Gemeinderat,
35. Sitzung vom 25.11.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 38 von 120
Weise ihr Kind in welchem Lehrplan eingestuft werden soll,
und dann selbst einen Antrag stellen. Es kann doch nur umgekehrt sein! Die
Schule sagt: So ist es, du wirst nach diesem Lehrplan beurteilt. Die Schule
stellt alle diese Möglichkeiten zur Verfügung und informiert entsprechend die
Eltern darüber, nach welchen Kriterien ihr Kind - eben aufgrund eines
Leistungsprofils - beurteilt wird.
Das sind also horrible Dinge, die nicht mehr nachvollziehbar
sind und mit der KMS überhaupt nichts zu tun haben. Sie wurden nie so
diskutiert, und ich habe große Sorge, meine Damen und Herren, dass eine gute
Idee in Wien nun über die praktische Umsetzung, die sich offenbar auch jeder
politischen Kontrolle entzieht, kaputt gemacht wird. Wir bedauern das, und wir
befürchten - ich bezeichne es fast als Schande -, dass mit diesem gemeinsamen
Modell eine Chance, die vielleicht sogar österreichweit eine gewisse
Signalwirkung hätte haben können, kaputt gemacht wurde. Wir werden jedenfalls
in dieser Frage und in diesen Dingen ganz konsequent auf den Linien bleiben,
die wir von der ÖVP hier eingebracht haben und die als Kompromiss im
Stadtschulrat beschlossen wurden. (Beifall bei der ÖVP.)
Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Was ich in diesem
Ressort vermisse, sind konzeptive Überlegungen. Ich habe nur ein paar Beispiele
herausgegriffen, die schmerzhaft sind.
Es fehlt in diesem Ressort ein
Familienförderungsgesetz. Bis heute ist das nicht geklärt. Sie ersparen sich
auf der einen Seite viel Geld durch neue Errungenschaften auf Bundesebene in
diesem Bereich. Auf der anderen Seite gäbe es genug Notwendigkeit und
Möglichkeit, hier fördernd und hilfreich den Familien, die es trotzdem noch
brauchen, unter die Arme zu greifen. Das passiert alles nicht in diesem Ausmaß.
Wir haben keinen Schulentwicklungsplan, keine
Zusammenschau. Wir wissen nicht, wo in nächster Zeit aufgrund demographischer
Entwicklungen eine Schule geschlossen werden wird. Wir erfahren es dann knapp
davor.
Wir haben bis heute kein Bäderkonzept. Das habe ich
schon erwähnt.
Es gibt kein Musikschulkonzept. Das heißt, es gibt
einen Entwurf eines Musikschulkonzepts, der mittlerweile schon vier Jahre alt
ist, in dem aber eindeutig drinsteht, dass die Versorgungsdichte mit
1,5 Prozent unter jeder Kritik ist und dass durchschnittlich
4 Prozent angestrebt werden sollten. Es fehlen zehn Standorte. Das alles
wissen wir, aber es passiert nichts.
Die Krieau ist ein Fass ohne Boden. Wenn es nicht zu
den von mir schon aufgezeigten Überlegungen und Konzepten kommt, wird
wahrscheinlich auch dort Frank Stronach irgendwann einmal das Ganze übernehmen
beziehungsweise werden wir die Krieau insgesamt zu Grabe tragen müssen. (GR
Günter Kenesei: Wie die Freudenau!) Genau, wie die Freudenau.
Sie haben kein Integrationskonzept im vorschulischen
Bereich. Wir haben immer wieder versucht, Ihnen aufgrund von internationalen
Studien nachzuweisen, dass es viel effizienter und sinnvoller ist, bereits beim
Fünfjährigen anzusetzen, die sprachliche Integration - natürlich auch die
soziale Integration - vorzubereiten und damit den Schuleingangsbereich zu
entlasten. Es wird uns jetzt alles auf den Kopf fallen, wenn durch die
Umstellungen und durch die neuen Lehrerverteilungen in den Wiener Schulen
natürlich auch diese Dinge in Mitleidenschaft gezogen werden.
Sie haben kein Kinderbetreuungskonzept. Das heißt,
ich kenne kein Konzept, das klar festlegt, wie die ganztägige Schulbetreuung in
Wien in Zukunft aussehen wird.
Außerdem - das habe ich schon gesagt - sind Sie
dabei, den Breitensport kaputt zu machen.
Das alles findet sich - ich habe das zu Beginn gesagt
- in einem in Zahlen gegossenen politischen Ausdruck, nämlich in Ihrem
Budget 2004. Sie werden verstehen, dass infolge dieser von mir jetzt
dargelegten Überlegungen eine Zustimmung nicht denkbar ist. (Beifall bei der
ÖVP.)
Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Als
Nächster zum Wort gemeldet ist Herr GR Römer. Ich erteile es ihm.
GR Johann Römer (Klub der Wiener
Freiheitlichen): Frau Vorsitzende! Frau Vizebürgermeisterin! Werte
Kolleginnen und Kollegen!
In diesem Ressort ist es eines der wichtigsten Dinge
- wobei es natürlich viele wichtige Dinge gibt -, die Existenz der Familien der
Wienerinnen und Wiener zu sichern. Daher ist es nicht nur interessant, was hier
im engen Bereich des Sozialen geschieht, sondern es ist auch interessant, was
rundherum geschieht, weil ich davon ausgehe, dass die Frau Vizebürgermeisterin
das soziale Gewissen dieser Landesregierung zu sein hat.
Der Herr Vizebürgermeister hat gestern in seinen
Einführungen zum Voranschlag die Rolle der Frau Vizebürgermeisterin übernommen.
Er hat sich neben der Vorstellung des Voranschlages - natürlich genauso, wie es
auch die Frau Vizebürgermeisterin immer macht - breit mit dem Bund beschäftigt
und einige Dinge in den Raum gestellt, die man jetzt gar nicht alle richtig
stellen kann, weil dies eine eigene Rede wäre. Dazu nur ein Beispiel: Wenn er
etwa bemerkt, dass das Pflegegeld jahrelang nicht erhöht worden ist, so stimmt
das schon - das ist eine Tatsache -, aber man könnte dazu zwei Fragen stellen.
Erstens: Warum wurde es nicht erhöht, als sozialdemokratische Finanzminister im
Amt waren? (GRin Barbara Novak: Immer abschieben!) Und die zweite Frage
ist: Wien hätte ohne weiteres - vielleicht nicht unbedingt direkt im Rahmen des
Pflegegeldes, aber trotzdem - eine Zuwendung an diesen Personenkreis machen
können, wenn schon nicht eine Erhöhung des Pflegegeldes direkt möglich gewesen
wäre. Das heißt, dauernd nur zu sagen, dass die anderen schuld sind, und alles
wegzuschieben, ist mir ein bisschen zu wenig.
Ich möchte auch bemerken, dass die Sozialhilfe in Wien nicht
erhöht worden ist, zum Unterschied von den Ausgleichszulagenrichtsätzen, die
von der Bundesregierung seit 2000 jedes Jahr überproportional erhöht worden
sind. Das muss man zur Kenntnis nehmen, das ist einfach so. Es ist leider so,
dass den Wienerinnen und
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