Gemeinderat,
35. Sitzung vom 25.11.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 101 von 120
außen hereingebracht wird, die gestellt wird durch die
neoliberale, am Finanzergebnis und nicht am Produktionsergebnis orientierte
Investorenlogik, sprich dass Unternehmen in ihrer unternehmerischen Logik
eigentlich nur noch auf ein gutes Finanzergebnis schauen, was zu dem Ergebnis
führen kann, dass produzierende Firmen mitunter mehr eine Bank sind als eine
Werkbank und weniger auf die Produktion achten. Shareholder Value ist zu dieser
Frage das verkürzende Schlagwort. Daher gilt es, Standortpolitik zu machen, die
natürlich auch der Marktwirtschaft und dem Kapitalismus entspricht, weil sonst
überhaupt kein Standort vorhanden ist, aber es gilt auch, etwas
entgegenzusetzen, hier zu regulieren, soziale Verpflichtungen einzumahnen und
gleichzeitig Vermeidung sozialer Benachteiligung von Bevölkerungsgruppen oder
Erhaltung von Lebensräumen im gleichen Ausmaß sicherzustellen.
Das Schlagwort der integrierten Stadt gilt natürlich
auch im Hinblick auf die Erweiterung der EU, da ist Integration überhaupt das
Mega-Schlagwort. Die EU-Erweiterung hat auch für Wien eine besondere Bedeutung.
Die entscheidende Perspektive in diesem Zusammenhang ist, dass über kurz oder
lang ein gemeinsamer Wirtschaftsraum entsteht. Er ist schon massiv im
Entstehen, daher muss natürlich auch ein Stadtentwicklungsplan diese Fragen
behandeln, Lösungen antizipieren und sich der Frage stellen. So wie wir uns im
Stadtentwicklungsplan von 1994 quasi als Tor zum Osten definiert haben, so
können wir elf Jahre später feststellen: Wir sind zwar Tor zum Osten, wir sind
aber auch gleichzeitig Tor zum Westen, nämlich für diejenigen, die vom Osten
kommen.
Es ist dann auch immer die Frage: Was tut die Stadt
im Konkreten? Über den Stadtentwicklungsplan hinaus gedacht, hat man erst
kürzlich, im September, in Kittsee mit den Landeshauptleuten und Hauptleuten
der einzelnen Provinzen, Regionen, Bundesländer und Länder - Südmähren, Wien,
Burgenland, Niederösterreich, ungarische Komitate - eine Europaregion gegründet
und den Vertrag feierlich unterzeichnet, eine Europaregion, die auch ein
Meilenstein ist im Hinblick auf die Etablierung von Wien als Region und als
Zentrum in Mittel- und Osteuropa, was wir, glaube ich, in vielerlei Hinsicht
schon sind, als Kulturstandort sowieso, aber auch als Wissensstandort, als
Cluster-Standort zum Beispiel im Biotechnologiebereich. Natürlich ist auch
unsere führende Stellung bei den Umwelttechnologien durchaus hilfreich.
Eine integrierte Stadt muss aber auch im Sinne der
Mobilität eine integrierte Stadt sein. Das heißt, sie muss auch eine
Erreichbarkeit sicherstellen, eine breite, umweltverträgliche, sozial
akzeptable Mobilität sicherstellen. Das ist in Wien mit dem dichten Netz des
öffentlichen Verkehrs durchaus möglich. So ist hier nur zu erwähnen, was im
nächsten Jahr noch stärker auf uns zukommt: die vierte Ausbauphase der U-Bahn,
sowohl in den Süden der U 1 als auch der U 2, als auch die Planungen
betreffend die U 6. Es gibt Projekte zur Erweiterung des Straßenbahnnetzes
- ein Verkehrsmittel, das in Wien zum Glück wieder stark eine Renaissance
feiert. Auch von diesen Entscheidungen hängen letztendlich Entwicklungschancen
ab, von diesen Entscheidungen hängt auch ab, welche Gebiete man erschließt, und
davon hängt auch ab, ob man dort ebenfalls die Durchmischung schafft, dass alle
Möglichkeiten gegeben werden.
Ein weiterer Punkt, der bei Stadtentwicklung durchaus
eine starke Rolle spielt, aber nicht mit dem Stadtentwicklungsplan selbst zu
tun hat, ist die Architektur und die Stadtgestaltung. Hier tut es mir ein
bisschen Leid, dass in der Wienerstadt über alles und überall verfrüht
diskutiert wird. Das ist einerseits ein Interessens- und Qualitätskriterium für
die Stadt und ihre Bürger, andererseits habe ich oft das Gefühl, wir
diskutieren viel zu aufgeregt, und es wird oft auch viel zu sehr über Meter und
Höhenmeter und solche Fragen diskutiert und viel weniger über die Qualität von
Bauten und von Architektur gesprochen. Da prallen oft Philosophien oder Dogmen
aufeinander, von wegen "Nur alt ist gut!", "Nur neu ist
gut!", wie auch immer.
Ich glaube, hier ist die Qualitätsfrage herzustellen,
und es muss uns auch klar sein, dass die qualitätsvolle Architektur von heute
mitunter die Schutzzone von morgen sein kann. Ich glaube, dass der qualitative
Ansatz auch hinsichtlich der Qualität in Wien-Mitte gezeigt hat, wie man den
Weg gegangen ist, den ja Rudi Schicker stark initiiert hat, nämlich in
Wien-Mitte quasi einen städtebaulichen Wettbewerb zu initiieren, sodass dort in
der Jury die Qualität gesichert wurde und über diesen qualitativen Vorschlag,
über den Weg der Qualität auch wieder eine Lösung zustande gekommen ist. So
gilt 2004 auch die Finalisierung des Masterplans Westbahnhof als ein
ebensolches Beispiel.
Zum Schwarzenbergplatz: Ich habe übrigens nicht
Kollegin Rothauer damit gemeint mit, dass die Diskussion viel zu aufgeregt und
nicht inhaltsvoll ist. Ich glaube, die Kritikpunkte der Kollegin Rothauer sind
durchaus wohl bedacht und zielen auch auf architektonische Qualität ab.
Ich muss zum Schwarzenbergplatz sagen, er ist
jedenfalls besser gestaltet als vorher, er wirkt aufgeräumt und klar
strukturiert. Er schafft eine Verkehrsdurchflussdichte, die er vorher nicht
hatte - sowohl was den Autoverkehr betrifft als auch was die Straßenbahn
betrifft -, durch die Auseinandernahme der Gleiskörper von 41er und D-Wagen und
hat sich dadurch verbessert. Er ist auch in der Mitte ein Platz geworden, wo er
bis jetzt eine Rumpelpiste war.
Ob alle Details jedem gefallen müssen - seien es etwa die
Lampen, oder seien es die Skaterbahn-ähnlichen Ausbuchtungen am Anfang um am
Ende -, das ist eine zweite Frage. Aber das sind Fragen, die man durchaus
diskutieren kann, und es soll auch darüber diskutiert werden. Es muss ja nicht
jeder alles schön finden, das soll auch nicht so sein. Es ist immerhin auch ein
Entwurf eines Architekten. Ich muss sagen, der primäre Auftrag ist insofern
erfüllt, als der Platz gegenüber dem früheren Zustand verbessert worden ist.
Wir haben in Wien überhaupt ein gewisses Platzproblem, und wir haben die Angst
vor dem leeren Platz. Ein Platz wie zum Beispiel
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