Gemeinderat,
33. Sitzung vom 25.09.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 52 von 102
diese Gratisverteilaktion aufzunehmen. In formeller
Hinsicht wird die Zuweisung an den Herrn Bürgermeister beantragt.“ (Beifall bei der ÖVP.)
Ich möchte jetzt noch ganz kurz zu dem Antrag
Stellung nehmen, den Kollege Dr LUDWIG einbringen wird. Das ist ein sehr
wichtiger Themenbereich und die Fraktionen wissen worum es geht. Formal
zuständig kann das im Kulturausschuss deshalb diskutiert werden, weil der für
die Ehrengräber zuständig ist und die gesamte Diskussion um das Ehrengrab des
Herrn Nowotny, die auch einen breiten öffentlichen Rückhalt gefunden hat, ja
dort abgelaufen ist. Ich möchte nur sagen, dass unsere Fraktion immer den
Standpunkt vertreten hat, dass die Einschränkung der Debatte auf die
Ehrengräber eigentlich nicht nachzuvollziehen und zu vertreten, sondern dass
man sich damit auseinandersetzen muss, aber nicht nur auf politischer Ebene,
denn dazu gibt es ja berufene Fachleute und Historiker. Deshalb haben wir auch
einen entsprechenden Antrag eingebracht und dieser Antrag und der Druck, den
wir damit in der Öffentlichkeit erzeugt haben, hat dazu geführt, dass man sich
jetzt einmal - meiner Meinung nach viel zu spät - mit der Rechtssituation
auseinandergesetzt hat. Die Rechtssituation, die wir heute ja nicht neu
beschließen, sondern die wir nur wieder in Erinnerung rufen, ist ja eine sehr
klare und sehr kluge Regelung.
Daher werden wir den Antrag, der
hier heute eingebracht wird, unterstützen, weil damit einmal zumindest
klargestellt ist, dass die Ehrungen, die in diesem Zeitraum von einem nichtdemokratischen,
ja verbrecherischen Regime ausgesprochen wurden, nach 1945 nie Gültigkeit
hatten. Das war damals schon eine sehr intelligente Regelung und ich glaube,
viele der Debatten, die man jetzt geführt hat, hätte man sich sparen können,
wenn man sich, bevor man das Ehrengrab des Herrn Nowotny aufgehoben hat, einmal
angeschaut hätte, wie die Rechtssituation gewesen ist. Etwas, was nie ein
Ehrengrab gewesen ist, hätte man daher auch nicht aufheben müssen.
Wir haben, glaube ich, hier eine sehr, sehr faire
Stellungnahme seitens der ÖVP und auch sehr viele informelle Gespräche mit der
Stadtverwaltung, dem Bürgermeister und dem Stadtrat geführt. Ich glaube, dass
die Lösung, die wir heute treffen, eine sehr, sehr gute ist, die im Sinne einer
aktiven Bewältigung der Vergangenheit und auf der anderen Seite aber auch eines
respektvollen Umgangs mit den Opfern gerecht wird, und daher werden wir diesem
Antrag zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum Wort gemeldet ist Dr Michael LUDWIG. Ich erteile
es ihm.
GR Dr Michael LUDWIG
(Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Liebe
Kolleginnen und Kollegen!
Vielleicht zum vorliegenden Antrag der ÖVP,
eingebracht vom Kollegen Salcher, betreffend das Projekt „Eine Stadt - ein
Buch“. Du hast völlig Recht, Ella Lingens ist eine bemerkenswerte historische
Frau gewesen, die nicht nur ein sehr spannendes Leben geführt hat, sondern
zweifellos auch den Österreicherinnen und Österreichern sehr viel mit auf den
Weg geben konnte, nicht nur was ihre politische Einstellung betrifft, sondern
was vor allem ihre furchtbaren Erlebnisse in der NS-Zeit betroffen hat.
Dessen ungeachtet möchte ich schon darauf hinweisen,
dass die Aktion „Eine Stadt - ein Buch“ keine Aktion der Stadt Wien war und
schon gar nicht eine Aktion auch des Wiener Bürgermeisters in seiner Funktion
als Wiener Bürgermeister. Es war im Wesentlichen eine privat finanzierte Aktion
unter Einbeziehung zahlreicher Sponsoren und Firmen, die sich an dieser Aktion
beteiligt haben. Das, was du eigentlich mit diesem Antrag vorschlägst, wäre
eine Kommunalisierung einer privaten Aktion. Das wundert mich ein wenig, weil ich
doch immer davon ausgehe, dass die ÖVP zumindest bis jetzt immer sehr stark die
Ambition gehabt hat, vor allem auch Unternehmen zu privatisieren und
auszulagern. Das war eigentlich eine gut funktionierende Aktion, die mit sehr
viel privatem Geld über die Bühne gegangen ist. Ich glaube nicht, dass es Sinn
macht... (StR Dr Peter Marboe: Der Bürgermeister hat angeordnet, dass sie
jährlich stattfindet!) Ja, selbstverständlich, unter Aufbringung privater
Gelder, und ich glaube wir sind alle dann aufgerufen, auch gemeinsam diese
privaten Unternehmen einzuladen, sich an einem solchen Projekt finanziell zu
beteiligen. Aber ich glaube, es kann nicht Aufgabe der Stadt Wien sein, ein
Projekt zu finanzieren, das es privat bereits erfolgreich gegeben hat. Das
wollte ich nur zu dem Antrag der ÖVP sagen.
Wir werden deshalb zwar der Intention durchaus
nähertreten zu überlegen, wie man die inhaltlichen Anliegen von Ella Lingens
verbreiten kann, aber ich sehe da keinen unmittelbaren Zusammenhang mit dem
Projekt „Eine Stadt - ein Buch“.
Vielleicht zum eigentlich vorliegenden Akt, zur
Dokumentationsstelle für neuere österreichische Literatur und zum Symposium der
Erich Fried Gesellschaft sollte man doch an dieser Stelle auch darauf
hinweisen, dass das nur eine von vielen Aktivitäten ist, die die Stadt Wien
unterstützt und die sich mit dem Exil und der Exilforschung beschäftigt und mit
den verschiedenen Generationen, die sich im Exil befinden, entweder von
Österreicherinnen und Österreichern, die ins Exil flüchten mussten oder
umgekehrt Menschen, die in Österreich eine neue Heimat gefunden haben. Deshalb,
Kollegin Cordon, kann ich eigentlich Ihrer Darstellung nicht ganz folgen, wenn
Sie sagen, dass in der Stadt Wien hier nichts geschieht. Richtig ist, es kann
immer noch mehr passieren, unbestritten, es kann sicher noch mehr gefördert
werden, aber ich denke, dass gerade in den letzten Jahren die Stadt Wien in
zahlreichen Bereichen, gerade im Kulturbereich, gezeigt hat, wie wichtig ihr
die Auseinandersetzung mit dem Exil ist und wie wichtig ihr die
Auseinandersetzung mit den österreichischen Emigrantinnen und Emigranten ist.
Wenn Sie sagen, die Lage dieser Vereine hat sich
durchgehend verschlechtert, so ist das auch an Zahlen überhaupt nicht
nachzuvollziehen. Sie haben zum
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