Gemeinderat,
6. Sitzung vom 28.02.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 76 von 82
hundertprozentige Öffnung sei nicht notwendig. Unser Verlangen, dass eine Informationskampagne stattfindet, um die Betroffenen über ihre Rechte zu informieren, wurde abgelehnt mit dem Argument, es sei nicht notwendig, es spricht sich in den MigrantInnen-Communities angeblich sowieso herum, dass es neue Rechte gibt, und die Stadt Wien sieht sich nicht zuständig beziehungsweise nicht verantwortlich dafür, die Menschen, die davon betroffen sind, auch aktiv zu informieren.
Das ist keine mutige Haltung, finden wir. Wir
erwarten von der SPÖ und wir verlangen von der SPÖ eigentlich noch immer eine
mutige Haltung, die sich aktiv gegen Rassismus stellt und die sich öffentlich
dazu bekennt, dass die Gemeindebauten jetzt geöffnet sind, die den Mut hat zu
sagen: Ja, Menschen, die hier leben, haben Rechte. Nach einer gewissen Dauer
sollen sie gleichberechtigt sein. Wir stehen dazu, wir fördern das, und wir
erteilen dem Rassismus eine Absage! (Beifall bei den GRÜNEN.)
Stattdessen hat die SPÖ im letzten möglichen
Augenblick die Gemeindebauten geöffnet. Immerhin nimmt sie EU-Recht ernst - das
ist schon zu betonen -, immerhin setzt die Wiener SPÖ in diesem Bereich
EU-Recht um. Und wir sind auch davon überzeugt, dass die SPÖ zumindest in
diesem Punkt nicht mehr davon abgehen wird und die Gemeindebautenöffnung nicht
mehr rückgängig machen wird.
Nichtsdestotrotz verlangen wir von der SPÖ für die
Zukunft, den nötigen Mut aufzubringen, sich aktiv gegen Rassismus zu stellen,
und zwar nicht nur, wenn man unter vier Augen mit SP-Mandataren und
–Mandatarinnen redet, sondern auch in der offiziellen Stadtpolitik.
Was die FPÖ macht, hingegen ist, Menschen in Gruppen
einzuteilen: In Inländer und Ausländer, in so genannte echte Wiener und so
genannte Eingebürgerte. Die Gruppen sollen festgefahren sein, die Menschen
sollen ihre Kultur, ihre Identität nicht ändern, nicht wechseln können, das
soll etwas Festgefahrenes sein. Und die einen werden gegen die anderen gehetzt
mit dem Argument: Die anderen nehmen euch Dinge weg, die anderen nehmen euch
Arbeitsplätze weg, Wohnungen weg, Sozialhilfe weg, was auch immer. - Das ist
keine Politik des Miteinander, das ist keine friedliche Politik, sondern das
ist eine rassistische und eine hetzerische Politik, die Sie hier betreiben -
die Sie nicht nur hier, sondern leider auch draußen betreiben -, die nicht zu einem
friedlichen Zusammenleben beiträgt, sondern die die Lage immer mehr
radikalisiert. Und es wird auch Ihre Verantwortung sein, wenn rassistische
Gewalttaten in der Stadt noch mehr zunehmen. Es fällt auch unter Ihre
politische Verantwortung, wenn die rassistischen Schmierereien, die heute auch
hier Gesprächsthema waren, in der Stadt immer mehr zunehmen. Wenn sozusagen
Gewaltaufrufe betreffend ethnische Gruppen oder Menschen mit dunkler Hautfarbe
überall zu lesen sind, dann geht das auch auf Ihre Politik zurück, und diese
Verantwortung haben Sie zu übernehmen.
Und zum Abschluss möchte ich, um zu verdeutlichen,
was Rassismus ist und wie sich Rassismus äußert, kurz etwas vorlesen, und am Ende
beinhaltet es auch die Haltung, die unserer Meinung nach notwendig wäre und die
eine adäquate Antwort auf diesen Rassismus wäre. Es ist nämlich die Schilderung
eines Falles, der sich in einem Flugzeug zwischen Johannesburg und London
wirklich zugetragen hat:
Eine weiße Frau, zirka 50 Jahre alt, setzt sich
neben einen Schwarzen im Flieger. Sehr entsetzt ruft sie die Stewardess. Diese
fragt: Was haben Sie für ein Anliegen, gnädige Frau? - Die Frau: Sehen Sie es
denn nicht? Sie haben mich neben einen Schwarzen platziert! Ich halte es neben
solch einem ekligen Menschen nicht aus. Geben Sie mir bitte einen anderen
Sitzplatz!
Die Stewardess: Beruhigen Sie sich! Praktisch alle
Plätze des Fluges sind besetzt. Ich werde nachschauen, ob noch einer frei ist.
- Die Stewardess entfernt sich und kommt einige Minuten später wieder: Gnädige
Frau, wie ich es mir dachte, ist in der Economy-Klasse kein Platz mehr frei.
Ich habe mit dem Verantwortlichen gesprochen, und der hat mir bestätigt, dass
keiner mehr frei sei. Jedoch haben wir noch einen Platz in der ersten Klasse. -
Bevor die Frau nur ein Wort sagen kann, fährt die Stewardess fort: Es ist sehr
ungewöhnlich für unsere Fluggesellschaft, jemandem zu erlauben, sich in die
erste Klasse zu setzen, obwohl er/sie in der Economy-Klasse ist, aber durch die
Umstände findet der Verantwortliche, dass es ein Skandal wäre, jemanden zu
zwingen, neben so einer ekligen Person zu sitzen. - Die Stewardess wendet sich
dem Schwarzen zu und sagt: Sie können also, wenn Sie dies wollen, Ihr
Handgepäck nehmen, denn ein Sitz in der ersten Klasse erwartet Sie.
Alle Passagiere rundherum, welche bei diesem
Schauspiel dabei und schockiert waren, standen auf und applaudierten.
Ich sage in diesem Sinne: Wehret den Anfängen!
Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den
GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als Nächste zum Wort
gemeldet ist Frau GRin Mag Ekici. - Bitte.
GRin Mag Sirvan Ekici (ÖVP-Klub
der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Meine sehr geehrten
Damen und Herren!
"Tal der Wölfe", Karikaturenstreit,
Gemeindewohnung - ich glaube, sehr geehrter Herr Gemeinderat, Sie haben da
einige Themen heute so durchgemixt und haben sich auch in Ihrer Rede in vielen
Punkten auf paradoxe Weise widersprochen. - Aber kommen wir einmal zu meinen Ausführungen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der
Wohnungsbereich ist ein sehr wichtiges Feld der Integration für Migranten und
Migrantinnen. Er ist ein Bereich, wo Integration oft gelingt oder misslingt.
Viele Migranten leben in ihren Wohnungen in oft unerträglichen Zuständen. Da
sind natürlich auch Spannungen mit Hausbewohnern vorprogrammiert. Das führt zu
Missverständnissen, zu Ablehnungshaltung von beiden Seiten. Daher wird auch im
Wohnbereich die kulturelle Distanz am stärksten erlebt.
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