Gemeinderat,
29. Sitzung vom 23.06.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 82 von 122
die sie
uns vorgestellt hat, nämlich mit dem Wiener Krankenanstaltenplan, der uns
kürzlich in einem interfraktionellen Gespräch vorgestellt wurde.
In diesem Wiener Krankenanstaltenplan sind große Ziele, die wir alle
sehr unterstützen können, voran gestellt. Da heißt es zum Beispiel, dass das
Ziel eine gleichmäßige, bestmögliche, wirtschaftlich sinnvolle medizinische
Versorgung der Bevölkerung sein soll. Da steht drinnen, dass die Krankenhäuser
entlastet werden sollen, indem man Aufgaben in den ambulanten und
rehabilitativen Bereich verlagert. Da ist davon die Rede, dass es keine
isolierten Fachabteilungen in dislozierten Lagen geben soll, und es wird empfohlen,
dass die Krankenanstalten hinsichtlich medizinischer und ökonomischer
Synergieeffekte mehr zusammenarbeiten sollen.
Dann stellt dieser Entwurf des Krankenanstaltenplans fest, dass es Sinn
machen würde, unwirtschaftliche Krankenanstalten einer Revision zu unterziehen,
insbesondere wenn sie zu geringe Fallzahlen haben oder zu wenig
Versorgungswirksamkeit.
Letztlich ist gefordert, dass man die Bevölkerungsstrukturen und die
Besiedlungsdichte bei der Planung der Versorgung berücksichtigen soll.
All dies sind Ziele, die die GRÜNEN sehr gut unterschreiben und die wir
für wichtig und für richtig halten. Der Wiener Krankenanstaltenplan in seinem
Vorschlag macht in der Umsetzung keines dieser Ziele wahr. Der ernüchternde
Befund ist die Tatsache, dass hier bestehende Missstände festgeschrieben
werden, Probleme nicht in Angriff genommen werden und Hinsichtl und Rücksichtl
statt Planung herrscht. Nachzulesen ist dieses Defizit in der
Gesundheitspolitik folgerichtig dann auch im Jahresbericht 2002 des Unternehmens
Krankenanstaltenverbund.
Nun jetzt doch ein paar Zahlen, damit Sie wissen, von welchen
Größenordnungen wir hier sprechen: Im Jahr 2002 hat das Unternehmen
Krankenanstaltenverbund ein Minus von sage und schreibe 900 Millionen EUR
gemacht. Wer in diesen Dimensionen noch in Schillingen rechnet: Das sind
12,6 Milliarden Schillinge. 12,6 Milliarden, das ist das Minus
des Krankenanstaltenverbundes.
Die Verhältnisse verbessern sich nicht etwa, denn der
Ausgabendeckungsgrad, der im Jahr 2001 ohnehin schon mit
64,31 Prozent recht schlecht war, verschlechtert sich im Jahr 2002
nämlich auf 60,86 Prozent. Wir geben buchstäblich immer mehr aus als wir
finanzieren können.
Schauen wir uns diese Verluste im Einzelnen an, damit klar wird, wo hier
der Hund begraben liegt:
Die Teilunternehmung 1, die Krankenhäuser und Pflegeheime, machen
einen Verlust von 659 Millionen EUR.
Die Teilunternehmung 2, das Allgemeine Krankenhaus, macht einen
Verlust von 218 Millionen EUR. Hochgerechnet sind das ungefähr
30 Prozent Defizit für das AKH und 70 Prozent Defizit für die
Krankenanstalten und die Pflegeheime.
Wenn man über die Zahlen allerdings die Versorgung, die damit erfüllt
wird, darüber legt, dann schauen die Zahlen durchaus schon schlimmer aus. Mit
diesen 30 Prozent Defizit werden 2 165 Betten im AKH abgedeckt,
während die anderen 70 Prozent 12 000 Betten mit einem Defizit
von 70 Prozent bewirtschaften. Und da sind im AKH - und das ist wichtig -
der klinische Mehraufwand und die Kosten für die Ärzte und das Forschungspersonal
noch nicht eingerechnet.
Das heißt, das AKH macht ein gigantisches Defizit, ist ein Staubsauger
für die Mittel im Krankenanstaltenverbund und nimmt den anderen Einrichtungen
systematisch die Möglichkeit zu investieren und zu reinvestieren.
Der Krankenanstaltenverbund macht das, was ein privater Haushalt nie tun
dürfte. Ich habe im Ausschuss dazu gesagt: Was passiert eigentlich mit einem
Privathaushalt, der nicht etwa, um sich eine Urlaubsreise zu gönnen, sondern um
die Miete zu bezahlen, die Bausparverträge der Kinder auflöst? Das geht heuer
und vielleicht geht es nächstes Jahr noch. Und wenn man den Bausparvertrag, den
die Oma gespendet hat, noch dazu rechnet, dann vielleicht auch noch im dritten
Jahr.
Der Bausparvertrag des Unternehmens Krankenanstaltenverbund ist die
Rücklage und auch sie wird aufgebraucht. Aber nicht etwa für besondere
Ausgaben, für besondere Investitionen, für hervorragende Aufgaben, sondern
schlicht um den Betrieb aufrecht zu erhalten.
Irgendwann einmal wird der Bausparvertrag des Unternehmens
Krankenanstaltenverbund auch aus sein und trotzdem müssen Gehälter bezahlt
werden, Betten vorgehalten und medizinischer Bedarf bezahlt werden.
Auf die Frage der Opposition, wie Sie das denn nun zu finanzieren
gedenken, kommen keine schlüssigen Antworten und kommen keine nachvollziehbaren
Konzepte, die diese Misere hier in Angriff nehmen würden.
Die arme Verwandtschaft im Unternehmen Krankenanstaltenverbund sind die
Pflegeheime und Geriatriezentren. Warum sind sie die armen Verwandten? Sie sind
Teil der Teilunternehmung 1 mit den Krankenanstalten zusammen. Diese Pflege-
und Geriatriezentren fristen ein unwürdiges Dasein, denn sie sind baufällig,
sie sind alt, es sind nach wie vor 8-Bett-Zimmer, sie leiden an Personalmangel
und sie leiden an fehlender Reputation. Wer will denn dort schon arbeiten? Und
noch viel schlimmer: Wer will denn dort schon leben? Sie sind kein gutes
Krankenhaus, und sie sind eine noch viel schlechtere Heimat im positiven Sinn für
die Menschen, die dort wohnen.
Wir haben sehr, sehr gehofft, dass das Pflegeheimgesetz, auf
das wir schon so lange warten und das uns in einem ersten Entwurf präsentiert
wurde, dieser Misere endlich abhilft und dass menschliche, moderne und
zumutbare Bedingungen für die Menschen in den Pflegeheimen in Wien endlich
Einzug halten. Das ist nicht der Fall. Erstens warten wir auf das Gesetz nach
wie vor. Es wurde uns für dieses Jahr, für dieses erste Halbjahr versprochen.
Wir warten immer noch und das, was uns vorgelegt wurde, lässt Übles erwarten.
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