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Gemeinderat, 33. Sitzung vom 25.09.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 77 von 102

 

nur anzurufen braucht, oder dass der Herr Bürgermeister oder der Herr Finanzstadtrat in seinem Büro eine Notenpresse stehen hat und dauernd Euroscheine nachdruckt, das gibt es auch im Wiener Rathaus nicht! Da müssen wir schon - und ich sage Ihnen das sehr bewusst in aller Deutlichkeit - gemeinsam arbeiten, damit bei den künftigen Finanzausgleichsverhandlungen im Jahr 2004, aber auch darüber hinaus bei allen finanziellen Maßnahmen, die der Bund für die Länder und Gemeinden festsetzt, eine vernünftige Regelung herauskommt.

 

Meine Damen und Herren! Es gibt einen unverdächtigen Zeugen, der bestätigt, dass dies unsere Vorgangsweise sein sollte, und das ist der Österreichische Städtebund - in dessen Leitungsgremien auch Sie vertreten sind -, der in den letzten Jahren bei fast jeder seiner Versammlungen Resolutionen verabschiedet hat und darauf hingewiesen hat, dass die finanzielle Situation der Städte, der Länder und Gemeinden auf Grund der restriktiven Finanz- und Budgetpolitik des Bundes immer schlechter wird.

 

Und dagegen muss man etwas tun! Wenn wir auf der einen Seite hier auch von Bundesseite mehr Unterstützung bekommen, dann werden wir auf der anderen Seite für notwendige Maßnahmen auch mehr Geld ausgeben können.

 

Meine Damen und Herren - ich wende mich jetzt an die Vertreter der grünen Fraktion -, wenn Sie gewisse Dinge - und ich gebe Ihnen da in einigen Bereichen durchaus Recht - kritisieren, dann werden Sozialdemokraten die Letzten sein, die Missstände leugnen. Wir werden uns gemeinsam bemühen, diese Missstände, und zwar so schnell wie möglich, auszuräumen und abzustellen. Was wir aber nicht können, ist zaubern. (StRin Karin Landauer: Wieso nicht?)

 

Ich bitte Sie da wirklich, konkret nachzudenken: Ich glaube, Sie alle hier im Haus haben persönlich in Ihren Bezirken Sprechstunden. Ich selbst habe so etwas auch, und ich bin nicht nur einmal gefragt worden beziehungsweise es wurde bei mir interveniert, weil jemand für einen Angehörigen einen Pflegeheimplatz braucht. Man spricht dann also - ich nehme an, dass Sie das auch tun, Sie werden auch versuchen zu helfen - mit den zuständigen Beamten und Verantwortlichen, nur: Was wir heute auch wissen, ist, dass wir für den Bedarf, der in Wien vorhanden wäre, zu wenige Plätze haben. Und wenn Sie mich persönlich fragen, so muss ich sagen, ich bin oft am meisten erschüttert, wenn ich dann - was ich sowieso nicht haben möchte, und ich kann dem so auch nicht nachgeben - unter Umständen von einer intervenierenden Person noch dahin gehend angehalten werde, dass es völlig Wurscht sei, wie, Hauptsache sei, die Oma, die Tante - was auch immer - wird möglichst bald und schnell untergebracht.

 

Und da gebe ich Ihnen Recht, Frau StRin Landauer: Wir müssen in der Gesellschaft das Problembewusstsein dahin gehend verstärken, dass man für diesen Bereich mehr Sensibilität entwickelt. Ich gebe Ihnen auch darin Recht, dass wir alle miteinander persönlich gefordert sind, hier mehr Eigenverantwortung zu tragen. Was ich aber nicht glaube, ist, dass das mit der Nachbarschaftshilfe alleine funktionieren wird, weil es in manchen Bereichen einfach nicht funktionieren kann. Ich sage Ihnen auch die Gründe: Frau Kollegin Korosec, wenn jemand einen Pflegebedürftigen hat, der einen Pflegegeldanspruch ab Stufe 5 oder 6 hat, dann - das sage ich Ihnen persönlich – wünsche ich zwar jedem, dass er sich das selbst zutraut; ich glaube nur, dass man das zu Hause nicht schafft. Man hat die Voraussetzungen nicht.

 

Noch ein Zweites, betreffend die viel zitierten Zivildiener, die man sich wünscht: Meine Damen und Herren! Die Zivildiener werden genau das gleiche Problem haben wie alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die im Pflegebereich arbeiten und beschäftigt sind. Ich selbst habe 1977 Zivildienst gemacht. Ich hatte das Glück, dass ich in einem Kindergarten beschäftigt war. Nach acht Wochen habe ich dort einen Kollegen bekommen, der von einem Geriatriezentrum kam. Der hat es dort einfach nicht ausgehalten – nicht, weil die Pflege so schlecht war, doch es ist nicht jedermanns Sache und auch nicht jeder Frau Sache, dass man es persönlich durch diese Zeit hindurch aushält, erwachsenen Menschen Windeln zu wechseln. Da gibt es Menschen, die können das nicht. Ich persönlich würde das einfach nicht zusammenbringen, ich hätte da ein großes Problem, und ich würde wahrscheinlich den PatientInnen im Pflegeheim dabei nicht helfen können. So gibt es auch im Bereich der Zivildiener sicher sehr viele, die zwar gerne Zivildienst leisten, aber nicht unbedingt in Pflegeheimen so quasi als Ersatzarbeitskräfte beschäftigt werden wollen.

 

Meine Damen und Herren! Was Sie ebenfalls seit gestern wissen – aber Sie wissen es ja schon länger -: Wien ist das einzige Bundesland, das die Ausbildungsquote in den Pflege- und Gesundheitsberufen nicht zurückgenommen hat, im Gegensatz zu allen anderen Bundesländern. Ich kann mich noch erinnern, im Jahre 1995 kam ich in den Gesundheitsausschuss, und der zuständige Herr Gesundheitsstadtrat hatte ein Schreiben vom Amt der Oberösterreichischen Landesregierung erhalten, in dem gestanden ist, man habe dort letztmalig KrankenpflegerInnen in einer bestimmten Anzahl ausgebildet und biete dem Bundesland Wien an, diese fertig ausgebildeten jetzt zu übernehmen, weil es in Oberösterreich keine Beschäftigung mehr für sie gebe.

 

Heute sieht die Situation anders aus: Auch in Oberösterreich gibt es einen qualitativen und quantitativen Pflegemangel. Man soll also nicht so tun, als ob dieser nur auf unser Bundesland beschränkt wäre. Ich sage Ihnen auch Folgendes: Natürlich haben wir hier in Wien wahrscheinlich finanziell und insgesamt das meiste zu tun, aber nur deswegen, weil es bei uns diese Pflegebetten überhaupt gibt! - Schauen Sie in einigen anderen Bundesländern, was dort passiert, wenn Sie dort jemanden Pflegebedürftigen haben und einen Heimplatz brauchen: In den wenigsten Fällen werden Sie einen Heimplatz bekommen! Bekommen Sie dann dort einen Heimplatz und Sie sind der Sohn oder die Tochter von dem betreffenden Angehörigen, dann flattert Ihnen innerhalb kürzester Zeit ein Schreiben ins Haus, in dem Sie

 

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