Gemeinderat,
35. Sitzung vom 25.11.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 100 von 120
Stadtentwicklung und Verkehr betreut und zu verwalten hat,
ist in der einen Linie vor allem ein stark investitives Budget, weil viele
Budgetposten direkt in die Investitionen fließen. Wenn man sich das
herausrechnet, sind das 673 435 100 EUR, wovon weit über
50 Prozent direkt nachfragewirksame Ausgaben sind. Hier zeigt sich
klarerweise auch, dass die Geschäftsgruppe Stadtentwicklung und Verkehr über
die Straßenerhaltung und viele andere Projekte auch ein Arbeitsplatzerhalter
und -schaffer ist, und in dem Sinne auch ein Konjunkturstimulator, wie wir es
auf anderer Ebene - so viel sei zu Frau Kollegin Trammer gesagt - ja durchaus
vermissen.
Im vorigen Budgetvoranschlag - also im heurigen Jahr
- war der Masterplan Verkehr quasi der Schwerpunkt im Stadtentwicklungsressort.
2004 wird der Beginn des Stadtentwicklungsplanes 2005, also des STEP 05,
sein. 1994 war der letzte STEP, so ist es zehn, mitunter elf Jahre später
durchaus sinnvoll, sich einige Fragen wieder anzuschauen. Im Unterschied zum
letzten STEP stellen sich manche Fragen jetzt wesentlich konkreter, und es sind
auch die verschiedenen Parameter mitunter besser abschätzbar, wie etwa die
Quantifizierung der Bevölkerungsentwicklung, die Abschätzung der Verkehrsströme
und die Einschätzung der stadtökonomischen Erfordernisse.
Stadtentwicklung erfolgt aber nicht im luftleeren
Raum, sondern steht auch unter dem Einfluss von globalen und europäischen
Trends. Dazu gehört alles, was sich tut im Bereich der Arbeitsbedingungen und
der Arbeitsverhältnisse, der wirtschaftlichen Organisationsformen, der
Kommunikation - sowohl im Stellenwert der Kommunikation in der Gesellschaft als
auch darin, wie sie funktioniert und welche infrastrukturellen Erfordernisse sie
hat - und des Konsumverhaltens, das sich laufend verändert. Auch das
Freizeitverhalten, die Freizeitbedürfnisse und die Mobilität sind Faktoren, die
nicht nur von Wien her zu beeinflussen sind, sondern die auch globalen Trends
unterliegen und daher auch in einem Stadtentwicklungsplan mitbedacht gehören.
Wie gesagt, es verändert sich nicht nur die
Wirtschaft - unter dem Stichwort Globalisierung kennt dann jeder diese
Entwicklungen und Veränderungen der Wirtschaft -, sondern es verändern sich
darüber vor allem auch die Lebensverhältnisse der Menschen, der BewohnerInnen
einer Stadt. Darum geht es ja auch, darauf Antworten zu suchen und mitunter
auch zu finden. Es ist aber auch, glaube ich, in Zeiten, die dermaßen vernetzt
sind, nicht immer möglich, eine allumfassende, allgemein gültige, sofort
umsetzbare Antwort zu finden. Oft ist schon mit der Problemanalyse viel getan.
Jedenfalls gilt es, Handlungsspielräume, die ja durch Veränderung auch
entstehen, als Chancen für die Städte zu erkennen und durch die Stadtentwicklung
nutzbar zu machen sowie Probleme und negative Entwicklungen nach Möglichkeit
abzufangen und zu verhindern.
Der Stadtentwicklungsplan ist klarerweise primär eine
räumliche Strategie. Er ist ein Plan, nicht so konkret wie ein Flächenwidmungsplan,
sondern ein übergeordneter Entwicklungsplan. Aber trotzdem gehört auch
Stadtentwicklungspolitik auf Vorausschau und auf Ziele aufgebaut. Ich glaube,
das hauptsächliche Wiener Ziel ist die integrierte Stadt. So gilt es unter dem
Schlagwort integrierte Stadt insbesondere die soziale Durchmischung zu fördern
und zu unterstützen. Es gilt abgewohnte und schlechte Quartiere zu durchmischen
und zu verbessern - Stichwort zum Beispiel Gürtel. Dort ist es in Wien durchaus
gelungen, ein zartes Pflänzchen immer mehr zum Wachsen zu bringen, und ich
möchte zwar nicht sagen, dass diese Pflanze inzwischen wuchert, aber der Gürtel
gedeiht bestens und ist inzwischen wiederum ein pulsierender Ort von Urbanität
und von städtischem Leben geworden.
Wir brauchen eine Stadt, die darauf achtet, dass die
schönen, guten Lagen am Stadtrand und in der City, die Grünlage und die noble
Innenstadtlage, nicht allein den Superreichen zugänglich sind, sondern dass es
auch in diesem Sinn eine Durchmischung gibt: dass es sozialen Wohnbau auch am
Stadtrand gibt, in der Grünlage, auf den Hügeln der Stadt, wo sonst nur die
Reichen wohnen, dass es auch Gemeindebauten in der inneren Stadt, sodass es
eben eine soziale Mischung und nicht, wie in anderen Städten, die Gettos der
Reichen mit einem Zaun gibt, in welche keiner mehr hineinfahren darf, weil sie
sich vor der Armut draußen so sehr fürchten, und die Gettos der Armen und die
Slums auf der anderen Seite. Diese soziale Durchmischung ist in Wien extrem gut
gelungen, da kann fast keine andere Stadt mithalten. Auch die französischen
Verhältnisse zeigen, dass dort die Vorstädte mitunter durchaus verwahrlost
sind. Da haben wir in Wien einen guten Stock, auf dem wir aufbauen und den wir
natürlich auch in diesem Sinne schützen müssen.
Eine integrierte Stadt, das heißt aber auch, auf die
funktionale Entflechtung, die teilweise durch ebendiese ökonomischen
Veränderungen stattfindet, zu reagieren. Es gibt immer stärker eine ökonomische
Tendenz, irgendwo riesige Verkaufsflächen zu schaffen und Einheitsnutzungen -
hier verkaufen, dort wohnen; hier Industrie, hier Arbeiten und diese Dinge,
dort Freizeit und Kultur - zu schaffen. Auch da geht es darum, dass
Durchmischung möglich ist und all die Funktionen, die eine Stadt haben muss,
nach Möglichkeit durchmischt sind: Arbeiten, Wohnen, Freizeit und auch
Erholung. Das ist auch aus Sicht der Umweltverträglichkeit und im Sinne der
kurzen Wege durchaus sinnvoll.
Da Wien einen hohen Anteil von Über-Sechzigjährigen
hat - jeder dritte Wiener oder Wienerin ist ja über 60 Jahre alt -,
braucht es eine hohe Dichte an Versorgungseinrichtungen, vor allem an
Gesundheits- und sozialen Einrichtungen. Es braucht auch für diese
Bevölkerungsgruppe - aber nicht nur für diese - den Ansatz einer Durchmischung
von kleinen und mittleren Unternehmen, von Dienstleistern, von Geschäftsstraßen
und all diesen Dingen. Wir stecken natürlich auch in Trends, denen man
entgegenwirken kann, die wir aber vermutlich nicht komplett aufhalten können.
Stadtentwicklungspolitik ist eben auch Standortpolitik. Für
Städte stellt sich oft die Frage, die von
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