Gemeinderat,
34. Sitzung vom 04.06.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 80 von 91
Vizebürgermeisterin: Der Auftrag ist damals mit einer breiten Mehrheit hier im Hause zustande gekommen. Wir haben damals auch zugestimmt. Es gab auch in unserer internen Diskussion gute Argumente dafür.
Ich zähle einige davon auf: Wir haben uns gesagt,
dass man nach dem Kontrollamtsbericht zum Thema Mongon und zu Praterplanung
doch auch hier im Hause eingesehen haben wird, dass das eine oder andere damals
nicht perfekt oder suboptimal gelaufen ist. Wir haben angenommen, dass man die
Empfehlungen des Kontrollamtes aufgreifen und sich daran halten wird. Wir haben
also an eine gewisse Besserungsfähigkeit geglaubt.
Außerdem gab es da zugegebenermaßen natürlich das
Zeitargument. Wir wussten, dass die Europameisterschaft vor der Tür steht. Uns
allen, Regierung und Opposition, war daran gelegen, dass der Prater und das
Praterportal bis zu Beginn der Europameisterschaft in Ordnung kommen. Deshalb
haben wir damals auch mit zugestimmt. Nun meine ich, dass es durchaus einmal an
der Zeit ist, dass wir als Opposition sagen, dass wir zwar damals zugestimmt
haben, dass das aber vielleicht nicht richtig war. Und genauso könnten Sie als
Regierungspartei sich jetzt einmal dazu aufraffen zu sagen: Es wurden zumindest
in Teilen Fehler gemacht, da ist nicht alles so gelaufen, wie wir uns das
gewünscht hätten. – Denn es kann ja wirklich kein Mensch meinen, dass da
alles perfekt gelaufen ist!
Gehen wir noch einmal ein bisschen im Detail darauf
ein, etwa auf das Thema Auftragsvergabe: Das wurde heute schon erwähnt. Es ist
dies ein besonders sensibler Platz. Das Wahrzeichen der Stadt Wien steht direkt
auf diesem Platz beziehungsweise gegenüber des Bauwerks. Ich meine, da hätte
man wirklich etwas Tolles schaffen können!
Es wurde heute schon einiges zitiert, und ich kann es
mir jetzt auch nicht ganz verkneifen, zu zitieren, und zwar den Geschäftsführer
der A P Event-Service, also eines André-Heller-Unternehmens, der immerhin
für so tolle Dinge wie die Kristallwelten verantwortlich ist. Er meinte, dass
es dafür internationale Größe gebraucht hätte. Dafür hätte jemand
verantwortlich sein müssen, der über den Tellerrand hinausblicken kann, denn
der Prater hat wirklich ein großes Potenzial. – Dieser Meinung sind wir
auch alle, dass der Prater ein Potenzial hat! Und dass diese Vergabe vielleicht
nicht das Optimale war, sehen wir heute alle.
Zugegebenermaßen hatte der Auftraggeber in der
Vergangenheit schon ein paar kleinere Projekte für die Stadt Wien abgewickelt.
Das kann man auch auf der Homepage zum Teil nachlesen. Ob das allerdings die
einzige Qualifikation sein kann, sollte man heute, wie ich glaube, schon einmal
gründlich überdenken! Schließlich gab es auch die heute schon zitierten Pleiten
des Auftraggebers bei anderen Projekten, beziehungsweise sind einige Projekte,
wie etwa das Dracula-Projekt in Rumänien, gar nicht zustande gekommen. Heute,
im Nachhinein, ist man natürlich, wie immer, klüger, dennoch sollte man sich
fragen: War dieses Unternehmen dafür wirklich am geeignetsten? Hatte es
überhaupt die Qualifikation, um einen solchen Großauftrag sowohl inhaltlich als
auch von der finanziellen Größe her abzuwickeln?
Heute müsste man natürlich sagen: Das war
wahrscheinlich nicht der Fall! Man hätte dafür auf jeden Fall, ungeachtet des
Zeitdrucks, jemand anderen im Rahmen eines Wettbewerbes suchen müssen.
Zumindest sollten wir uns aber für die Zukunft merken: Ohne Wettbewerb und
Ausschreibung kommt immer wieder ein Pallawatsch zustande.
Meine Damen und Herren! Zum Thema Bauordnung, das
heute auch schon erwähnt wurde, und zu dem in diesem Zusammenhang berühmt
gewordenen § 71 der Bauordnung betreffend provisorische
Bauvorhaben. – Ich verstehe, dass das für Teile des Praters Sinn macht,
weil ja Fahrbetriebe et cetera wirklich Provisorien sind. Das sind zum Teil
Kulissen, und deren Errichtung läuft tatsächlich nicht nach einem normal
geregelten Bauvorhaben ab. Das verstehe ich.
Lassen wir jetzt aber einmal das Rechtliche und die
Bauordnung beiseite und versuchen wir, ein bisschen mit dem Hausverstand zu
denken! Ich war gestern Abend noch einmal dort auf dem Vorplatz und habe
versucht, das auf mich wirken zu lassen: Für mich ist das weder eine Kulisse
noch – wie Sie, glaube ich, einmal gesagt haben – ein Industriebau
mit Fassade, sondern es ist ein massives Bauwerk. Es ist zum Teil 16 m
hoch und hat 16 000 oder 19 000 m² Fläche; wir haben offenbar
verschiedene Zahlen, aber das ist jetzt nebensächlich. Das ist also eine ganz
ordentliche Kubatur und viel verbauter Raum. Ich meine, es ist das im
natürlichen Empfinden weder eine Kulisse noch ein vorübergehendes Bauwerk,
sondern das ist etwas Massives, meine Damen und Herren!
In Anbetracht dessen muss man heute im Nachhinein
sagen: Es wäre vielleicht doch gescheiter gewesen, wenn man den normalen Weg
über eine ordentlichen Flächenwidmung, Bauausschreibung und Baugenehmigung, wie
es halt sonst auch üblich ist, gegangen wäre. Aber man hat diesen Weg nicht
gewählt. Okay. Das war ein Fehler. Dann sollten Sie jetzt aber wirklich wenigstens
einmal hier herauskommen und zugeben, dass es vielleicht anders besser gewesen
wäre, anstatt dass jetzt nur der § 71 herhalten muss! Das ist nämlich
jetzt wirklich ein bisschen ein Hohn! Das ist eine Verhöhnung jedes kleinen
Häuselbauers, der auf Giebel, Höhe, Kubatur, Quadratmeter und so weiter achten
muss und dem man sofort mit der Baueinstellung droht, wenn das nicht hinhaut
oder etwas zu hoch wird. – Ja. Das ist wirklich eine Verhöhnung jeden
kleinen Häuselbauers! Für mich ist das jedenfalls keine Kulisse, meine Damen
und Herren, sondern ein sehr massives Bauwerk.
Ich komme jetzt noch einmal zurück
zu den Aufträgen und spreche etwas an, das heute auch noch nicht gekommen ist
und wieder diese Vermischung ganz gut zeigt: Der Auftragnehmer war nicht nur
Auftragnehmer, was die Planung und den Generalunternehmer betraf, sondern er
wurde dann auch Pächter von einzelnen Betrieben. Das kann man sich,
privatwirtschaftlich
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