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Gemeinderat, 31. Sitzung vom 23.09.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 42 von 57

 

Wien. (GRin Mag Sonja Wehsely: Skandal? – VBgmin Grete Laska: Es ist keiner gewesen! Die Frau Jerusalem hat sich geirrt, und Sie müssen es jetzt auch noch hier dokumentieren!) Entweder Sie haben es nicht rechtzeitig gewusst – Sie, Frau Stadträtin, und auch der Herr Bürgermeister –, dass es zu eklatanten Engpässen im Sozialressort kommt (GRin Mag Sonja Wehsely: Entweder Sie verstehen es nicht oder Sie wollen es nicht verstehen!), entweder Sie haben es nicht rechtzeitig wahrgenommen, dann müssen Sie sich sehr wohl den Vorwurf einer gewissen Abgehobenheit gefallen lassen, oder Sie haben es gewusst, und alles, was Ihnen dazu eingefallen ist, war, einen Kahlschlag in Auftrag zu geben. Ich weiß nicht, welcher von diesen zwei Fällen schlimmer ist in meinen Augen: Hat man es gewusst, oder hat man es nicht gewusst?

 

Ich kann Ihnen nur eines sagen: Dass Sie sich heute hier herstellen – auch schon den ganzen Vormittag – und Exkurse in die Bundespolitik starten und uns Dinge sagen und wiederholen, die wir alle wissen, reicht bei weitem nicht aus. Sie regieren in Wien mit absoluter Mehrheit, Sie regieren allein, und Sie lassen den Eindruck aufkommen, dass Sie abgehoben regieren, dass Sie gleichgültig gegenüber den Problemen regieren, dass Sie auch ignorant regieren. (VBgmin Grete Laska: Wollen wir doch die Wienerinnen und Wiener entscheiden lassen!)

 

Ich behaupte sehr wohl, dass diese Stadt dringend frischen Wind in der Landesregierung braucht. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner: Als nächster Redner ist Herr GR Pfeiffer gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

 

GR Gerhard Pfeiffer (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Frau Vorsitzende! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Bürgermeister!

 

Wir haben uns anlässlich der beiden Sondergemeinderäte gefragt: Welche Rolle spielt Michael Häupl in diesem Zusammenhang?, und wir sind zu dem klaren Ergebnis gekommen: Keine! Er erfährt von Missständen und Mängeln aus der Zeitung – zu lesen in der "Presse" vom 10.9. –, und im Nachhinein werden diese Dinge dann zur Chefsache gemacht.

 

Dabei hat der Bürgermeister dieser Stadt eine Machtfülle wie ein orientalischer Potentat. Kein Einziger sonst in diesem Land hat einen derartigen Durchgriff. Er ist weisungsberechtigt gegenüber seinen Stadträten – nicht so wie der Bundeskanzler, der das gegenüber den Ministern nicht ist –, er ist weisungsberechtigt gegenüber dem Magistratsdirektor, dem Magistrat, den Einrichtungen in dieser Stadt, den Bezirksvorstehern. Er kann allen alles sagen, und sie müssen es auch tun, ja, ich glaube, sie werden es auch tun, weil sie genau wissen, dass er eben diese Machtfülle hat. Und wir meinen, dass er nunmehr in dieser Situation, in der wir uns befinden, diese Machtfülle auch zur Anwendung bringen sollte, denn eigentlich ist es notwendig geworden.

 

Die Wiener Volkspartei ist sicherlich keine Fundamentalopposition – das wissen Sie ganz genau, so sind wir nicht konstruiert –, aber speziell dann, wenn Mängel auftreten, erwarten die Menschen von der Politik, dass wir gemeinsam Lösungen finden. Und Probleme treten viele auf: im Sozialbereich und im Bereich der Hilfe im hohen Alter. Die Studie von Arthur Andersen und der Kontrollamtsbericht über die finanzielle Situation des Gesundheitswesen dieser Stadt sprechen deutliche Worte.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Wahrnehmung unserer Verantwortung, die eben nicht rein in einer Fundamentalopposition ihre Erfüllung findet, stellen wir daher den Antrag, der da lautet:

 

"Der Gemeinderat spricht sich dafür aus, dass der Bürgermeister der Stadt Wien persönlich die Sozialagenden der Gemeinde Wien in eigener Ressortverantwortlichkeit (Geschäftsgruppe für Soziales) übernimmt. Die entsprechenden vorbereitenden Schritte mögen veranlasst werden." (Beifall bei der ÖVP.)

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Situation unserer alten Menschen erfordert dieses gemeinsame politische Handeln und erfordert auch, dass der Herr Bürgermeister nunmehr die Geschäfte tatsächlich in die Hand nimmt und sie nicht nur, wenn es schief geht, moderiert.

 

Der Anteil der über 60-Jährigen in unserer Stadt wird in den nächsten 350 000 auf 440 000 steigen, von 20 Prozent auf 26 Prozent. Der Anteil der über 75-Jährigen wird in den nächsten 20 Jahren auf 22 Prozent hinaufgehen, das heißt, es werden 22 Prozent mehr über 75-Jährige in dieser Stadt sein, und in den nächsten 40 Jahren sogar um 78 Prozent mehr. Einzelpersonenhaushalte werden in den nächsten 20  Jahren von 121 000 auf 149 000 steigen.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Damit steigt auch die Anzahl der Betreuungsbedürftigen gewaltig, wiewohl der Seniorenanteil jetzt bereits 7 Prozent unseres Budgets ausmacht, also 7 Prozent macht der Anteil aus, der zur Pflege von und zum Service für Senioren herangezogen wird. Das ist ein gewaltiger Anteil. Man könnte drei Geschäftsgruppen zusammenfassen, damit sie ebenfalls einen solchen finanziellen Anteil umfassen, dann würden sie aber noch nicht die Verantwortung beinhalten, die eigentlich dem Bürgermeister dieser Stadt zusteht und die er wahrnehmen sollte.

 

Wir erleben eine doppelte Alterung: Es gibt mehr alte Menschen, und es gibt mehr hochbetagte Menschen. Das heißt, die Alten werden älter und werden hilfloser in den letzten Jahren ihres Lebens. Es würde niemand verstehen, wenn der Obmann der Sozialistischen Partei in Wien, der Bürgermeister dieser Stadt, kein Herz aufbrächte und nicht jene Agenden in die Hand nähme, die notwendig sind, um den Ärmsten der Armen zu helfen und um den im Alter hilflos Gewordenen jene Durchgriffsrechte, die er hat, zuteil werden zu lassen, damit nicht solche Zustände eintreten, wie wir sie leider Gottes in periodischen Abständen immer wieder erleben müssen. Es ist menschenunwürdig, dass so etwas passiert, und da hat der Bürgermeister, glaube ich, wirklich die menschliche Verpflichtung, einzugreifen. Hier, Herr

 

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