Gemeinderat,
31. Sitzung vom 23.09.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 51 von 57
entweder in Ihrer politischen Analyse Unfähigkeit
vorherrscht oder dass Sie eine klare Strategie verfolgen im Interesse Ihrer
Bundeskolleginnen und -kollegen. Vielleicht sieht sich der Kollege Margulies
schon in einer schwarz-grünen Bundesregierung als Staatssekretär im
Finanzministerium. Vielleicht biedert man sich schon aus Wien an und will der
Parteifreundin Glawischnig einfach behilflich sein will. (Beifall bei der SPÖ, ironische Heiterkeit bei den GRÜNEN.)
Übrigens, der derzeitige Staatssekretär im
Finanzministerium, der Herr Finz, könnte einmal an seine Partei, nämlich an die
ÖVP-Wien, hier eine Dringliche Anfrage richten, was sie eigentlich gegen die
unsozialen Maßnahmen der Bundesregierung zu tun gedenkt, wo auch Wienerinnen
und Wiener sehr stark betroffen sind.
Und wenn Sie feststellen, Herr Kollege Kenesei, wir
wissen nicht, wo es hingehen soll, dann möchte ich Ihnen nur an einem Beispiel
zeigen, dass wir sehr wohl wissen, wo es hingehen soll, und dass die Politik
der Bundesregierung leider viele, und auch viele Frauen, in Situationen bringt,
wie wir sie derzeit vorliegen haben, dass wir Antworten haben und dass wir auch
im Rahmen des Möglichen all das tun, um in Wien einen Ausgleich zu schaffen.
Das sieht man beispielsweise auch, wenn man sich die Frauenarbeitsquote
ansieht, die durchschnittlich in ganz Österreich ein bissel über
50 Prozent ist. In Wien beträgt sie 72 Prozent. Sie war auch schon
einmal höher. Wir tun trotzdem alles, damit sie diesen Level hält, und ich
würde mich sehr freuen, wenn auch andere Bundesländer von diesem Level sprechen
könnten.
Ganz kurz: Was ist passiert in den letzten drei
Jahren? Die Bundesregierung hat das so genannte Kindergeld eingeführt. Das
klang ja alles sehr schön. Wir haben schon damals gewarnt, und wir sehen jetzt
die Auswirkungen. Die Frau Vizebürgermeisterin hat heute am Vormittag auch
davon berichtet, wie Frauen davon betroffen sind, dass es vor allem Frauen
sind, die nicht wieder in den Beruf zurückfinden. Weit über oder ein bisschen
über 50 Prozent, glaube ich, soweit ich informiert bin, das ist die letzte
Zahl, jener Frauen, die in Karenz sind, kommt nicht wieder in den Beruf zurück,
und zwar nicht, weil sie das nicht wollen, sondern weil sie das nicht können.
Die Frage ist: Warum können sie das nicht? Die Bundesregierung hat Frauen Geld
gegeben, dass sie zu Hause bleiben. Das ist prinzipiell noch nichts
Unanständiges, das unterstütze ich auch. Mit dem Karenzgeld sozusagen Menschen
die Möglichkeit zu geben, eine gewisse Zeit beim Kind zu bleiben.
Aber, was hat die Bundesregierung noch gemacht? Sie
hat gleichzeitig Mittel für Wiedereinstiegsmaßnahmen gestrichen, sie hat Mittel
für Kinderbetreuungseinrichtungen gestrichen, was dazu führt, dass Frauen
natürlich in die Falle tappen, lange zu Hause bleiben und dann verwundert sind,
warum sie dort nicht mehr genommen werden, wo sie gearbeitet haben, warum sie
überhaupt keinen Job mehr bekommen, und wenn, nur mehr die Möglichkeit haben
unter ganz schlechten Rahmenbedingungen zu arbeiten, wie eben unter
geringfügigen Beschäftigungsbedingungen oder in Teilzeit auf Lebenszeit. Das
führt dorthin, wo wir jetzt schwarz auf weiß die Statistiken, die Zahlen haben.
Wir versuchen in Wien da entgegenzusteuern, wo wir
können. Wir haben ein Wiener Kinderbetreuungsnetz, das so ist, dass jedes Kind
die Möglichkeit hat, in einen Kindergarten zu gehen, und das ist sehr wichtig.
Denn wenn wir alle davon reden, dass wir die Einkommensschere so gerne
schließen würden, dann sollten wir uns nicht nur anschauen: Wie kann ich das
eigentlich tun? Wir alle nehmen das in den Mund: Wie macht man es?
Tatsache ist, dass eine Studie ergeben hat, dass
Frauen, die zu Hause bleiben, pro Jahr 9 Prozent weniger verdienen als
Männer im selben Abschnitt. Das heißt, je länger Frauen zu Hause bleiben, desto
mehr vergrößert sich auch dementsprechend die Einkommensschere. Das heißt, eine
von sicherlich mehreren Maßnahmen wäre natürlich, die bestmöglichen
Rahmenbedingungen zu schaffen, dass Frauen, auch Frauen, Job und Kinder
vereinbaren können.
Sie haben die Kindergarten-Milliarde gestrichen, Sie
haben viele Mittel gestrichen, die das AMS früher hatte, um sie für
Wiedereinstiegsmaßnahmen für Frauen zur Verfügung zu stellen.
Diese Situation trifft vor allem Familien, das heißt
Frauen, Männer mit ihren Kindern. Ich würde vorschlagen, wenn die Frau Gehrer
sich schon Sorgen macht um die Geburtenentwicklung in diesem Lande, dass sie
nicht nur oberlehrerhafte Aussprüche von sich gibt, sondern tatsächlich darauf
schaut, wie man Familien schmackhaft macht, wie man Familien dabei unterstützen
kann, Kinder zu bekommen und sich nicht nur oberlehrerhaft hinzustellen und
Menschen, vor allem jungen Menschen, zu sagen, wie sie denn zu leben haben. (Beifall
bei der SPÖ.)
Zur Notstandshilfe möchte ich nicht mehr viel sagen,
es ist heute schon sehr viel darüber gesprochen worden. Ich möchte nur dem
Kollegen Römer sagen: Ihr Glaube daran, dass die Bundesregierung gerade in
diesem Fall anders handeln wird als in allen anderen Bereichen, in Ehren. Ich
kann nur sagen: Ihre Partei hat sich noch nie durchgesetzt in den letzten
Monaten, bei allen Belangen auf Bundesebene. Ich wünsche Ihnen viel Glück. Wir
glauben nicht daran. Wir glauben, dass die Gemeinden damit noch mehr belastet
werden, dass das soziale System in diesem Zusammenhang zusammenbrechen wird.
Deshalb werden wir – das auch zu den GRÜNEN –
weiterhin darauf schauen, dass die Verursacher dieser Situation umdenken
beziehungsweise abgewählt werden. Wir werden schauen, dass wir die Verursacher
kritisieren, unsere Vorschläge vorbringen und nicht ein Spiel spielen, wo ich
bis heute nicht weiß, wohin es führen soll. (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Herr
Dipl Ing Margulies hat sich gemeldet.
GR Dipl Ing Martin Margulies
(Grüner Klub im Rathaus): Schuld ist die Bundesregierung. Schuld ist die
Bundesregierung. Schuld ist die Bundesregierung. Okay,
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