Gemeinderat, 2. Sitzung vom 14.12.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 6 von 91
die Neues ausprobieren, kreativ und in Bewegung sind, die Bühnen und Tanzflächen erobern. Ich kämpfe für eine Stadt, in der Mädchen selbstverständlich überallhin und alles wollen.
In Österreich aber vertreten Lehrer wie Lehrerinnen gleichermaßen die Überzeugung von Begabungsunterschieden zwischen Mädchen und Buben. Vor allem in Technik und Naturwissenschaften wird Mädchen wenig bis nichts zugetraut. Es wird ihnen signalisiert, diese Fächer, diese Bereiche seien für ihr Leben bedeutungslos. Und das schlägt sich auch nieder. Unter den zehn beliebtesten Lehrberufen der Mädchen findet sich bekanntlich kein einziger Beruf im technischen Bereich oder in der Produktion. Die Hälfte der Mädchen wählt – das wissen wir – nur aus drei Lehrberufen aus: Friseurin, Einzelhandelskauffrau und/oder Bürokauffrau. In diesen Berufen – das wissen wir auch – liegt das Einkommen besonders nieder, um bis zu einem Viertel niedriger bereits im ersten Lehrjahr. Diese Einkommensunterschiede sind im Laufe einer Berufskarriere überhaupt nicht wieder aufzuholen und zementieren das Ungleichverhältnis also ein.
Da wollen wir besonders ansetzen. Wir wollen gemeinsam daran arbeiten, den Berufshorizont von Mädchen zu erweitern, sie zum Erobern bisheriger Männerdomänen anzutreiben, zu ermutigen. Das wird eines unserer zentralen Anliegen in den nächsten Jahren sein.
Welche Frauenbilder in der Gesellschaft vorherrschen, drückt sich auch über die Werbung aus, die uns Tag für Tag umgibt. Ich will in einer Stadt leben, in der keine sexistische Werbung an Wänden pickt. Ich finde es unerträglich, ich habe etwas dagegen, dass Frauen als verfügbare Körper, als Konsumgut dargestellt werden. Auch dazu haben wir uns im Regierungsprogramm einiges vorgenommen, nämlich die Einrichtung einer Gender Watch Group, die anhand eines zu erstellenden Richtlinienkatalogs sich gegen sexistische Werbung stark machen wird und alle kommunalpolitischen Mittel gegen sexistische Werbung auszuschöpfen gedenkt.
Daran liegt beiden Parteien – das weiß ich – besonders viel. Da werden wir einige wirksamen Schritte in den nächsten Jahren vorantreiben. Da bin ich mir sicher. (Beifall bei den GRÜNEN. – GR Mag Wolfgang Jung: Auch bei Männern oder nur bei Frauen?)
Zu guter Letzt: Auch dem Schönheitswahn – das ist ein Thema, das für junge Frauen vor allem wichtig ist – und dem Körperoptimierungswahn wollen wir uns widmen. Ich persönlich finde es sehr nervig, dass wir Frauen sexy und erfolgreich und warnsinnig fortgepflanzt sein sollen. Ich fordere eine Wien-weite Kampagne gegen Schönheitswahn. Auch da werden wir wirksame Mittel ergreifen und dieses Thema aufgreifen.
Wir freuen uns auf tatkräftige feministische Politik in den nächsten fünf Jahren. – Vielen Dank!
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächster zu Wort gemeldeter ist Herr GR Mag Jung. Ich erteile es ihm:
GR Mag Wolfgang Jung (Klub der Wiener Freiheitlichen): Herr Vorsitzender! Frau Stadträtin! Meine Damen und Herren! Wir haben jetzt eine schwungvolle Rede einer jungen Abgeordneten gehört, die Österreich als feministisches Entwicklungsland bezeichnet hat. Die Rede war so schwungvoll, dass ihr die Männer im eigenen Klub nicht folgen konnten und lange Zeit nicht einmal applaudiert haben, weil sie so geschockt waren von den vielen Forderungen. (Zwischenruf von GRin Dr Monika Vana.) Es war ja so, das können Sie nicht bestreiten!
Sie haben die Gleichberechtigung mit den Männern gefordert. Mir fehlen da aber noch ein paar andere Voraussetzungen, nämlich die Heraufsetzung des Pensionsalters für Frauen, die Herabsetzung der Lebenserwartung, der Wehrdienst und die weiblichen Dachdeckerinnen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei den GRÜNEN.)
Sie haben eine ganze Menge Vorschläge präsentiert, von denen einige ja durchaus annehmbar sind. Aber jetzt frage ich Sie: Wo sind diese Vorschläge im Koalitionspakt realiter wiederzufinden, außer in einigen Phrasen? – Ich glaube Ihnen Ihren Schwung, den Sie jetzt am Anfang noch haben, aber Sie werden von der Realität der SPÖ ganz massiv eingeholt werden und es wird ein schlimmes Erwachen für Sie geben.
Jetzt kommen wir einmal zur Wirklichkeit. Allein die Reihung schon der Aufgaben dieses Ressorts, nämlich Integration zuerst, dann lange nichts, dann kommen die Frauenfragen in einem relativ kurzen Kapitel, der Konsumentenschutz, Personal und Wahlen laufen ohnehin unter ferner liefen bei der ganzen Sache und erst Recht beim Mitteleinsatz.
Integration ist ganz vorne, und nicht einmal nur Integration in Österreich. Die Frau Stadträtin begreift sich offenbar auch als Entwicklungshilfe-Ministerin. Es gehen beträchtliche Teile ins Ausland, während gleichzeitig in Wien – wie wir wissen – 10 000 Wiener in der kalten Wohnung sitzen, weil die Stadt Wien ihnen das Gas abgedreht hat – das sozialistische Wien, in dem der Sprecher eines Stadtrates, nämlich des Wohnbaustadtrates, der Herr Csisinko zur Frage der Delogierung einer Familie sagen darf: „Es gibt noch andere Möglichkeiten als den Gemeindebau – wir sind nicht das Sammelbecken der sozial Schwächsten!" – Also, die Sozialisten sind nicht mehr das Sammelbecken der sozial Schwächsten, da kann man auch unter schwierigen Verhältnissen delogieren. Interessante Stellungnahme eines sozialdemokratischen Stadtrats!
Der Konsumenten- und der Datenschutz, der ja auch in Ihrem Bereich ressortiert, kommt überhaupt nicht vor, und das trotz aller Kniefallverträge vor den USA und vor allem der EU, die auch hier sehr weite Aufweichungen des Datenschutzes am laufenden Band betreibt.
Über die Wahlen und Wahlrechtsfragen, die da auch hineinfallen, wird heute noch zu reden sein. Die werden am besten gar nicht mehr erwähnt. Da haben die GRÜNEN auch alles vergessen. Noch vor zwei Monaten konnte man in der „Kleinen Zeitung" lesen: „Grüne fürchten massiven Betrug bei Briefwahl", „für schwerst demente Patienten ohne deren Wissen Wahlkarten beantragt". „Türkische und islamische Vereine sollen außerdem zum Stimmenkeilen für die SPÖ eingespannt wor
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