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Gemeinderat, 38. Sitzung vom 30.10.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 58 von 106

 

an. Wir überlegen gemeinsam mit den Banken ein Hilfspaket. Und wenn wir damit fertig sind, dann starten wir die Börse mit neuen Reglementierungen neu. Die Tatsache jedoch, dass man sich in Wirklichkeit von den Vermögenden nicht nur dieses Landes und in Europa, sondern weltweit diktieren lässt, unter welchen Bedingungen die Banken zu retten sind, ist meines Erachtens eigentlich die reale Offenbarung dessen, wie hilflos die Politik in der gegenwärtigen Situation der Finanzmarkt- und Bankenkrise gegenübersteht.

 

Jetzt komme ich zurück zu Wien. Ich bin nicht ganz sicher, ob wir die Ersten waren, aber wir waren jedenfalls unter den Ersten, die für Wien ein Konjunkturpaket gefordert haben. Wir waren ein bisschen enttäuscht – und das sage ich ganz bewusst dazu –, dass Frau StRin Brauner in dieser Frage nicht den Weg, der auf Bundesebene gang und gäbe ist, eingeschlagen hat, dass man einen Konjunktur- und Finanzgipfel für Wien macht, zu dem selbstverständlich alle Fraktionen eingeladen sind und bei dem man die Karten offen auf den Tisch legt. Es gab nur einen Finanzgipfel mit den Sozialpartnern, bei dem Frau Jank und Herr Hundstorfer waren. Diejenigen, die im Endeffekt ein Konjunkturpaket für Wien beschließen müssen, nämlich die Parteien hier im Wiener Gemeinderat, waren jedoch nicht eingeladen. Das halte ich für bedauerlich, aber für einen behebbaren Fehler. Ich denke, wir können das auf alle Fälle noch machen.

 

Wir glauben jedenfalls, dass man sich angesichts der nicht zu verleugnenden Wirtschaftskrise schon jetzt überlegen sollte, was man tut, damit die realen Auswirkungen abgemindert werden können. Wir meinen, ein Konjunkturpaket auch für Wien tut Not. Es wurde heute schon ein paar Mal gesagt, dass das Konjunkturpaket auf Bundesebene, das momentan ins Auge gefasst wird, im Vergleich zum Bankenpaket höchstens ein Paketchen ist. Mit 1 Milliarde EUR wird sich nicht viel tun. Wir glauben, dass Länder, Gemeinden und Bund in einem gemeinsamen Kraftakt versuchen müssen, einen gänzlichen Einbruch der Konjunktur, einen gänzlichen Zusammenbruch der Wirtschaft und einen Anstieg der Arbeitslosigkeit und Armut bestmöglich einzudämmen.

 

Jetzt kann man sich überlegen, in welche Maßnahmen man investiert, und es sollten meines Erachtens keine Maßnahmen sein, die mittelfristig unsinnig sind, auch wenn man vielleicht kurzfristig damit Arbeitsplätze schafft. Das nutzt nichts. Vielmehr sollten die entsprechenden notwendigen Maßnahmen sozusagen als eine Art Vorziehung betrachtet werden. Ich sage es schon jetzt: Wenn wir dann über die realen Summen reden, muss man selbstverständlich aufpassen, dass es selbst in einer solchen Situation nicht zu einer Überhitzung des Marktes kommt, denn es wäre vollkommen absurd, wenn dann ein Konjunkturpaket nach dem anderen beschlossen wird und die Bauwirtschaft sich die Hände reibt und denkt: Jetzt fahren wir schöne Gewinne ein!

 

Man muss das natürlich abstimmen. Deshalb stellen wir unseren Antrag auf Zuweisung. Ich möchte jetzt die Kernpunkte noch einmal kurz erwähnen: Die Schulsanierung, die dringendst notwendig ist, wurde von uns im Gemeinderat ja schon beschlossen, und ich denke, es wäre eine zielführende Maßnahme, diese Schulsanierung zu komprimieren und nicht über einen Zeitraum von zehn Jahren, sondern über einen Zeitraum von zwei oder maximal drei bis vier Jahren durchzuführen. Wir haben deshalb 220 Millionen jährlich fürs Schulpaket hineingenommen, damit wirklich eine sinnvolle Vorziehung stattfinden kann.

 

Das Kindergartensanierungspaket wurde unter anderem in der Dezentralisierungs-Kommission beziehungsweise richtigerweise in der Steuerungsgruppe oder Lenkungsgruppe schon angesprochen. Auch hier macht es Sinn, dieses Paket vorzuziehen.

 

Auch angesprochen wurde bereits, was jeder und jedem in diesem Raum bewusst ist, dass die behindertengerechte Umgestaltung sämtlicher öffentlicher Gebäude, insbesondere der Amtshäuser der Gemeinde Wien, vorgenommen werden muss.

 

Ein anderer Punkt, der uns langfristig weiterhilft und kurzfristig die Bauwirtschaft, insbesondere im Bereich der kleineren und Mittelbetriebe, unterstützt, ist die Wärmedämmungsmilliarde, die wir schon lange und oft gefordert haben und jetzt im Sinne des Konjunkturpaketes noch verstärkt fordern. Innerhalb von zwei Jahren soll jetzt wirklich einen Kraftakt unternommen werden, um überall dort, wo möglich, eine thermische Sanierung an Gebäuden durchzuführen, an großen Wohnhäusern ebenso wie an Einfamilienhäusern. Selbst wenn der Ölpreis jetzt dramatisch gesunken ist, können wir sicher sein, dass es nicht ewig so bleiben wird, und es ist absurd, die Luft im Freien zu heizen, weil mangels Wärmedämmung energetische Verluste in einem Maß auftreten, die für eine heutige Gesellschaft insbesondere in Österreich nicht mehr zumutbar sind.

 

Zu guter Letzt etwas ganz Wichtiges: Es kann natürlich nicht nur darum gehen, die Bauwirtschaft im weitesten Sinn und zusätzlich die Baunebengewerbe anzukurbeln. Wir müssen gerade in Zeiten der Krise auch etwas im Sozialbereich und im Gesundheitsbereich tun. Wir alle wissen aus unzähligen Gemeinderatssitzungen und nach unzähligen Diskussionen über den Krankenanstaltenverbund, dass im Pflegebereich und im Sozialbereich in den letzten Jahren sehr viel an Personal eingespart wurde. Jetzt ist die Arbeit von den Menschen, die dort arbeiten, oft nicht mehr sinnvoll zu bewältigen. Daher sind eine wirklich gescheite Investition in eine Personalaufstockung und die Behebung des eklatanten Personalmangels vonnöten.

 

Damit die Menschen wirklich spüren, dass wir es ernst meinen, sind wir als Gemeinde Wien noch zu einem weiteren Schritt verpflichtet, und als Alleineigentümer der Wiener Stadtwerke kann die Gemeinde das leicht umzusetzen: Nehmen Sie beziehungsweise nehmen wir gemeinsam die Strom- und Gaspreiserhöhung zurück! Das Valorisierungsgesetz belastet die Menschen ab 1. Jänner mit einer Anhebung der Müll-, Wasser- und Abwassergebühren, und das neben einer inflationsbedingt sehr starken Anhebung der Mieten. Sie wissen so gut wie wir, dass viele Menschen, insbesondere jene,

 

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