Gemeinderat,
29. Sitzung vom 24.06.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 129 von 133
Kolleginnen, seinerzeit die StRin Ederer oder die Frau
VBgmin Laska oder die Frau StRin Pittermann, denen man ja die Weiblichkeit
hoffentlich nicht absprechen wird, keineswegs Zielscheibe geworden sind. Also
das dümmliche sexistische Argument kann sie sich abschminken, meine Damen und
Herren. Sie sollte über ihren Stil und über ihren Umgang mit anderen Fraktionen
nachzudenken beginnen. (Beifall bei der
ÖVP.)
Aber nun zur schon von beiden Vorrednern
beziehungsweise vom Vorsitzenden geäußerten Kritik am Zeitpunkt. Auch ich,
meine Damen und Herren, halte es für nicht erträglich, dass anschließend an den
Rechnungsabschluss der Kontrollamtsbericht wie ein Annex oder, ich will nicht
sagen, Appendix noch angehängt wird, den allgemeinen Unmut schürend von jenen,
die treu ausgeharrt haben, etliche, wie ich so jetzt sehe, wahrscheinlich nur
wegen der namentlichen Abstimmung.
Die Hartnäckigkeit, mit der einer so wichtigen
Institution der Kontrolle die breitere Öffentlichkeit verwehrt wird, ist mehr
als ärgerlich, sie ist symptomatisch. Symptomatisch für den Wiener Sozialismus,
und ich gebrauche nach der heutigen Debatte und so manchen Wortmeldungen wieder
den Ausdruck Sozialismus und nicht Sozialdemokratie. Sie ist symptomatisch für
den Wiener Sozialismus, der erneut im Besitz der absoluten Mehrheit ist und
frei von jeglicher Demut, frei von jeglicher Demut Stadt und Magistrat im
Parteibesitz wähnt und das notwendige Aufzeigen von Fehlleistungen und
Verschwendungen gleichsam als persönliche Beleidigung empfindet.
In dem Jahr, als ich den Vorsitz innehatte und
sozusagen frontal Ihnen gegenübersaß, konnte ich auch diesen optischen Eindruck
sehr stark mitnehmen. Und trotzdem, meine Damen und Herren, dieses Jahr der
Vorsitzführung hat mir Vergnügen bereitet und auch Erfolgserlebnisse
verschafft. Erstens konnte ich die Einrichtung Kontrollamt noch besser kennen
lernen, ich konnte die exzellente Arbeit vieler gewissenhafter und objektiver
Beamter kennen lernen, und diesen Eindruck konnte nicht einmal der gelegentlich
auftauchende Verdacht einer SPÖ-Vorinformiertheit wirklich trüben.
Als ich vor einem Jahr vom Haudegen Kenesei – er wird
mir den Ausdruck verzeihen, aber als Vorsitzender ist er das – das Amt
übernommen habe, habe ich mir einige Ziele gesteckt: Wie das Kontrollwesen zum
Nutzen der Wiener auch verbessert werden könne. Und wo es auf das Kontrollamt
angekommen ist, ist auch etwas gelungen, haben wir etwas in Bewegung bringen
können. Ich denke hier vor allem an die Gestaltung und an die Aufbereitung der
Berichte. Die Lesbarkeit, die Übersichtlichkeit wurden entscheidend verbessert,
meine Damen und Herren, die Gliederung à la Rechnungshof, mit
Inhaltsverzeichnis, mit Schriftbild, mit leicht fasslichen Gliederungen, mit
übersichtlichen tabellarischen Gestaltungen übernommen und auch mit einer
wünschenswerten Kurzfassung der inkriminierenden Prüfungsergebnisse.
Diese öffentlichkeitswirksame Gestaltung inklusive verbessertem
Layout wurde auch durchgezogen durch alle Abteilungen.
Auch das seinerzeitige Aschenbrödeldasein in der
medialen elektronischen Präsentation – im Vorjahr habe ich knappe fünf Zeilen
beklagen können und müssen – ist gewichen einer gelungenen informativen
Homepage des Kontrollamtes.
Allerdings, auch hier muss ich den Vorwurf der
Zögerlichkeit erheben, was die präsentierten Berichte betrifft. Während wir im
Rechnungshof schon die Berichte vom vergangenen Mai lesen können, dümpelt, bei
allem Respekt, das Kontrollamt diesbezüglich noch im Jahr 2001. Ich weiß nicht,
ob ich das dem Kontrollamt anlasten soll oder ob es den Stempel des
Strukturkonservativismus der Mehrheit trägt. Tatsache ist: Die Aktualität ist
nicht gegeben.
Nochmals sage ich: Was das Kontrollamt betrifft,
wurden viele Anregungen aufgegriffen, ist viel weitergegangen. Wesentlich
weniger innovativ war es dort, wo die Politik in Form der herrschenden
Mehrheitsverhältnisse das Sagen hatte. Zum Beispiel beim Zeitfaktor. Was meine
ich mit Zeitfaktor? Ich meine damit, dass die Aktualität der Berichte durch die
Praxis der Zusammenfassung nach Geschäftsgruppen zwar für den Stadtrat angenehm
ist, weil er sich durchschnittlich nur einmal im Jahr verantworten und
rechtfertigen muss, sie verfehlt aber den Sinn der Sache. Denn das Kontrollamt
untersucht ja nicht für das Wohlergehen von Regierungsmitgliedern, das ist auch
nicht der Auftrag des Kontrollamtes, sondern um gegebenenfalls auch Schaden von
der Stadt abzuwehren. Unter anderem auch dadurch, dass Konsequenzen rechtzeitig
gezogen werden können, meine Damen und Herren. Dass uns Ausschussmitgliedern
dadurch ebenfalls die Arbeit erleichtert würde, müssten wir doch nicht in knapp
fünf Tagen Hunderte Seiten durchackern und auch noch nachrecherchieren, ist
sowieso klar.
Die im Vorjahr vom sozialistischen Redner großartig
und voreilig angetragenen Schnelllesekurse – Oxonitsch hat das durch Kopfnicken
bestätigt und sogar noch durch das Angebot eines Vorlesers bestärkt – blieben
ebenso leeres Versprechen und haben sich als leeres Versprechen erwiesen wie
die vollmundige Demut am Wahlabend.
Die Zeitverzögerung, meine Damen und Herren, das
heißt die Entaktualisierung entpuppt sich bei näherem Hinsehen als Instrument
eines großen Besens, mit dem die Mehrheit Unangenehmes unter den Teppich kehren
will.
Und damit bin ich schon beim nächsten Punkt, und der
heißt unmittelbare Konsequenz. Diese, meine Damen und Herren, wird verhindert,
weil zum Zeitpunkt des Berichts oder der Berichte, sagen wir es wienerisch, die
Kuh längst aus dem Stall ist. Diese bewusst, wie ich meine, gewollte und
oktroyierte Zahnlosigkeit der Kontrolle ist nicht nur hinsichtlich der
unmittelbaren Konsequenz, sondern der Konsequenzen überhaupt eine sehr
Unangenehme und lässt sich an Hand von zwei Beispielen in aller Kürze belegen.
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