Gemeinderat,
35. Sitzung vom 25.11.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 27 von 120
heißt "Winter ade, scheiden tut weh. Aber dein Scheiden
macht, dass mir das Herzchen lacht." Okay. (Große Heiterkeit bei der FPÖ.)
Es ist ja irgendwie eine Ironie des Schicksals, dass
der Kulturpolitiker und ehemalige Kulturstadtrat Marboe, der laut gestriger
Äußerung seines Klubobmannes Tschirf derjenige war, der die Entpolitisierung
der Kulturpolitik in Wien vollbracht und gelebt hat, dass eben jener Marboe
jetzt als deklarierter Politiker in die Kultur als unabhängiger Intendant geht.
(Weitere Heiterkeit bei der FPÖ.)
Also wenn ich jetzt zynisch wäre, im religiösen Sinne müsste ich sagen:
"Herr Dr Marboe, gehen Sie mit Gott!" - aber ich tue es nicht.
Ich werde alles vergessen, was Sie uns auch so im Laufe der Jahre noch als
Amtsführender anschauen haben lassen: Nichts vom Container reden, auch nichts
von der 9. Symphonie von Beethoven.
Ich habe mir natürlich auch überlegt, ob ich Ihnen
etwas schenken soll, nicht? Ich habe da an eine Perücke gedacht, damit der
Identifizierungsdraht mit Mozart intensiviert werden kann oder an
Mirabell-Mozartkugeln oder an beides. Das hätte ja wieder für Sie den Vorteil,
nach dem Mozartjahr könnten Sie ohne Übergangsschwierigkeiten in die Rolle von
Franz Klammer schlüpfen und in die Werbebranche gehen, falls Sie dann nicht
noch im Haydnjahr tätig sind. (Heiterkeit
bei der FPÖ.) Aber dann brauchen sie den Posten wahrscheinlich wieder für
jemand anderen. Also es ist besser, ich werde das alles jetzt nicht weiter
breittreten.
Ich möchte hier ganz egoistisch zu einem Abschluss
kommen. Ich wünsche mir persönlich ein würdiges, bedeutendes, beeindruckendes
und wunderschönes Mozartjahr. Und ich wünsche mir, dass ich auch die Zeit habe
- den Wunsch habe ich auf jeden Fall -, viele Veranstaltungen und Opern zu
besuchen und ich wünsche mir, wir wünschen uns, dass der Dr Marboe und
alle anderen seiner Koordinatoren und Intendanten alles daran setzen werden,
dass dieses Mozartjahr zu einem im positiven Sinne bleibenden Erlebnis wird!
Abschließend, nachdem ich das jetzt von vielen
Vorrednern gehört haben, dass sich alle bei den Beamten bedanken, muss ich das
natürlich auch machen, wenngleich ich einschränkend sage, ich bedanke mich
nicht für das Budget, weil das so ist, als ob ich mich bei meinen Mitarbeitern
bedanke, dass sie in der Früh ins Büro kommen, denn sie machen ihre Arbeit. Ich
bedanke mich für die sehr gute, konstruktive, professionelle Zusammenarbeit.
Und speziell bedanke ich mich beim Herrn Dr Obermaier und wünsche ihm viel
Glück im Namen unserer Fraktion für seinen weiteren Lebensweg. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: So, nachdem keine
Wortmeldung mehr vorliegt, Herr Stadtrat.
Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Herr Vorsitzender!
Meine Damen und Herren!
Nach dieser doch sehr
umfassenden und über weite Strecken auch sehr amüsanten Debatte über das
Kulturbudget - es war schön, dass man sich auch über weite Strecken einig ist
und das auch mit dem nötigen Quäntchen Ironie oder Humor versetzt -, lege ich
einmal mein vorbereitetes Manuskript zur Seite, weil vieles schon gesagt wurde.
Ich möchte aber doch die
Gelegenheit nützen, nur ein ganz klein wenig zu versuchen abseits der Debatten,
ob man eine bestimmte Einrichtung mehr oder weniger fördern soll - darüber wird
man immer debattieren sollen und können und das tun wir auch im Ausschuss –, zu
fragen, und darum geht es mir eigentlich: Was sind die großen Linien dieser
Politik und in welchem Umfeld bewegen wir uns? Ich meine, dass von den heutigen
Debattenbeiträgen durchaus auch Anerkennung gekommen ist, dass sich in dieser
Stadt kulturell sehr viel bewegt.
Es gab kürzlich im
„STANDARD“ mit dem Direktor des Burgtheaters, Klaus Bachler, ein sehr
interessantes Interview - ich nehme an, Sie haben es gelesen -, wo er im Grunde
kritisiert, dass es zu wenig Politik gäbe und dass die Politik die Strukturen
nicht verändere. Ich habe ihn daraufhin angerufen, weil ich ihn als einen Mann
auch des zivilisierten Dialogs kenne, und wir haben in einem durchaus emotional
geführten längeren Telefongespräch das erörtert und ich meine und hoffe, dass
es mir gelungen ist, ihn vom Gegenteil zu überzeugen, nämlich dass zumindest,
was die Stadt Wien anbelangt, in den letzten Jahren tatsächlich
das Wort “Kulturpolitik“, und zwar in dieser Zusammensetzung „Kultur“ und
„Politik“, ernst genommen wurde, weil es geht wohl nicht an so zu tun, als
hätte Kulturpolitik nichts mit Politik zu tun. Das stimmt nicht. Das kann man
auch gar nicht verschleiern und ich will es auch gar nicht verschleiern,
sondern Kulturpolitik heißt auch, dass man Politik macht, dass man
Entscheidungen trifft, dass man Strukturen angreift, dass man Strukturen auch
verändert, dass man sie vorher diskutiert, aber dass man auch Veränderungen herbeiführt.
Und ich glaube, meine Damen und Herren, dass dies (Beifall bei der SPÖ.) in
den letzten Jahren geschehen ist und dass es auch im bewussten Gegensatz zu dem
geschehen ist, was sonst rund um uns passiert.
Ich will jetzt gar nicht auf billige Parteipolitik
sozusagen die böse Bundesregierung zurückkommen, sondern ich meine, dass viele
Kulturschaffende in dieser Stadt mittlerweile realisiert haben und auch im
Übrigen weit darüber hinaus realisiert haben, dass es von Bundesseite
letztendlich um eine Provinzialisierung der Kultur geht, um ein Zurückgehen
hinter längst erreichte Standards, um ein Zurückgehen hinter eine offene
Diskussion, hinter ein Klima der Offenheit des Aufeinander-Zugehens und der
Diskussion und des Diskurses. Das, meine Damen und Herren, ist abseits jeder
Debatte, ob wir diese oder eine andere Fördereinrichtung mehr oder weniger zu
fördern haben, letztendlich der Kern, um den es geht. Hier in dieser Stadt
findet eine offene, eine aktive, eine offensive, eine zukunftsorientierte Kulturpolitik
statt und sie ist jawohl gerichtet gegen eine Kulturpolitik, die auf das
Zurückdrehen, auf die Provinzialisierung und auf die Nichtdiskussion
ausgerichtet ist! (Beifall bei der SPÖ.)
Diese Stadt investiert in Kultur! Diese Stadt investiert
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