrat sagt, im gesamten Tätigkeitsbereich der Stadt Wien – 70 000 Mitarbeiter! – ist dieser Amtsrat leider nirgendwo einsetzbar. Ein personalpolitisches Armutszeugnis erster Klasse! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Beispiel Nummer 2, ebenfalls aus dem Jahr 2009: Ein Senatsrat, mit 55 Jahren aus organisatorischen Gründen in die Rente geschickt. Er war im Infrastrukturbereich tätig. Ein Gott sei Dank gesunder, leider frühpensionierter Topbeamter, einer von sehr vielen. Auch in diesem Fall hat die Stadt Wien freiwillig auf die Erfahrung und auf das Wissen dieser Spitzenkraft verzichtet.

 

Und das waren keine Ausnahmefälle, und es sind keine Fälle aus der Vergangenheit, es gibt sie täglich. Mittlerweile melden sich schon sehr viele Gewerkschafter bei mir – nicht der Kollege Meidlinger, aber wir haben ja bei anderer Gelegenheit immer wieder die Chance, das Thema zu diskutieren. Einer davon – ich möchte ihn nicht namentlich nennen, ich möchte nur zwei Zeilen aus seiner E-Mail an mich vorlesen – schreibt mir:

 

„Sehr geschätzter Herr Dr Ulm! Für mich wäre es auch sehr interessant zu erfahren, aus welchen Magistratsabteilungen die meisten Frühpensionierungen zu vermelden sind." – Dem Manne kann geholfen werden – „Ich selbst arbeite in einer Magistratsabteilung und muss immer wieder feststellen, wie schnell eine Frühpensionierung eingeleitet wird, oftmals gegen den Willen der Bediensteten." – Das sagen bereits Personalvertreter und Gewerkschaftsfunktionäre.

 

Und es wird mir ja auch bestätigt, es wird mir bestätigt durch den Fall einer 41-jährigen Beamtin, einer Frau Ursula K, die jahrelang als Schreibkraft in einem Gemeindespital gearbeitet hat. Sie wurde mit 41 Jahren frühpensioniert, hat sich dann Gott sei Dank erholt und wollte wieder ins Berufsleben zurückkehren. Keine Chance! Die MA 2 bescheinigt die volle Arbeitsfähigkeit, eine Reaktivierung wird nicht eingeleitet.

 

Das ist auch nicht überraschend, weil wir in den vergangenen drei Jahren ganze fünf Reaktivierungen gehabt haben. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Wir haben Jahr für Jahr 600 Frühpensionierungen, weil es den Personen im Augenblick schlecht geht, dann erholen sie sich glücklicherweise, und dann werden sie nicht mehr genommen, obwohl das sehr viele Menschen gerne haben wollen. Wo liegt hier Ihre soziale Verantwortung, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie und auch von den GRÜNEN,

 

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