Gemeinderat,
29. Sitzung vom 24.06.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 56 von 133
erfolgreiche Migrations- und Integrationspolitik über drei
Jahrhunderte? - Nein, das ist es natürlich nicht.
Aber was soll ich den neu gekommenen Türken sagen?
Was sollen sie von ihrer Kultur behalten dürfen, und was sollen sie nicht
behalten dürfen in dem Sinn, dass ich glaube, dass ein friedliches
Zusammenleben weiter möglich ist? (GR Mag
Rüdiger Maresch: Das ist Paternalismus!) Was ist das? (GR Mag Rüdiger Maresch: Das ist Paternalismus, was Sie da erzählen!)
Gut, okay, nehme ich zur Kenntnis, danke! (GR
Mag Rüdiger Maresch: So nennt man das!) Ja, ich nehme es zur Kenntnis.
Trotzdem sage ich Ihnen, Sie werden mich nicht überzeugen. Ich werde vermutlich
auch Sie nicht überzeugen. (GR Mag
Rüdiger Maresch: Wahrscheinlich!)
Der Punkt ist nur, beide Standpunkte existieren
gleichberechtigt nebeneinander, weil hoffentlich keiner von uns einen
Absolutheitsanspruch hat, der heißt: der andere hat automatisch immer Unrecht.
Wenn das so wäre, dann würde ich Ihnen ein Fremdwort an den Kopf werfen und
würde sagen: das ist totalitär oder autoritär. Das werden Sie aber nicht
wollen, Herr Kollege Maresch, und deswegen lasse ich es jetzt auch sein. Ich
gehe davon aus, dass Sie es auch nicht so gemeint haben.
Lassen Sie mich daher am Schluss sagen, warum ich
glaube, dass die Frage der Integration, der Aufgabe der eigenen Kultur und
dessen, was andere aufgeben müssen, heute eigentlich noch einfach ist. Es ist
einfach, weil die Masse der Zuwanderung der letzten Jahrzehnte - bis auf
Ausnahmen - letztendlich eine Binnenwanderung innerhalb Europas und an seinen
Randzonen ist. - Oh, ich bin schon knapp.
Aber die Bevölkerungsentwicklung des 21. Jahrhunderts
ist eben eine andere. Einfache Rechnungen - nicht von mir, sondern von der UNO
und wem auch immer - gehen davon aus, dass bei einem durchschnittlichen
Kinderreichtum einer Familie auf der Welt von 2,2 Kindern - und das ist
nicht sehr viel, das ist der Mittelwert - die Bevölkerung des
21. Jahrhunderts sich verdoppeln wird, und zwar mit Masse in der Dritten
Welt. Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Nigeria 2050, 303 Millionen Einwohner.
Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner (unterbrechend): Herr Kollege
Barnet, bitte zum Schluss kommen.
GR Günther Barnet
(fortsetzend): Ich komme zum Ende. -
Unser Problem ist, dass wir uns noch nicht mit der Frage auseinander gesetzt
haben, wie wir glauben werden, diesen Migrationsstrom - der kommen wird, weil
das 21. Jahrhundert kein friedliches sein wird, wie uns die Amerikaner
vorgeführt haben - in den Griff zu bekommen. - Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner:
Als nächste Rednerin ist Frau GRin Kato gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.
GRin Sonja Kato (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrte Frau Vorsitzende!
Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geschätzte Kollegen von der Wiener
Berufsfeuerwehr hier auf der Besuchertribüne!
Ich weiß es zu schätzen, dass Sie aushalten bei
dieser aus meiner Sicht teilweise leider ein wenig niveaulosen Debatte, die wir
Ihnen heute hier bieten. Ich habe das ein wenig entbehrlich gefunden -
wenngleich man das Mitteilungsbedürfnis von Menschen respektieren muss -, dass
uns Kollege Barnet jetzt ungefragterweise Einblicke in die Aufteilung der
Hausarbeit in seinem Haushalt gegeben hat. Aber was er gesagt hat, hat mich in
meiner Meinung über ihn bestätigt, nämlich dass da ein sehr konservatives und
vor allem Werte konservierendes Weltbild herrschen muss (GR Gerhard
Pfeiffer: Schlecht?), das sich grundsätzlich von meinem unterscheidet. (GR
Gerhard Pfeiffer: ... wenigstens Werte!) Von dem Recht, das zu sagen, mache
ich auch Gebrauch.
Ich möchte auch ganz kurz die vermeintlichen
juristischen Belehrungen des Vorredners ergänzen durch eine, wie ich meine,
wirklich wesentliche juristische Darstellung, die sich auf das bezieht, was wir
vor allem von Seiten der ÖVP heute bei diesem ganzen Bedrohungsszenario des
Öfteren gehört haben. Wir haben da hinten Schwierigkeiten gehabt, unsere
schlotternden Knie zusammenzuhalten bei dem, was Sie über diese Aktion vor
Ihrer Parteizentrale berichtet haben.
Aber was Tatsache ist, werden Sie, wenn Sie mir schon
nicht glauben, in dem Buch "Bundesverfassungsrecht", herausgegeben
von den beiden unbestrittenen Juristen Walter und Mayer, nachlesen, und zwar
unter dem Titel "D - die Wachkörper". Nach der zitierten Bestimmung -
ich kann sie gerne vorlesen, aber Sie können sie auch selbst nachlesen - zählen
nicht zu den Wachkörpern "das zum Schutz einzelner Zweige der Landeskultur
wie der Land- und Forstwirtschaft, des Bergbaus, der Jagd, der Fischerei oder
anderer Wasserberechtigungen aufgestellte Wachpersonal" - was für unsere
heutige Debatte noch nicht so interessant ist (GR Kurth-Bodo Blind: Was ist
die Rathauswache?) -, "die Organe der Marktaufsicht und der
Feuerwehr". (GR Kurth-Bodo Blind: Die Rathauswache?) Das ist eine
spezielle Regelung, von der Sie ganz genau wissen, dass Sie eine andere
rechtliche Grundlage hat. (GR Dr Kurt Stürzenbecher: Das sollte man schon
wissen, wenn man hier sitzt!) Das sollte man wissen, wenn man zu diesem
Thema das Wort erhebt, aber auch das können wir Ihnen gerne schriftlich
belegen. - Doch nur dazu: Das waren keine Wachkörper.
Aber ich bin auch gerne bereit wegzukommen von einer
juristischen Begründung, die, wie ich zugeben muss, ja nicht eine ist, die ich
hier als Juristin bringe, sondern eine, die ich als Politikerin bringe.
Trotzdem möchte ich zu dem, sagen wir einmal, Erzeugen von Angst, das hier von
Seiten der ÖVP gekommen ist, noch Stellung nehmen.
Ich hoffe, ich mache mich jetzt nicht strafbar, und ich
hoffe, ich flöße Ihnen auch keine Angst ein - aber das ist Badeschaum, und den
möchte ich Ihnen, Herr Dr Ulm, nachher gerne überreichen! (GR Gerhard
Pfeiffer: Stimmt das jetzt wenigstens?) Ich hoffe, Sie fürchten sich
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