Gemeinderat,
30. Sitzung vom 25.06.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 36 von 76
Diese Politik der immer fortschreitenden Budgeterweiterung,
um Neues zu schaffen, ist erstens einmal auf Dauer finanziell nicht möglich und
zweitens auch kulturpolitisch nicht sinnvoll. Daher ist es richtig, wir sind
jetzt auf einem sehr, sehr hohen Niveau - es handelt sich hier um rund
6 Millionen EUR für das Freie Theater, insgesamt
50 Millionen EUR für die Darstellende Kunst generell in Wien – und da
gilt es zu überlegen, wie man diese Mittel noch besser einsetzt, um vielleicht
noch spannenderes und qualifizierteres Freies Theater in Wien zu erreichen.
Die Gießkanne, die in den letzten Jahren immer mehr
auch zum Sprühregen geworden ist, wo sehr, sehr viele wenig Geld bekommen, oft
zu wenig Geld bekommen, soll nach dem Motto „Machen wir lieber weniger, aber
das besser“ verändert werden. Also hier ist weniger mehr oder wie es die
Autoren der Studie gesagt haben: „Fördern wir ganz oder gar nicht.“
Dazu gibt es eigentlich nur Zustimmung, von den
politischen Parteien, von den Journalisten, aber auch von den Betroffenen. Ich
glaube, dass das ein durchaus gescheiter Ansatz ist, dass man sagt, machen wir
Häuser, Co-Produktionshäuser, so wie es beispielsweise in Berlin mit den
Sofiensälen und in Zürich mit der Gessnerallee sehr erfolgreiche Modelle gibt.
Versuchen wir, diese Häuser besser auszustatten, ihnen mehr Chancen zu geben,
was insgesamt auch zu einer Verbesserung dieses gesamten Bereichs führt. Wir
werden in Zukunft vielleicht nicht mehr 250 Premieren im Freien Theater im
Jahr haben, sondern vielleicht nur 100 Premieren, aber wenn die
100 Premieren fulminant sind, dann ist es wahrscheinlich besser man hat
100 fulminante Aufführungen, die auch über einen längeren Zeitraum
gespielt werden, nicht nur 2, 3 Abende, weil nicht genug Geld da ist. Die
länger gespielt werden können, wenn sie erfolgreich sind und dann auch die
Chance haben, in den Bundesländern gezeigt zu werden, und die auch die Chance
haben, dann in einem Netzwerk von Co-Produktionshäusern der Freien Szene den
Weg in andere Städte im Ausland zu finden.
Das heißt, es gibt hier durchaus große
Übereinstimmung, dass das neue Chancen bietet und wir sollten das auch
umsetzen.
Daher sind wir uns ziemlich einig, dass wir sagen,
machen wir das sehr rasch und konsequent. Diese rasche und konsequente
Umsetzung ist unser politisches Ziel.
Es gibt auch in der Studie einen genauen Zeitplan,
bis wann was passieren soll. Das Ganze soll bis zum Sommer 2005 umgesetzt
sein. Es sollen jetzt die ersten Entscheidungen getroffen werden. Es sollen die
großen Entscheidungen im Sommer 2004 getroffen werden, sodass man ein Jahr
vor Beginn des neuen Theatermodells im Jahr 2005 dann eben die
entsprechenden Entscheidungen getroffen hat.
Wir meinen das so ernst, dass wir der Meinung sind,
das auch bestmöglichst politisch abzusichern. Erstens einmal dadurch, dass der
Stadtrat sehr ernst bemüht ist, die vier im Gemeinderat vertretenen Parteien,
ebenso wie die Betroffenen, in die Diskussion mit einzubeziehen, was bisher der
Fall war und was auch in Zukunft der Fall sein soll.
Das zweite ist, versuchen wir es dadurch abzusichern,
dass wir dieses großes Reformwerk auch hier im Gemeinderat beschließen. In
welcher Form auch immer, in Form eines Antrags, eines Berichts, eines Konzepts,
das dem Gemeinderat vorgelegt wird, wo wir im Herbst dieses Jahres sagen: Genau
das wollen wir für die nächsten 5, 6 Jahre im Wiener Theater haben. Das
sichern wir auch durch das höchste Gremium, das es in der Stadt gibt, eben den
Wiener Gemeinderat, ab.
Ich glaube, dass es dann auch sinnvoll ist, in diesem
Grundsatzstatement der Stadt Wien zur Theaterreform die kulturpolitischen Ziele
im Bereich Theater vorzugeben, dass wir sagen: Was wollen wir als Stadt? Ich
glaube, wir sollten in diesem mission statement der Stadt Wien zur Theaterreform
definieren, dass wir sagen, wir wollen auch weiterhin eine große Breite, wir
wollen eine große Vielfalt, wir wollen die große Qualität erhalten, wir wollen
auch die Innovation in dieser Stadt. Aber insgesamt soll das, was wir fördern,
besser gefördert werden, auch unter der Auflage dass wir sagen, wir werden
vielleicht nicht mehr so viele Einzelinitiativen fördern können. Dieser
Konzentrationsprozess wird sicher die Theaterqualität und das Theaterangebot in
dieser Stadt weiter absichern.
Ich glaube daher, dass es da auch nicht notwendig
sein wird, irgendwelche Quoten für die Theaterkommission oder für die
Theaterjury vorzugeben, sondern dass es dann völlig reicht, dass man sagt, das
sind die Leitlinien für die Wiener Theaterreform und in diesem Rahmen sollen
sich die entsprechenden Gremien tatsächlich auch bewegen.
Nun, es liegen heute vier Anträge zur
Theaterförderung vor und ich möchte nun ausführen, warum wir als SPÖ diesen
vier Anträgen zustimmen werden.
1. Es wurden von den Autoren der Theaterstudie
ausdrücklich die Stadt- und Staatstheater ausgenommen, und das ist auch gut so.
Es war gut, dass man in die Studie zu den Freien Gruppen die Mittelbühnen
aufgenommen hat. Aber die Autoren haben selbst gesagt, die Stadt- und
Staatstheater sollen ausgenommen sein. Daher sind natürlich das Theater der
Jugend und auch das Volkstheater, für die heute zwei 3-Jahres-Verträge
hier vorliegen, auszunehmen. Es gibt meines Erachtens keinen Grund, das heute
hier nicht zu beschließen, wenn wir diese Theaterreform ernsthaft umsetzen
wollen. Es ist das kein Widerspruch zu dieser Theaterreform. Daher sollten wir
auch im Sinne einer weiteren künstlerischen Kontinuität in diesem Bereich – und
alle sind ja einer Meinung, dass das sehr erfolgreich im Volkstheater und im
Theater der Jugend läuft und weitergehen soll - diesen beiden Anträgen auf
3-Jahres-Verträge zustimmen.
2. Das Schauspielhaus. Das Schauspielhaus ist auch eine
Ausnahme, aber im positiven Sinn. Das Schauspielhaus ist eigentlich das erste
Modell eines Konzepttheaters. Da muss ich sagen, stimme ich völlig mit Peter
Marboe überein, das war damals ein Weg, der jetzt eigentlich zur Regel werden
soll, dass man sagt, man
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