Gemeinderat,
29. Sitzung vom 24.06.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 102 von 133
drei von den neun, die unsere Liste unterschreiben haben,
nicht aufgenommen werden. (GR Mag Hilmar Kabas: Das ist der
Gesinnungsdruck!) Ich habe die Antwort bekommen, die ich erwartet habe: Es
gibt besser Qualifizierte. Ich gebe zu, ich habe mich auch informiert - ich
kann Ihnen natürlich meinen Informanten nicht nennen, weil man ja niemandem
Schaden zufügen will -, und es wurde mir erklärt - und das war für mich
glaubwürdig, inklusive Noten -, dass diese Aussage, die man der Frau
Vizebürgermeisterin als Antwort gegeben hat, damit sie mir diese weitergibt, so
gar nicht stimmen kann, weil zum Beispiel einer von denen die vorige Saison mit
bestem Zeugnis beendet hat.
Wissen Sie, da muss ich schon sagen (GR Mag Hilmar
Kabas: Das ist der Terror!), das bedeutet für mich, mit der Existenz von
Menschen zu spielen, nur weil sie einer politisch anders gesinnten
Personalvertretungs-Kandidatenliste ihre Unterschrift gegeben haben. (Zwischenruf
der GRin Mag Sonja Wehsely.) Das sind vielleicht sogar Sozialdemokraten
gewesen; ich weiß es nicht, das ist mir auch egal, darum geht es ja gar nicht.
Die Personalvertretung arbeitet dort über die Parteigrenzen hinweg genauso,
weil sie, wie wir alle wissen, bei den Bädern Angst haben, dass dort nicht die
Katze aus dem Sack gelassen wird, was in Wirklichkeit in Zukunft passieren
wird. Es wird ja nur Verunsicherung betrieben, und die Leute sind verunsichert
und ängstlich. Sie können sagen, dass das ein Zufall ist; ich sage nicht, dass
es ein Zufall ist. Für mich ist dieses Verhalten, mit der Existenz von Menschen
zu spielen, weil sie irgendwann eine andere demokratische Meinung artikuliert
haben, menschenverachtend! Ich bin wirklich entsetzt darüber, dass das in Wien
passieren darf! (Beifall bei der FPÖ.)
Ich bin deswegen entsetzt - das muss ich auch sagen
-, weil ich gerade von Sozialdemokraten, die ganz genau wissen, was es
bedeutet, am Arbeitsplatz politisch unter Druck gesetzt zu werden, erwarte,
dass sie mehr Fingerspitzengefühl haben sollten. Ich glaube, gerade an Sie kann
ich in der Beziehung eine hohe moralische Anforderung stellen, die Sie sich in
Wirklichkeit selbst stellen und auch erfüllen müssten. Ich kann von Ihnen
erwarten, dass Sie mit Menschen wirklich nicht so spielen, wie Sie es in diesem
Fall gemacht haben. Ich behaupte das (GR Harry Kopietz: Das ist eine
Behauptung, die Sie machen!) - ja eben, natürlich -, weil ich mich
erkundigt habe und mir das gesagt wurde. (GR Mag Hilmar Kabas: Das ist keine
Behauptung, das kann er beweisen! Aus der Realität ...!)
Wissen Sie, Herr Professor Kopietz, ich sage ihnen
etwas: Mir als Demokrat würde am Wahltag nicht die Brust schwellen, wenn ich
98, 99 Prozent in meiner Dienststelle bekommen hätte. (GR Harry Kopietz:
Wäre auch schwer!) Und ich bin immer so wahnsinnig stolz, dass es die erste
Pressemeldung ist, die bei der Personalvertretungswahl herauskommt. Ich würde
entsetzt sein, wenn mich 99 Prozent wählen würden, weil mir eines klar
ist: Das können nicht zu 99 Prozent Sozialdemokraten sein. (Zwischenrufe
bei der SPÖ.) Vielleicht haben sich 98 Prozent der Leute dazu bereit
gefunden, sich ein Parteibuch zu nehmen. Wir wissen, wie das vor sich geht - er
sagt: Ich nehme das Parteibuch und habe Ruhe, und was ich in Herrenbaumgarten
bei der Gemeinderatswahl, Nationalratswahl und Landtagswahl wähle, können sie
eh nicht nachvollziehen; ich habe Ruhe und die Sache ist erledigt.
Es gibt auch Leute, die vielleicht etwas anderes
wählen und sagen: Der sozialdemokratische Betriebsrat oder Personalvertreter
ist gut, den wähle ich trotzdem - alles legitim. Aber ich mache mir wirklich
Gedanken, wenn ich solche Ostblock-Ergebnisse sehe. Mir wäre das fast
unangenehm, weil mir doch niemand erzählen kann, dass das ... (GR Harry Kopietz:
Der Betriebsrat ... hat 100 Prozent!) Ich gebe Ihnen gleich eine
Antwort darauf. - Mir kann doch niemand erzählen, dass das in einer Demokratie
so üblich ist. Da gibt es immer ein paar, die granteln, da gibt es immer ein
paar, die aus irgendeinem Grund frustriert sind: Weil sie benachteiligt worden
sind, weil sie glauben, dass sie benachteiligt worden sind, et cetera.
Wissen Sie, bei einem Betriebsrat würde ich es ein
bisschen anders sehen. Der Betriebsrat ist ja keine Parteiliste wie bei der Gemeinde
Wien. Wenn also eine kleine Privatfirma mit 200 Leuten ein
100-Prozent-Ergebnis hat, mit einer Namensliste, auf der meistens sogar
Menschen aus allen politischen Lagern gemeinsam vertreten sind, dann ist das
etwas ganz anderes. (GR Harry Kopietz: Ich rede nicht von kleinen
Privatfirmen ...!) Aber, wissen Sie, wenn eine politische Liste so ein
Resultat hat, dann bin ich schon ein bisschen skeptisch, und gestatten Sie mir,
dass ich es auch bleibe. (GRin Barbara Novak: Der Neid, dass ...!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte
noch zu einem anderen Thema kommen. Wien ist zwar anders, Wien ist gut, aber
man kann ruhig auch, wenn es gute Ideen gibt, diese Ideen von woanders
übernehmen. Ich verweise noch einmal auf den oberösterreichischen Lehrlingsausbildungsverbund,
der so tolle Erfolge hat; ich brauche jetzt nicht aufzuführen, wie das dort
ist. Auf jeden Fall wurde unser Antrag abgelehnt, dann wurde mit WAFF und mit
Wirtschaftskammer eine halbe Lösung in Wien getroffen, die jetzt in Wirklichkeit
leider Gottes nicht gut funktioniert - sagen wir einmal offen, wie es ist -,
währenddessen diese Konstruktion, die man in Wien ohne weiteres genauso hätte
machen können, in Oberösterreich offensichtlich bestens funktioniert. Die
letzten Zahlen, die wir gehört haben - um nur bei der VOEST zu bleiben -: Die
VOEST hat zwar über 400 eigene Lehrlinge, aber zusätzlich noch
200 Lehrlinge im Rahmen dieses Lehrausbildungsverbundes, und diese lernen
in der VOEST die Tätigkeiten, die sie in der Firma, in der sie sonst die
Lehrlingsausbildung vornehmen, nicht lernen können. Deshalb glaube ich, es ist
wirklich schade, dass man hier nicht versucht hat, eine Lösung ähnlich der
oberösterreichischen zu finden, weil ich glaube, dass man damit, so wie in
Oberösterreich, auch in Wien binnen kurzem 1 500 zusätzlichen jungen
Menschen einen Lehrausbildungsplatz hätte geben können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum
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