Gemeinderat,
32. Sitzung vom 24.09.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 28 von 63
Sie, wie viele Leute ... schicken müssen?) Aber das
haben Sie offenbar vergessen, dass Ihre eigene Stadträtin dagegen war und
gesagt hat: Sie will keine "Schmalspur-Ausbildung"! (Beifall bei
der ÖVP.)
Auch Sie, Frau Stadträtin, haben gesagt, für
100 Pfleglinge gibt es 63 Bedienstete. Ich habe da eine
Presseaussendung, wo das Pflegepersonal sagt, die Berechnung sieht an sich so
aus, allerdings werden dabei Oberschwestern, Pflegeverwalter und freigestellte
Betriebsräte mitgezählt. Urlaube und Krankenstände sind auch nicht
berücksichtigt. Tatsächlich stehen dann oft nur zwei Schwestern für
30 Patienten zur Verfügung. Und wir haben vorgestern in der
Geriatriekommission gehört, dass es – hören Sie – bis zu 43 Prozent Krankenstände
gibt. (GR Gerhard Pfeiffer: Wer kümmert sich dann um die Patienten?)
Frau Stadträtin, noch etwas: Karl Kraus hat schon
gesagt, wir leben in Wien und nicht im Vergleich. (Beifall bei der ÖVP.)
Sie stellen immer wieder Vergleiche an, Sie kommen
immer wieder auf die ach so böse Bundesregierung. Das, was Sie im eigenen Haus
selbst machen können, wird nicht gesagt.
Herr Kollege Chorherr, Sie haben die Gunst der späten
Geburt. Bei mir schaut das schon anders aus. Ich bin 63. Also wenn ich heute
zugehört habe, was mir ins Haus steht, ist das nicht gerade das Allerschönste. (GRin
Dr Sigrid Pilz: Organisieren Sie sich ambulante Betreuung!)
Nun zu den Schlüsselarbeitskräften. Auch das, Frau Stadträtin,
haben Sie angeführt. Es gibt ein Gesetz. Ich nehme an, Sie sind informiert. Ich
nehme an, Sie wissen auch, dass es für diplomierte Krankenschwestern die
60-Prozent-Regelung gibt. Das heißt, wenn eine Krankenschwester
18 500 S netto verdient, dann ist sie in dieser
Schlüsselqualifikation. 18 500 S netto für ein Krankenpflegepersonal,
das gut ausgebildet ist, das qualifiziert ist, ist, glaube ich, etwas, was die
Gemeinde Wien sich wohl leisten kann. (Beifall bei der ÖVP.)
Darüber hinaus gibt es noch eine Sonderregelung für
jene, die pendeln können. Da gibt es überhaupt nichts. Da gibt es eine eigene
Verordnung ,die 40-Prozent-Regelung. Entweder Sie wissen es nicht, dann ist es
traurig, oder Sie wissen es und sagen hier etwas anderes, um uns wieder einmal
zu sagen, wie schlecht die böse Bundesregierung ist. Dann ist das etwas, was
man durchaus kritisieren darf.
Meine Damen und Herren, als vor einigen Wochen dieser
Pflegeskandal bekannt wurde, da waren Sie, Frau Dr Pittermann, und der Herr
Bürgermeister völlig überrascht. "Profil" hat dann geschrieben, Sie
waren so überrascht und so hilflos, als wenn Sie stundenlang nach einem Pfleger
gerufen hätten, der nicht gekommen ist. Bgm Häupl war auch so beschämt und hat
gesagt: "Um Gottes willen! Das ist ja schrecklich! So etwas darf nie mehr
in unserer Stadt passieren!" Sie haben noch gesagt, Sie hätte fast der
Schlag getroffen. Dazu muss ich schon fragen: Frau Stadträtin, ist das
Naivität? Das ist nämlich das Harmloseste, was mir dazu einfällt. Sie fragten
sich dann im "Standard"-Interview,
warum dies von außen aufgedeckt werden musste. Das lässt sich leicht
beantworten. Auf interne Berichte haben Sie nicht reagiert. Den Aufschrei vom
ÖPKV, über die Präsidentin, die bei Ihnen war, haben Sie ignoriert. Das war
bereits vor fast einem Jahr. Viele andere ebenso. Ich will jetzt gar nicht
alles aufzählen, weil es schon gesagt worden ist. Worauf ich aber hinaus
möchte, ist, Sie haben völlig ignoriert, was hier von den Oppositionsparteien
immer wieder gesagt wurde. Wenn der Herr Bürgermeister sagt, er sei so entsetzt
und habe das alles nicht gewusst, dann kann ich nur sagen, selber schuld, soll
er öfter im Gemeinderat sitzen und sich die Reden anhören, dann wüsste er es! (Beifall
bei der ÖVP.)
Wenn er es nicht tut und wenn Sie überrascht tun,
Frau Stadträtin, dann wundert mich das schon, aber ich erinnere mich noch genau
daran – es war beim Rechnungsabschluss oder beim Voranschlag –, dass auf jeden
Fall alle Oppositionsparteien sehr darüber geklagt haben, dass Sie bei
Redebeiträgen von uns, wenn Sie im Raum waren, ganz hinten gestanden sind und
mit einer Kollegin oder mit einem Kollegen sehr demonstrativ geplaudert haben.
Sie wollten uns zeigen, wie unwichtig diese Beiträge von der Opposition sind
und dass man das einfach nicht einmal ignoriert, wie man auf gut wienerisch
sagt. (Beifall bei der ÖVP.)
Aber, Frau Stadträtin, Hochmut kommt vor dem Fall.
Lainz ist eine unendliche Geschichte. Wenn ich an 1989 erinnere, an den Mord im
Krankenhaus Lainz, haben sich die Experten mit den Lebensumständen der älteren
Menschen sehr beschäftigt. Ich erinnere an den Bericht, wo Prof Rosenmayer,
Prof Fellinger und Frau Dozentin Seidl mitgewirkt haben. Einhellig hat man
damals schon gesagt, das größte Übel sind die großen Einheiten, wir brauchen
kleine Einheiten. Die Experten wurden angehört, man hat kleine Veränderungen
vorgenommen, alles versprochen, wenig gehalten. (Beifall bei der ÖVP.)
Wenn heute hier gesagt wird, es hat sich ohnedies
schon so viel verändert, sind jedoch 115 Zimmer mit Achtbettbelegung in
Lainz ein struktureller Wahnsinn! (Beifall bei der ÖVP.)
Die Frau Kollegin Pilz hat schon gesagt, es gibt
keinen privaten Bereich. Das Nachtkästchen ist das Einzige. Und das in unserer
Gesellschaft, wo es Wellnessluxusburgen gibt und andererseits die Ärmsten der
Armen in menschenunwürdige Massenquartiere abgeschoben werden. (Beifall bei
der ÖVP.)
Viele Pfleglinge – ich sage das nicht das erste Mal,
aber es ist mir wirklich wichtig und belastet mich – erleiden den sozialen Tod
lange vor ihrem physischen Tod, und das mit Wissen der politisch
Verantwortlichen in dieser Stadt, mit Wissen von Ihnen, Frau Stadträtin, aber
natürlich ebenso – auch wenn er angeblich von nichts gewusst hat, was noch viel
tragischer ist – mit Wissen des Bgm Häupl!
Es hat viele Beschwerden gegeben.
Der Rechnungshof hat kritisiert. Das Kontrollamt hat beanstandet. Die
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