«  1  »

 

Gemeinderat, 5. Sitzung vom 24.01.2006, Wörtliches Protokoll  -  Seite 10 von 89

 

Jänner eine Entscheidung zu fallen hat. Aber ich möchte das sozusagen nur als kleine Richtigstellung anbringen, ehe ich zu meiner Frage komme.

 

Sie haben zu Recht von der Nachhaltigkeit gesprochen und dass es darum gehe, nachhaltige Impulse für das Kulturleben der Stadt Wien zu geben. Ich möchte Sie in dem Zusammenhang fragen, welchen Beitrag der Nachhaltigkeit, was Kultur angeht, Wien im Hinblick auf den Ankauf oder die Finanzierung der Klimt-Bilder zu leisten gewillt ist.

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Herr Stadtrat.

 

Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Zu einem, Kollege Wolf, wenn Sie mir genau zugehört hätten – aber das dürfte überhaupt eine Schwierigkeit sein –, hätten Sie wohl gehört, dass ich gesagt habe, dass wir mitten in die Verhandlungen hinein diese Information bekommen haben, aber dass wir nicht vorher informiert worden sind, was ja bei Gesprächen, bei guten Gesprächen eigentlich Courtoisie wäre, und dass man nicht, wenn man mit jemandem über eine Vertragsverlängerung, über eine zukünftige Struktur des Hauses spricht, in die Öffentlichkeit geht – wann immer das war, ob vor Weihnachten oder nach Weihnachten – und sagt: Hallo, wir verkaufen! – Das ist das eine. Und wenn Sie das alles früher gewusst haben, wäre es freundlich gewesen, wenn Sie es mir gesagt hätten.

 

Die zweite Frage der Klimt-Bilder gibt mir Gelegenheit, doch darauf hinzuweisen, wie mit Kulturgut in dieser Republik von der Bundesregierung auf eine wirklich skandalöse Art und Weise umgegangen wird. Sie werden es nicht wissen, weil Sie damals noch nicht in Ihrer Funktion waren, aber vielleicht haben Sie es als kommentierender Journalist doch mitbekommen, es gab einen ähnlich gelagerten Fall im Bereich der Stadt Wien, ziemlich ähnlich, wo wir im Zuge der Restitutionsgespräche und der Recherchen draufgekommen sind, welche entsprechenden Kulturgüter sich im Bereich der Stadt Wien befinden. Es gibt halt nach wie vor Zuständigkeiten unterschiedlicher Gebietskörperschaften. Es gibt einen Bund und eine Bundesregierung, die ist zuständig für das, was in ihren Bundesmuseen geschieht, es gibt eine Stadt Wien, ein Land Wien, wo Sie in einer gesetzgebenden Körperschaft sitzen, sodass ich doch annehmen muss, dass Sie auch wissen sollten, wofür die Stadt Wien, wofür das Land Wien zuständig ist und wofür der Bund und die Bundesregierung zuständig sind.

 

Wir haben entdeckt, dass sich die Sammlung Strauß-Meyszner über lange Zeit unrechtmäßig im Besitz der Stadt Wien befunden hat. Wir haben nicht nur begonnen, Verhandlungen über die Rückgabe zu führen – da muss man eigentliche keine Verhandlungen führen, sondern das gibt man zurück –, sondern auch Verhandlungen darüber zu führen, wie man sie ankauft, und zwar aus der schlichten Überlegung heraus, dass es, wenn etwas lange Zeit im Besitz der Stadt Wien war und daher Teil des kulturellen Erbes der Stadt ist, dann, wenn man draufkommt, es war Unrecht, es gehört uns eigentlich gar nicht wirklich, aber wir haben jetzt sechs Jahrzehnte lang damit Werbung gemacht und haben Leute hingeführt und so weiter, eine moralische Verpflichtung ist, das zu tun und nicht zu sagen, nun haben wir nichts mehr damit zu tun.

 

Wir haben daher den zu diesem Zeitpunkt einmaligen Schritt gesetzt, haben Geld in die Hand genommen und haben das gekauft. Wir haben das getan, ohne dass wir uns sozusagen jammernd in die Öffentlichkeit begeben und gesagt haben, da müssen jetzt die Banken mittun, denn wir haben kein Geld. Was eine besondere Chuzpe ist angesichts der Tatsache, dass der Finanzminister einen Tag vorher erklärt, er hat 900 000 Millionen zusätzliche Einnahmen. Am nächsten Tag sagt die Frau Gehrer, sie hat kein Geld für den Ankauf eines so bedeutenden Werkes. Da brauchen wir jetzt gar nicht über die Geschichte dieser Klimt-Bilder zu reden. Das ist ja alles ausreichend in den Medien zu lesen, wie da umgegangen wurde und welches skandalöse Verhalten die Bundesregierung an den Tag gelegt hat. Aber dass Sie jetzt hergehen, Herr GR Wolf, und fragen, welchen Beitrag die Stadt Wien für etwas leisten kann, was ausschließlich in die Zuständigkeit des Bundes fällt, was ausschließlich ein Versäumnis der Bundesregierung bisher war, was ausschließlich auch mit ein bisschen gutem Willen der Bundesregierung zu lösen ist und nicht mit einem Achselzucken. Da wird noch kommentiert und gesagt: Wir müssen das zurückgeben, weil die jüdischen Besitzer...

 

Ja, was sind das für Untertöne, die da herauskommen? Wir sind im Unrecht, und das wissen wir seit knapp zehn Jahren. Ich meine, was soll man dazu sagen, wenn die Frau Altmann in der "Weltwoche" sagt, das ist eine "Bagage", mit der sie da zu tun hatte, ein "Pack", mit dem sie zu tun hatte. Ich zitiere da nur die Frau Altmann.

 

Herr Wolf, entschuldigen Sie, Sie sind damals auch nicht aufgestanden und haben geschrieben, die Bundesregierung sollte etwas tun dafür, dass wir den Strauß-Meyszner Nachlass ankaufen. Es wäre schön gewesen, es wäre gut gewesen, wenn Sie das in Ihrer Zeitung damals vielleicht gefordert hätten. Das haben Sie nicht getan. Jetzt angesichts dieses skandalösen Verhaltens, angesichts dieser Nachlässigkeiten und Versäumnisse der Bundesregierung, über die mittlerweile die ganze Welt lacht, aufzustehen und zu sagen, die Stadt Wien soll gefälligst was für die Klimt-Bilder tun, ist, entschuldigen Sie, im Grunde genommen genauso eine Chuzpe wie das Verhalten der Bundesregierung. (Beifall bei der SPÖ und von GRin Dr Sigrid Pilz.)

 

Wissen Sie, was die Stadt Wien für die Bundesregierung in dieser Stadt alles im Kulturbereich übernommen hat? Wissen Sie, wie hoch das pro Jahr ist? Wenn die Bundesregierung da auch nur ein bisserl ihren Beitrag leisten würde, dann könnte man wahrscheinlich sogar darüber reden. Das hat im Übrigen der Herr Finanzstadtrat ohnedies gesagt. Wenn es endlich irgendeine Äußerung gäbe vom zuständigen Herrn Bundeskanzler, der verschwunden ist, vom zuständigen Herrn Finanzminister, der lieber Schi fahren geht und sich als Indianer und Cowboy fotografieren lässt, von den zuständigen Staatssekretären, wenn es dazu irgendeine Äußerung gäbe und nicht nur ein Achselzucken von der Frau

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular