Gemeinderat,
29. Sitzung vom 23.06.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 61 von 122
Sie haben
ja jetzt noch etwas Zeit, bis Sie den Masterplan Verkehr hier im Gemeinderat
vorlegen. Sie haben vor, ihn im September in die Stadtentwicklungskommission zu
bringen, und ich bitte Sie, sehr geehrter Herr Stadtrat, diese Wünsche der Bevölkerung
bis dahin auch aufzunehmen.
Aber Sie haben in diesem Verkehrsmasterplan auch Vorschläge drinnen, die
einerseits sehr positiv sind, aber andererseits, glaube ich, einer größeren
Öffentlichkeit noch nicht bekannt sind. Daher möchte ich nicht nur über die
positiven Ziele dieses Verkehrsmasterplanes sprechen, nämlich wie Ausbau des
öffentlichen Verkehrsnetzes, eine neue Parkraumpolitik, ein
Mobilitätsmanagement, eine Logistikoffensive – das ist alles sehr, sehr gut.
Doch Sie schreiben hier im Masterplan Verkehr, wo Sie rückblickend von 2020
versuchen, darzustellen, was in den vergangenen Jahren geschehen ist, das
heißt, was Sie sich wirklich vornehmen, da schreiben Sie, dass diese
Erfolgsbilanz 2020 folgenden Wermutstropfen haben wird:
Die Entwicklung der Stadt Wien hat zu mehreren drastischen Schritten
gezwungen:
1. Einführung von mehrfach besetzten Kraftfahrzeugfahrstreifen auf der
Südosttangente und der A22,
2. Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung auf das gesamte dicht bebaute
Gebiet und
3. – jetzt passen Sie auf, auch das ist offensichtlich bereits
beabsichtigt – Einführung einer Durchfahrtsmaut für die Bezirke 1 bis 9 und 20.
Sie haben sicher noch nichts gehört davon, aber das können Sie nachlesen
im Masterplan Verkehr, Entwurf 20. April 2003, Seite 178: Einführung
einer Durchfahrtsmaut für die Bezirke 1 bis 9 und 20.
Ein Teil der Debatte drehte sich um die Frage, ob die Mauthöhe von der
Nachfrage, also von der aktuellen Verkehrsbelastung abhängig gemacht werden
soll und ob die Mauthöhe mit zunehmender oder abnehmender Straßenbelastung
steigen soll. "Schließlich entschied sich die Stadt, die Mauthöhe mit
abnehmender Verkehrsbelastung steigen zu lassen, um den Widerstand für das
Durchfahren in den Schwachlastzeiten zu erhöhen und eine Verlagerung zu den
freien Kapazitäten der öffentlichen Verkehrsmittel in diesen Zeiten zu
unterstützen."
Meine Damen und Herren! Ich hoffe, das ist nicht wirklich beabsichtigt.
Ich hoffe, das finden wir beim nächsten Entwurf des Masterplans Verkehr nicht
mehr auf Seite 178 und auch nicht auf einer anderen Seite. Das kann nicht
ernst gemeint sein. Das muss man,
glaube ich, wirklich von einer anderen Seite betrachten, und ich bitte Sie
sehr, schauen Sie sich das nochmals genau an, was hier, wahrscheinlich von Experten,
vorgelegt worden ist.
Meine Damen und Herren! Wir haben in Wien leider auch feststellen
müssen, dass wir beim Thema Verkehrssicherheit nicht so gut liegen, wie wir uns
das manchmal wünschen täten. Die Anzahl der Verletzten und Toten in Wien ist zwischen
1998 und 2002 um mehr als 10 Prozent gestiegen, in absoluten Zahlen von
5 971 auf 6 716. Das ist, glaube ich, eine Zahl, die uns zu denken
geben soll. Es ist eine Zahl, die, glaube ich, Sofortmaßnahmen in den
zuständigen Magistratsabteilungen erfordert, um in Hinkunft weitere Verletzte
und Tote vermeiden zu können. Auch – und das sage ich auch dazu – wenn die
Gesamtzahl in den vergangenen 30 Jahren zwar abgenommen hat, ist doch
diese Zahl in den letzten vier Jahren sehr, sehr bedenklich und verpflichtet
uns, rasch konkrete Maßnahmen zu setzen.
Meine Damen und Herren! Die Region Wien wird in den nächsten Jahren,
nämlich bis 2020, um rund 12,5 Prozent an Einwohnern steigen, das Umland
allein um 16,6 Prozent, und nach dieser Definition wird die Stadt und das
Umland von 2,2 auf 2,5 Millionen steigen. Wir diskutieren heute Gott sei
Dank nicht mehr, ob wir die U-Bahn noch an die Stadtgrenze verlängern sollen,
sondern heute ist es in der Zwischenzeit in diesem letzten Jahr klar geworden,
dass man auch U-Bahnen an die Stadtgrenze legen soll. Dafür danke ich Ihnen,
Herr Stadtrat, denn das war vor drei Jahren oder vor zwei Jahren noch nicht
einmal selbstverständlich. 2001, zu Beginn Ihrer Amtszeit, war das leider noch
nicht selbstverständlich. Jetzt ist es selbstverständlich geworden, dass wir
die U-Bahnen an die Stadtrandgebiete legen, aber leider nur im Norden und im
Süden und im Osten. Es wird die U1 verlängert im Norden, es wird die U6
verlängert im Norden, es wird die U1 im Süden verlängert. Aber leider wird
keine U-Bahn verlängert im Westen der Stadt. Sie haben das zwar schon öfters
erklärt, Sie wollen auch keinen Cable-Liner, Sie wollen nichts dazu. Aber ich
halte es für notwendig, dass auch in diesen Gebieten der Westen der Stadt nicht
länger das Stiefkind der Stadt bleiben soll. Und ich sage das auch, weil Sie
sich ja selbst ganz sicher bewusst sind, dass die U-Bahn-Verlängerung nach
Stammersdorf nicht so hundertprozentig klar ist von Seiten der
Stadtentwicklungszahlen, ob sich das hundertprozentig rechnet.
Also ich bitte Sie, dabei nachzudenken, wenn Sie bei dem einen Punkt A
sagen, auch auf der anderen Seite wirklich B zu sagen, das wäre ein Vorteil für
die ganze Stadt, und hier nicht Idealismen einziehen lassen oder ideologische
Aspekte, von denen wir hoffen, dass Sie als Stadtrat es nicht wirklich
notwendig haben, auf diese einzugehen.
Meine Damen und Herren! U-Bahn-Ausbau, Stadtbahn-Ausbau,
Nordostumfahrung. Wahrscheinlich eines der größten Projekte, das wir
unmittelbar vor dieser Stadt haben, nämlich die Nordostumfahrung Wien. Auch die
gebietet uns, dass wir ideologische Zwänge ablegen.
Es ist ganz richtig, dass wir ein super Verfahren gemacht
haben, nämlich im doppelten Sinn, SUPer NOW, ein sehr tolles Verfahren, ein
ausgezeichnetes Verfahren, aber dass es auch andere Interessen gibt. Und es
liegt nun an uns, diese unterschiedlichen Interessen zusammenzuführen, damit es
uns nicht passiert, dass Autobahnen an der Stadtgrenze früher sind, als wir
vielleicht eine Trassenverordnung für Wien freigegeben haben. Das sollte uns
nicht passieren. Dann steht die Autobahn an unserer Stadtgrenze, und es wird
danach
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