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Gemeinderat, 35. Sitzung vom 25.11.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 3 von 120

 

(Wiederaufnahme um 9.03 Uhr.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einen schönen guten Morgen.

 

Wir nehmen die Sitzung des Gemeinderates wieder auf.

 

Entschuldigt sind Herr GR Mag Neuhuber, Herr GR Pfeiffer – dem es, wie man hören konnte, auch gestern schon sehr schlecht ging – und Herr GR Ing RUDOLPH.

 

Die Beratungen des Voranschlagsentwurfes der Bundeshauptstadt Wien für das Jahr 2004 und des Gebührenprüfungsantrages werden somit fortgesetzt.

 

Wir kommen jetzt zu einem spannenden Kapitel, wie ich annehme, zur Beratung der Geschäftsgruppe Kultur und Wissenschaft.

 

Zu Wort gemeldet ist Frau GRin Mag Ringler. Ich erteile es ihr.

 

GRin Mag Marie Ringler (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Vorsitzender! Guten Morgen!

 

Der zweite Tag ist immer der schlimmste. Zumindest mir geht es so, ich weiß nicht, wie es Ihnen geht. Am dritten ist man dann immer schon so streichweich, dass man fast schon wieder ein bisschen besser denken kann.

 

Nichtsdestotrotz, das Kulturbudget verlangt unsere Aufmerksamkeit in dieser Budgetdebatte und sollte sie auch genießen, denn wie alle Jahre stellt sich hier ganz besonders die Frage, was denn eigentlich mit dem Budget der Stadt Wien in welcher Form getan wird und was damit erreicht werden soll. Und das ist ja ein zentraler Kritikpunkt der GRÜNEN eigentlich in fast allen Budgetfeldern, denn wenn man davon ausgeht, dass so ein Budget ja nicht nur ein paar Zeilen und ein paar Spalten und ein Büchel sind, sondern tatsächlich auch Politik, dann stellt sich natürlich gerade in einem Bereich wie der Kultur ganz besonders die Frage: Was wollen wir? Wohin soll die Reise gehen?

 

Wir haben in diesem Jahr einiges diskutiert und angeschaut, den einen oder anderen Skandal auch zu diskutieren gehabt – ich erinnere Sie an das Thema Rabenhof –, es hat sich für mich aber auch eine Richtung herauskristallisiert in dieser sozialdemokratischen Kulturpolitik, die ich persönlich für durchaus bedenklich halte, die sich aber, wenn ich das Budget richtig lese und interpretiere, auch im nächsten Jahr fortsetzen wird.

 

Erst einmal ist festzuhalten, dass doch, leider, das Budget ganz offensichtlich nicht steigt, sondern sinkt. Wir haben im Kulturausschuss schon kurz darüber gesprochen, und der Herr Stadtrat hat durchaus nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass es da diverse Sperren und auch Zusagen mündlicher und schriftlicher Natur der Finanz gibt. Ich muss allerdings trotzdem festhalten: Das, was uns als Budget zum Beschluss vorliegt, lässt leider darauf schließen, dass das Budget sinken wird. Das ist vor allem deshalb bedauerlich, da wir doch eigentlich nunmehr an einem Punkt sind, an dem die Kultur ganz besonders unsere Aufmerksamkeit und auch unsere finanziellen Mittel bräuchte. Denn was die Bundesregierung derzeit tut, das brauche ich Ihnen allen nicht zu erklären, das ist auch und gerade im Kulturbereich nur mehr als Chaos und als wirklich problematische Politik zu bezeichnen.

 

Umso mehr wäre es notwendig, dass die Stadt das tut, was der Herr Stadtrat seit Beginn seiner Amtszeit immer wieder wiederholt hat, aber in Wahrheit noch nicht wahrgemacht hat, nämlich die Herstellung von Gegenöffentlichkeiten, das Diskursive besonders zu fördern, das Zeitgenössische besonders zu fördern und damit ein Gegenmodell zu diesem sehr konservativen bürgerlichen Kulturbegriff der Bundesregierung zu skizzieren und auch umzusetzen.

 

Das, was mich am Budget 2004 in der Kultur im Besonderen irritiert – ich glaube, ich kann es wirklich nicht anders bezeichnen –, ist, dass man feststellen muss, dass dort, wo es sinkt – ganz abgesehen davon, dass es sinkt –, für mich ganz klare Anzeichen dafür erkennbar sind, dass hier etwas fortgeschrieben statt entwickelt wird und dass das, was als Gegenmodell so im Raum schwebt, mit diesen Budgetmitteln wohl nicht umgesetzt werden kann und auch nicht mit dem, was es, wie ich bisher vom Stadtrat gehört habe, so an Sonderprojekten im nächsten Jahr geben wird.

 

Lassen Sie mich kurz in ein paar Details gehen. Das Kulturbudget sinkt um 4,6 Millionen EUR. Das mag für all jene, die in anderen Ressorts arbeiten, gar nicht so viel klingen, aber jene, die im Kulturbereich arbeiten, wissen, dass das sehr, sehr viel Geld in der Kultur ist. Sie alle wissen, dass wir in der Kultur diejenigen sind, die sich nicht zu blöd sind, im Gemeinderat stundenlang über 100 000 EUR zu debattieren, und das hat einen guten Grund: weil100 000 EUR in der Kultur viel mehr bewirken als in vielen anderen Bereichen und viel wichtiger sein können als dort, wo 100 000 EUR vielleicht nur ein kleiner Zusatz zu irgendeiner Förderung sind.

 

4,6 Millionen EUR weniger – das ist ein ganz schöner Batzen Geld, das ist vor allem auch dann ein ganz schöner Batzen Geld, wenn man mit bedenkt, dass dort, wo das Budget nicht sinkt, es ja auch nicht so ist, dass die Förderungen für die Kulturinstitutionen und Kulturvereine in irgendeiner Form an die Inflationsrate angepasst worden wären in den letzten Jahren. Das bedeutet, dass das gleichbleibende Geld jedes Jahr weniger wird.

 

Das ist insofern natürlich sehr bedauerlich, als der einzige Posten, der in diesem Budget steigt, der Kulturförderbeitrag ist, und der Kulturförderbeitrag ist ein Beitrag, für den das Land Wien gar nichts zu tun braucht, der kommt aus den ORF-Gebühren und der ist einfach so, wie er ist. Für den ist nicht viel zu tun, das ist aber der einzige Betrag, der steigt, alles andere sinkt. Das heißt, alles, was aus der Eigenleistung der Stadt kommen würde, das fällt, und nur das, was man über die ORF-Gebühren zahlt, das steigt.

 

Das heißt also, der Stadt ist die Kultur noch weniger wert als im letzten Jahr, wenn Sie so wollen, und das wird sich vermutlich auf all jene Bereiche, in denen wir besonders interessante, innovative, experimentelle, zeitgenössische Produktion haben, besonders negativ auswirken. Überall dort, wo etwas ganz Neues

 

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