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Gemeinderat, 45. Sitzung vom 26.03.2009, Wörtliches Protokoll  -  Seite 34 von 106

 

die Hintertür eine Debatte haben wollen, dass es auch Securitys und Videoüberwachung und was weiß ich noch alles in den Wiener Schulen braucht. (GR Mag Wolfgang Jung: Die Debatte kommt! Das garantiere ich Ihnen!) In Wirklichkeit teilweise schon jetzt, danke für den Hinweis! Genau das passiert überall dort, wo wir jene Präventionsmaßnahmen, von denen wir alle wissen, dass sie existieren, die tausendfach erprobt worden sind und auch Erfolge gebracht haben, einfach ignorieren. (GR Mag Wolfgang Jung: Wo bitte, Frau Kollegin?) - In Finnland, sehr geehrter Herr Jung! In Finnland und nicht nur in Finnland, in skandinavischen Ländern gibt es Schulsozialarbeit. (GR Mag Wolfgang Jung: In Finnland haben Sie 0,2 Prozent Zuwanderer!) Ganz kurz auch für Sie, damit Sie wissen, wovon ich spreche: Es geht darum, dass Schulsozialarbeit und SchulsozialarbeiterInnen in der Schule sind (GR Mag Wolfgang Jung: In welcher von den Schulen? Ich war fünf Jahre dort!) und nicht nur von den SchülerInnen, sondern auch vom Lehrpersonal angerufen werden können, wann immer es zu gewissen Schwierigkeiten oder Auffälligkeiten kommt. (GR Mag Wolfgang Jung: Schauen Sie sich die Erfolge an! Fragen Sie einmal Ihre Leute dort!) Die Erfolge in Finnland können sich sehen lassen und die Erfolge in Wien würden sich auch sehen lassen können, wenn es das gäbe. Einmal mehr, das hat es einmal in der Geblergasse gegeben und es war sehr erfolgreich. Wer es hören möchte, wunderbar, wer es nicht hören möchte oder wer gerade auf seinen Ohren sitzt, da kann man nichts machen. Nur, die Konzepte sind da, sie liegen auf dem Tisch und sie brauchen eine zuständige Person, die die Energien mit sich bringt, das Engagement und auch den Weitblick mit sich bringt, sie anzugehen und endlich umzusetzen.

 

Lassen Sie mich zum Kapitel Jugendwohlfahrt kommen. In der Jugendwohlfahrt gibt es ebenfalls Personalmangel. Es ist auch kein Zufall, dass vergangenen Sommer eine öffentliche Betriebsversammlung am Friedrich-Schmidt-Platz stattgefunden hat, wo die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jugendwohlfahrt den eklatanten Personalmangel beklagt und gefordert haben, dass die versprochenen zusätzlichen Plätze tatsächlich besetzt werden. Bis heute ist das nicht erledigt. Ein bisschen etwas gibt es schon an zusätzlichem Personal, aber bei Weitem nicht das, was erforderlich wäre, und das wissen Sie. Die Folgen sind fatal. Denn sie bedeuten, dass in der Jugendwohlfahrt einfach die Potenziale und die Möglichkeiten fehlen, Jugendliche, die sich in Notsituationen befinden, so zu betreuen, wie sie das brauchen würden.

 

Ich möchte hier nur einen einzigen Bereich sozusagen exemplarisch heranziehen, damit Sie sehen, was es eigentlich bedeutet, wenn die Jugendwohlfahrt nicht mit dem Personal ausgestattet ist, das sie braucht. Es ist der Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie, weil wir hier einen Kontrollamtsbericht haben, der uns vorliegt und der einzig und allein für Aufgaben im Bereich der Betreuung von psychisch erkrankten Kindern und Jugendlichen, die im Rahmen der Jugendwohlfahrt sozusagen anfallen, sehr schön auflistet, mit welchen Wartezeiten zu rechnen ist. Wie wir alle wissen, fallen Wartezeiten auch nicht vom Himmel, sie sind das Ergebnis von nicht vorhandenem Personal. Das kann man wirklich eins zu eins übersetzen.

 

Nur ganz kurz, unzumutbar lange Wartezeiten bei der ambulanten Frühförderung: Hier geht es um 98 Wochentage. Bei der Entwicklungsförderung mehr als sechs Monate. Institut für Erziehungshilfe. Was glauben Sie, wie lange man da auf eine Kindertherapie warten muss? Ich sage es Ihnen: 213 Tage. 213 Tage lang beträgt die Wartezeit. Die Wartezeiten auf einen Wohnplatz in sozialpädagogischen Einrichtungen betragen durchschnittlich bis zu zehn Wochen und in Einzelfällen bis zu neun Monaten. Ich glaube, dass diese Zahlen einfach Bände sprechen und belegen, dass es nicht Sinn macht, die Situation, wie sie tatsächlich vorliegt, zu leugnen, dass es nicht Sinn macht, sich hier hinzustellen und wie die scheidende Stadträtin noch vor ein paar Wochen in der Dringlichen zu behaupten, es gibt keine Probleme und das alles wäre erfunden. Ich glaube, dass es ein ganz falscher Weg ist, sich nicht zu den Problemlagen, die es in der Stadt gibt, zu bekennen. Wir würden uns jetzt vielmehr erwarten, zu sagen, es stimmt, zumal es das Kontrollamt auch eindrucksvoll belegt hat, und endlich den einzigen Weg zu gehen, der sinnvoll wäre, um all das zu beseitigen, nämlich dringend mehr Personal für die Jugendwohlfahrt.

 

Ich komme abschließend zum Bereich Sport: Lange Zeit, als ich verfolgt habe die Entwicklungen im Kindergartenbereich, im Schulbereich, in den Schulsanierungen, Mangel der Lehrerinnen und Lehrer, sich einfach ein gewisser Abwärtstrend, wenn man so möchte, in mehreren Bereichen verfestigt hat, habe ich angenommen, es gibt einen Bereich, der der Frau Stadträtin besonders am Herzen liegt, offensichtlich investiert sie dort ihr ganzes Herzblut, wie es so schön Wienerisch heißt, ihr ganzes Engagement, und das ist offensichtlich der Sport. In der Retrospektive muss ich sagen, auch hier ist man falsche Wege gegangen.

 

Den Löwenanteil der Sportförderung streifen nach wie vor die zwei großen Wiener Fußballklubs ein. Es ist schon gut, ich verstehe es ja. Ich verstehe, Fußball ist ein Sport, der irrsinnig viel Menschen bewegt, nicht nur Männer, sondern auch Frauen, wie man weiß. Die EURO war ein schönes Erlebnis. Natürlich ist es klar, dass eine Großstadt wie Wien darauf schauen muss, dass ihre Fußballklubs auch die Ausstattung vorfinden, die sie brauchen, aber der Breitensport und der Mädchen- und Frauensport haben für diesen Zweck die Rechnung präsentiert bekommen.

 

Meine Damen und Herren, abgesehen vom Trauerkapitel „Förderungen des Frauen- und Mädchensports", wo es wirklich noch sehr viel zu tun gäbe, glaube ich, dass insgesamt Investitionen im Breitensport das Gebot der Stunde wären. Ich hoffe, dass der neue Stadtrat diesen Weg einschlagen wird. Es ist nach wie vor nicht erledigt, dass Turnsäle beispielsweise außerhalb der Zeiten, wo sie für den Schulbetrieb benötigt werden, zu brauchbaren Öffnungszeiten zugänglich sind, damit man

 

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