Gemeinderat,
29. Sitzung vom 24.06.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 3 von 133
(Wiederaufnahme um 9.02 Uhr.)
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer:
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich darf einen wunderschönen Dienstagmorgen wünschen.
Ich darf mitteilen, dass Herr GR Hufnagl entschuldigt
ist. Er vertritt Frau StRin Kossina bei einem Auslandstermin.
Wir kommen nun zur Fortsetzung der
Rechnungsabschlussdebatte. Der heutige Vormittag gehört der Kultur.
Als Erstrednerin darf ich die Frau GRin Mag Ringler
um ihre kulturellen Ausführungen ersuchen. Sie haben 40 Minuten, Frau
Gemeinderätin.
GR Mag Marie Ringler (Grüner
Klub im Rathaus): Guten Morgen, sehr geehrte Damen und Herren!
Ich muss Sie enttäuschen, keine Gedichte und auch
keine Lieder werden Sie heute von mir hören. (GRin Mag Heidemarie
Unterreiner: Das war auch noch nie!) Das war noch nie, das stimmt, das wäre
wirklich eine Innovation, darüber sollten wir einmal reden. Vielleicht würde es
ja den Kulturdebatten gut tun, wenn wir alle hin und wieder ein bisschen mehr
zum Singen kämen. (GR Dr Peter Marboe: Wer weiß!) Der Herr Stadtrat
bezweifelt das.
Sehr
geehrte Damen und Herren! Bei allem Humor – das Kulturbudget der Stadt Wien ist
eines, das sich eine gewisse Ernsthaftigkeit von uns durchaus verdient hat, vor
allem auch deshalb, weil ich gerne auf einen Aspekt kommen möchte, der schon
gestern in der Generaldebatte immer wieder angesprochen wurde, nämlich die
Frage, wie eine Stadt damit umgeht, wo sie Beteiligungen hat, wo sie Leistungen
ausgliedert, wo sie bestimmte Aspekte ihrer politischen Aufgaben in andere
Rechtsformen als die der Magistratsabteilungen überführt.
Auch im
Kulturbereich, sehr geehrte Damen und Herren, ist das eine relevante
Fragestellung. Das zeigt sich in unseren Kulturdebatten immer wieder aufs Neue
sehr deutlich. Ich möchte Sie nur an die Diskussionen rund um die Vereinigten
Bühnen erinnern, die in den letzten Monaten geführt wurden, die nicht nur im
"News" geführt werden,
wo sie dann besonders griffig eingebracht werden und vielleicht auch besonders
anlassig daherkommen, sondern da geht es natürlich wirklich auch um die Frage:
Wer hat eigentlich in welchen Themenbereichen etwas mitzureden? Und an den
Vereinigten Bühnen kann man das ganz deutlich sehen.
Die
Vereinigten Bühnen sind im Kulturbudget der MA 7 ein riesengroßer Posten,
ein Posten, der in den letzten Jahren zwar kleiner geworden ist, sich jedoch
immer noch mit 14 Millionen EUR zu Buche schlägt. Aber die
Vereinigten Bühnen sind nicht Teil der Berichtspflichten im Gemeinderatsausschuss,
und wenn es darum geht, in welche Richtung sich die Zukunft der Vereinigten
Bühnen bewegen soll, dann ist es auch oft nicht der Kulturstadtrat und schon
gar nicht der Kulturausschuss, die darüber diskutieren oder entscheiden,
sondern dann ist das der Finanzstadtrat. Jetzt bin ich durchaus der Meinung,
dass unser Finanzstadtrat kein ganz schlechter Kulturpolitiker ist – es gibt
sicher Finanzstadträte, die viel weniger Ahnung von Kultur haben –, aber ich
meine doch, dass es notwendig ist, klare Kompetenzen festzulegen und klar zu
sagen, wer wofür in welchen Bereichen zuständig ist und was das auch für die
Kontrolle bedeutet.
Ich darf
Sie daran erinnern, dass es gerade im Bereich der Vereinigten Bühnen in den
letzten Jahren immer wieder Aufregung rund um die Frage der Gagen und Honorare
bestimmter Mitarbeiter oder auch um die Frage der rechtlichen Konstruktionen
gegeben hat, und ich denke, dass sich daran deutlich zeigt, dass es notwendig
ist, dass mehr als nur das Kontrollamt oder ein Rechnungshof Berichte
schreiben, sondern dass man sehr klar auch über politische Ziele in einem
kulturpolitischen Setting wie dem der Stadt Wien diskutiert.
Ein Kontrollamtsbericht, der festhält, dass die
Auslandsbeteiligungskonstruktionen der Vereinigten Bühnen problematisch sind,
ist das eine, die Diskussion darüber, was diese Vereinigten Bühnen in den
nächsten Jahren tun sollen, welche Aufgaben sie erfüllen sollen, ist etwas
anderes, und ich glaube, dass beide Diskussionen auch im Kulturausschuss der
Stadt geführt werden sollten und nicht ausschließlich in den bunten Blättern.
Es gibt auch andere Vereinigungen, Institutionen,
Organisationen, die bestimmte, von der Stadt gewollte Leistungen erbringen
sollen. Was mir dabei sehr stark abgeht – und ich glaube, das ist der Kernpunkt
dieser Diskussion –, ist nicht nur die Frage, in welcher Form diese
kontrolliert werden und in welcher Form hier unterschiedlichste Gruppen der
Gesellschaft ein Mitspracherecht haben, sondern ist auch die Frage der
politischen Diskussion und Zielsetzungen. Es geht ja gerade auch darum, dass in
einer an Kultur so reichen Stadt wie Wien möglichst nicht zahlreiche
Parallelitäten stattfinden sollten, während wir dort, wo wir vielleicht
Schwerpunkte setzen wollen, diese nicht setzen können, sondern – ganz im
Gegenteil – es sollte möglich sein und es muss möglich sein, diese Diskussion
zu führen und daraus auch Pläne und Vorstellungen zu entwickeln.
Warum ich dieses Thema anspreche, ist, weil ich
glaube, dass das eine Entwicklung ist, die sich in den nächsten Jahren
fortsetzen wird – ganz allgemein; wir sehen das sehr deutlich auch auf der
Bundesebene –, aber ich habe schon auch den Eindruck, dass diese Diskussion in
Wien jetzt zu führen ist, also zu einem Zeitpunkt, wo wir noch eingreifen
können. Und ich bin durchaus der Meinung, dass es eine sehr ernsthafte
Auseinandersetzung darüber geben kann und soll.
Diese Diskussion ist auch deshalb wichtig, weil sie
mit einem zentralen Kritikpunkt, den wir seit vielen Jahren in der
Kulturpolitik der Stadt haben, zusammenfällt, nämlich mit den fehlenden klaren
Zielsetzungen. In Linz zum Beispiel wurde über einige Jahre ein
Kulturentwicklungsplan gemacht. Da hat sich die Stadtregierung mit den
Kulturschaffenden zusammengesetzt, und man hat gemeinsam darüber geredet, was
man in welchen Bereichen in welcher Form verändern will.
Derartiges gibt es in Wien nicht. Es gibt auch nichts, das
Kulturstättenplan heißt. Wir wissen gar nicht so ganz
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