Gemeinderat, 2. Sitzung vom 14.12.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 3 von 91
(Wiederaufnahme um 9 Uhr.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Ich wünsche den anwesenden Gemeinderätinnen und Gemeinderäten, aber auch den Mitarbeitern der einzelnen Magistratsabteilungen einen schönen guten Morgen.
Wir nehmen die Sitzung des Gemeinderates wieder auf.
Entschuldigt für den ganzen Tag sind GRin Schubert, GRin Dr Vitouch und GRin Mag (FH) Tanja Wehsely.
Die Beratung des Voranschlagsentwurfs der Bundeshauptstadt Wien für das Jahr 2011 und des Gebührenprüfungsantrags wird fortgesetzt.
Wir kommen nun zur Beratung der Geschäftsgruppe Integration, Frauenfragen, KonsumentInnenschutz und Personal. Einen schönen guten Morgen, Frau Stadträtin!
Zu Wort gemeldet ist Frau GRin Mag Feldmann. Wenn Sie die Debatte in den Bankreihen eingestellt haben, darf ich Sie zu Wort bitten.
GRin Mag Barbara Feldmann (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Guten Morgen, Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!
Das Budget der Geschäftsgruppe Integration, Frauenfragen, KonsumentInnenschutz und Personal ist im Großen und Ganzen eine Fortschreibung der letzten Jahre. Größere Abweichungen gibt es enttäuschenderweise nicht. Woher also die Mittel für eine Integrationsoffensive kommen sollen, die doch einer der Schwerpunkte der kommenden Legislaturperiode sein sollte, ist unklar. Dazu wird aber meine Kollegin Isabella Leeb sprechen.
Das Budget der MA 57 ist immerhin um 540 000 EUR gestiegen. Diese Mittel werden aber dennoch nicht reichen, um zum Beispiel den Aktionsplan für Gleichstellung oder das dringend notwendige fünfte Frauenhaus umzusetzen.
Ich komme kurz zur Verschuldung der Stadt Wien, die komplett aus dem Ruder läuft. Ich möchte jetzt noch einmal daran erinnern, dass 2008 der Verschuldungsstand bei 1,46 Milliarden EUR gelegen ist und 2010 bereits ein Schuldenstand von 2,9 Milliarden EUR erreicht ist, was einer Verdoppelung entspricht. Da sind nicht einmal die 2,2 Milliarden EUR von Wiener Wohnen eingerechnet.
Sie haben eine Verantwortung gegenüber dem Steuerzahler, Sie haben eine Verantwortung gegenüber der nächsten Generation, die diese Schulden übernehmen muss. Mir fehlt in diesem Budget generell der Wille einzusparen, eine Verwaltungsreform zu machen, irgendeine Form einer Einsparung, die in diesen Zeiten dringend notwendig ist.
Ich möchte hier vielleicht den ehemaligen Finanzminister Hannes Androsch zitieren, der im „profil" sagt: „Jeder weiß, wie man verteilt, was man nicht hat, aber nur wenige zerbrechen sich den Kopf darüber, wie etwas zum Verteilen geschaffen werden kann."
Vielleicht noch eine weitere Aussage von ihm im Online-Pressespiegel: „Es kann generell keine Nulltarife wie im Schlaraffenland geben." „There is no free lunch." Irgendeiner muss bezahlen, und irgendwo muss eingespart werden. „Seit Monaten machen die Experten Vorschläge und verweisen auf Gefahren – alles in den Wind gesprochen, die einzige Reaktion ist das Kopf in den Sand Stecken."
Vielleicht sollten Sie sich einmal mit ihm zusammensetzen und über die verschiedenen Möglichkeiten einer Einsparung diskutieren. Er sagt, es ist alles klar. Und nicht nur er, sondern sämtliche Experten sagen, es sind jegliche Beispiele vorhanden, wie es möglich wäre und wo einzusparen wäre. Nur: Es fehlt der Mut. Es ist die Mutlosigkeit und nicht die Einfallslosigkeit. Also, ich bitte darum, dass vielleicht ein bisschen Mut aufgebracht wird, um die Verantwortung für die nächsten Generationen wahrzunehmen. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich gebe Ihnen ein paar Beispiele für Einsparungsmaßnahmen. Der IHS hat ein Einsparungspotenzial bei den städtischen Spitälern von 190 Millionen EUR pro Jahr festgestellt. Der Rechnungshof hat 400 Millionen EUR zu viel an Gebühren innerhalb von zwei Jahren festgestellt. Wir brauchen gar nicht von den Planungsfehlern und Kostenexplosionen bei der Zentralfeuerwache, dem Hauptbahnhof, dem Prater-Vorplatz, dem Flughafen sprechen. Die unsolidarische Nichtumsetzung der Bundesbeamtenpensionsreform kostet ebenfalls 350 Millionen EUR.
Ich würde eigentlich sehr gerne hören – und das würde ich einmal lieber hören als die Verteidigung des Budgets, das in meinen Augen nicht ganz einfach realistisch zu verteidigen ist –, warum Sie das nicht einsparen: einfach nur die Begründungen, denn die Vorschläge liegen tatsächlich auf dem Tisch.
Ich komme zur Arbeitslosigkeit: Im Bundesländervergleich kommt Wien eigentlich kaum vom Fleck – wir haben rund 8 Prozent Arbeitslosigkeit –, im Vergleich zu Österreich, wo der Durchschnitt 4,4 Prozent ist und die geringste Arbeitslosigkeit in Tirol mit 2,6 Prozent zu verzeichnen ist. Ähnlich schlimm schaut es bei der Frauenarbeitslosigkeit aus, die insgesamt in den letzten Jahren um 18 Prozent gestiegen ist. Sie ist in Wien derzeit im 2. Quartal um 7 Prozent gestiegen, in Gesamtösterreich im Vergleich um 4,2 Prozent.
Sie rühmen sich selbst, eine aktive Frauenarbeitsmarktpolitik zu betreiben, aber das kann ich eigentlich nicht erkennen. Die Frauenbeschäftigungsquote ist im Vergleich zu den anderen Bundesländern ebenfalls in Wien die schlechteste.
Und was besonders tragisch ist, ist die Armutsgefährdung. Wir haben in Wien 17,4 Prozent Armutsgefährdung, bei Kindern unter 19 Jahren sind es überhaupt 26 Prozent. Zur Armutsgefährdung vielleicht zum Vergleich: Oberösterreich hat 8 Prozent und bei der Kinderarmutsgefährdung 10 Prozent.
Die Zahlen sind also wirklich nicht so, dass man nicht sagen könnte, es gäbe keinen Änderungsbedarf. Ich kann eigentlich nicht verstehen, was hinderlich ist und warum keine Änderung eintritt. Wir haben eine Armutsgefährdung von Ein-Eltern-Familien mit Kindern unter 19 Jahren von 35 Prozent – das ist überhaupt fast nicht vorstellbar – und bei Frauen im Pensionsalter von 72 Prozent und bei alleinlebenden Frauen von 50 Prozent. Unvorstellbar dramatische Zahlen sind das.
Ich bringe einen Resolutionsantrag zur Schaffung
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