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Gemeinderat, 10. Sitzung vom 26.06.2006, Wörtliches Protokoll  -  Seite 5 von 118

 

Lebensqualität, und ich glaube, mit Fug und Recht! Denn man kann wohl sagen, dass Wien alles in allem eine sichere Stadt ist, eine Stadt des sozialen Zusammenhalts und eine Stadt, in der die Probleme der Migration mit mehr Engagement, mit mehr Verständnis und natürlich auch mit mehr Einsatz von finanziellen Mitteln und damit besser gelöst werden als in den meisten anderen Millionenstädten Europas, wo Gewaltszenarien den Alltag bestimmen und "No go areas" entstanden sind. Bei uns gibt es diese nur gelegentlich bei hohen Staatsbesuchen.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Millionenstädte Europas waren zu allen Zeiten nicht nur der Motor des Fortschritts, sondern zugleich auch immer gesellschaftlicher und kultureller Schmelztiegel. Es gab auch immer schon kleinere und größere Brandstifter, die die Sorgen und Emotionen, die eine Migration mit sich bringt, auf ihre politischen Mühlen umleiten wollten. Und es gab immer schon Bürger und Politiker, die persönlich zutiefst davon überzeugt waren oder vorgaben, die Lösung dieses Problems der Migration liege allein im Zuwanderungsstopp oder in der Massendeportation, wie wir sie auch einmal als große Idee in einem vergangenen Jahrzehnt kennen lernen mussten.

 

Es ist eine Entwicklung, die heute im "Spiegel" beschrieben wird als die "Welt der Wandernden"; hier heißt es im Untertitel: „Seit seiner Entstehung ist der Mensch auf der Suche nach Heimat, auf der Suche nach einem besseren Leben, nach Gold, nach Land, nach Frieden. 191 Millionen Migranten leben heute auf der Erde. Sie sind selten willkommen, aber sind durch Gesetz und Mauern nicht aufzuhalten."

 

Natürlich, sage ich, bedarf in einer solchen Situation auch die Migration wie jeder andere Lebensbereich einer Ordnung, einer Regelung. Aber es wäre ein grundlegendes Missverständnis, zu glauben, dass dieses Thema allein durch Punktesysteme oder Zuwanderungsstopp erledigt werden könnte. Es ist notwendig, sich auch der Frage der Integration zuzuwenden und diese nicht sozusagen als unbilliges Thema beiseite zu legen. Die Integration ist zumindest ebenso wichtig, wenn nicht sogar deutlich wichtiger als die Frage einer Migrationsregelung, und wir wissen alle, dass die Sprache dabei eine der Schlüsselrollen spielt. Ich nehme für die Stadt Wien in Anspruch, dass wir auf diesem Gebiet nicht erst 2005 sehr viel getan haben.

 

Allerdings gibt es unter uns auch noch einige, die glauben, dass die Frage der Integration danach beurteilt werden kann, wie viele Kopftücher von kleinen Mädchen in Schulen man verhindert hat. - Nein, das ist nicht die Frage der Qualität der Integration, sondern die Qualität der Integration bemisst sich danach, wie viele Menschen in unserem Land Fuß fassen können. Dazu gehört, dass diejenigen, die legal in Österreich leben und bereit sind, einer Arbeit nachzugehen, auch tatsächlich unser Angebot haben, genauso unterstützt zu werden wie schon seit langem bei uns lebende Menschen, um Arbeit zu finden. Arbeit ist - neben der Sprache - der Punkt, der für die Qualität der Integration entscheidend ist, und daher widmen wir uns diesem Thema ganz besonders! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gerade unter dem Gesichtspunkt der Integration ist die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit doppelt wichtig. Wir dürfen nicht verkennen, dass ein Teil der Jugendlichen, die keine Arbeit finden, obwohl sie sich darum bemühen, aus dem Zuwanderermilieu, aus Zuwandererfamilien kommen.

 

In einer Randbemerkung gebe ich eine Kritik wieder, die nicht aus Wien kommt, sondern aus einem anderen Bundesland, nämlich von Lhptm Pühringer. Das Bundesland Wien würde sich bei der Bewältigung der Frage und der Probleme der Migration um vieles leichter tun, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir nicht verpflichtet wären, 131 Prozent unserer Quote für die Aufnahme von Asylanten zu erfüllen - nicht deswegen, weil wir der Klassenbeste werden wollen, sondern weil andere Bundesländer ihre Quote nicht erfüllen! Nur zu 62 Prozent wird die Quote beispielsweise in Kärnten erfüllt. Das erschwert die Situation für die übrigen Bundesländer, und das kann daher auch nicht auf Dauer so hingenommen werden.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben die Jugendarbeitslosigkeit von allem Anfang an ernst genommen. Man kann das nicht wirklich von allen anderen ebenso sagen. Hätte derjenige, der dafür in erster Linie verantwortlich ist und der dafür auch aus der Arbeitslosenversicherung die Mittel bekommt, sofort gehandelt, als das Thema erkennbar war, dann stünde Österreich anders da. Aber so ist die Bewältigung der Jugendarbeitslosigkeit noch immer eine Aufgabe und nicht bereits eine Bilanz, auf die man zurückblicken kann.

 

Wer die Jugendarbeitslosigkeit bekämpfen will, der muss bei der Berufsausbildung ansetzen. Die Schlüsselstelle ist auch weiterhin die Frage der Lehre, der Lehrstelle und des Lehrabschlusses. Wir haben seit dem Jahr 2000 auf den Ausbau der Jugendausbildungssicherung gedrungen, es gibt eine Reihe von Gesetzesänderungen, die auf Initiativen Wiens zurückzuführen sind, und es ist auf diesem Gebiet zweifellos einiges geschehen.

 

2005 gab es, erstmals seit 1998, in Wien mehr Lehrlinge, und zwar um 430 mehr als 2004. Dieser Zuwachs ist größtenteils auf die Blum-Aktion zurückzuführen, mit dem - unter Anführungszeichen - Schönheitsfehler, dass die Zahl der geförderten Betriebe fast doppelt so hoch ist wie die Zahl der zusätzlich geschaffenen Lehrstellen: 778 Betriebe wurden gefördert, 430 Lehrstellen gibt es mehr.

 

Der zweite Wermutstropfen ist die Tatsache, dass von diesem Zuwachs an Lehrstellen in den Wiener Betrieben nicht in erster Linie Wiener Jugendliche profitiert haben, sondern dass es mehr Lehrlinge aus anderen Bundesländern gegeben hat. Am wenigsten, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben von der Blum-Aktion Jugendliche ausländischer Herkunft profitiert. Daher komme ich noch einmal zu dem Punkt zurück: Wenn wir in der Integration entscheidend etwas erreichen wollen, dann müssen wir im Bereich der Bekämpfung der

 

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